von Didonia » Di 22. Mai 2018, 00:07
Was für ein tolles Buch habe ich gerade am Wickel:
Petra Hartlieb: Meine wunderbare Buchhandlung
"Du musst sofort kommen. Wir haben die Buchhandlung gekauft. Scheiße, wir haben eine Buchhandlung gekauft!"
Für diesen Satz liebe ich Petra Hartlieb. Da hat die Familie Hartlieb - Frau, Mann und zwei Kinder -, zufrieden in Hamburg lebend, mal eben so eine Buchhandlung in Wien gekauft. Man hat ja einen Ex, der einem einen zinslosen Kredit gewährt und man hat Freunde in Wien, die einem ein Dach überm Kopf bieten, bis die Wohnung bezugsbereit ist. Was solls also: Kaufen wir eine Buchhandlung.
Es ist die zweite Oktoberwoche, am 4. November soll in Wien Eröffnung sein. Es muss gekündigt werden, ein Kindergartenplatz gesucht werden, umgezogen werden und ein Buchladen muss neu renoviert und bestückt werden. Und dann muss der Mann nach der Neueröffnung wieder nach Hamburg zurück, seine halbjährige Kündigungsfrist einhalten. So steigt er ins Auto und lässt mich "als frischgebackene alleinerziehende Unternehmerin ohne eigene Wohnung zurück. Mich, die ich nie mehr alleinerziehend sein wollte. Auch nie Unternehmerin. Und Buchhändlerin bin ich ja auch nicht. Wie gut, dass ich keine Zeit habe, darüber nachzudenken, wie sehr ich mich überfordert fühle".
Ich denke einfach mal, dass das ganze Projekt erfolgreich war, ansonsten hätte Petra Hartlieb das Buch sicher nicht mit so einer Prise Humor geschrieben, dass ich schon nach den ersten 20 Seiten gegrinst und gelacht habe.
Die wiedereröffnete Buchhandlung schlägt voll ein. Die Wohnung darüber wird fertig und man richtet sich ein. Aber diese Nähe zum Job - Wohnung und Buchhandlung sind durch eine Treppe verbunden - bedeutet auch, dass man kaum Feierabend machen kann. Das schafft man auf Dauer wohl nur mit Leidenschaft - oder ist es verrückt?
"Denn ganz normal ist es wohl nicht, wenn man nach einem Zehnstundentag, an dem man gefühlte zweihundert Bücher aller Genres nacherzählt hat, am Küchentisch sitzt, völlig begeistert die Vorschaupakete von Rowohlt und Hanser aufreißt und sich über einen neuen Auster oder T.C. Boyle freut, als hätte man noch kein einziges Buch auf dem Nachttisch liegen."
Oh, wie gut kann ich sie verstehen. Geht es mir doch genauso - vielleicht nicht gerade mit Neuerscheinungen, ich stöbere ja lieber nach Büchern, die schon ein paar Jährchen auf dem Buckel haben. - Es ist wirklich eine Sucht.