Die Figur des Peter Eisenhardt aus "Das Jesus Video" kann sich nicht
vorstellen, dass Zeitreisen wirklich möglich wären, obwohl er als Schriftsteller schon 2
Romane und Kurzgeschichten darüber geschrieben hat. Wie sieht das bei Ihnen aus? Sie
haben in "Das Jesus Video" ja auch über eine Zeitreise geschrieben. Könnten
Sie sich grundsätzlich vorstellen, dass eine Zeitreise möglich ist?
Andreas Eschbach: Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Ich glaube,
die bloße Idee der Zeitreise rührt her von einem falschen Konzept dessen, was Zeit
eigentlich ist. Da sehen wir irgendwas falsch. - Was mich im übrigen nicht im Geringsten
daran hindert, über Zeitreisen zu schreiben.
Beim Lesen von Das Jesus Video" drängt sich einem bei der Figur des
Peter Eisenhardt der Verdacht auf, sie könnten sich mit dieser Figur stark indentifiziert
haben. Hierzu haben Sie jedoch schon in einem anderen Interview gesagt, dass er genauso
viel oder wenig fiktiv ist, wie jede andere Figur auch. Gibt es denn an Peter Eisenhardt
irgendetwas, was an Ihrem eigenen Dasein als Schriftsteller angelehnt ist?
Andreas Eschbach: Hauptsächlich, daß er auch Schriftsteller ist.
Logischerweise gibt es da viele Ähnlichkeiten mit mir - aber auch mit jedem anderen
Schriftsteller. Vieles an Stephen Foxx etwa habe ich nach meinen Erfahrungen als
selbstständiger Softwareentwickler gestaltet. Aber dieser Zusammenhang fällt natürlich
nicht so auf. Und was die Ähnlichkeiten anbelangt - also, Eisenhardt ist eigentlich ein
ganz anderer Typ. Er arbeitet ganz anders. Ich weiß nicht mal, ob ich sonderlich gut mit
ihm auskäme.
Peter Eisenhardt als Autor bedeutet dem Leser an einer Stelle des Buches, dass er
als Schriftsteller Spionage betreiben und Frauen verführen kann, im realen Leben sich
aber eher als nicht so mutig empfindet. Diese Ausführung fand ich sehr interessant. Geht
es Ihnen auch so, dass Sie es genießen in Büchern durch Ihre Figuren all das sein und
tun zu können, was im realen Leben nicht immer so möglich ist?
Andreas Eschbach: Das ging mir mit 16 so. Inzwischen ist die
Motivation etwas differenzierter. Sich mit Figuren zu identifizieren gehört natürlich
immer noch dazu, aber heute geht das tiefer - die Figuren geraten in Konflikte und
Situationen, die weit über die Bewährungsproben von Actionabenteuern hinausgehen, und
mitunter rührt man da an sehr empfindliche Stellen in der eigenen Seele. Das mit Hilfe
der Geschichte auszuloten kann zu einer Transformationserfahrung werden. Ich habe oft den
Eindruck, daß ich nach Abschluß eines Romans nicht mehr der bin, der ich davor war.
Was war es für ein Gefühl, als Sie Ihr erstes gedrucktes Buch in Händen hielten?
Andreas Eschbach: Ich war schwer enttäuscht. Das Cover gefiel mir
nicht, der Rückseitentext war nur ein lahmer Abklatsch dessen, was ich sorgfältig
ausgefeilt wie ein Gedicht vorgesehen gehabt hatte. Ich dachte, "Scheiße, wer soll
denn das kaufen?" Und es hat dann ja auch kaum einer gekauft.
Das erste meiner Bücher, das mir gefallen hat, war "Kelwitts Stern", dessen
Hardcoverausgabe eines der schönsten Bücher überhaupt ist, ganz unabhängig davon, daß
ich es zufällig geschrieben habe. Und das erste Mal begeistert war ich, als ich die
Taschenbuchausgabe von "Jesus Video" in die Hand bekam - lange bevor es zum
Bestseller wurde. Das Cover, die ganze Gestaltung - das war ein Buch, das ich mir selber
auch gekauft hätte.
Aber Ihre Frage zielt wahrscheinlich darauf ab, daß man als Schriftsteller, so die
landläufige Meinung, doch darauf hinfiebert, auf diesen Moment, da man nach all der
Plackerei endlich das gedruckte Buch in Händen hält, halleluja! Ich muß feststellen,
daß es mir zumindest nicht so geht. Für mich ist das Schreiben der Hauptspaß, nicht das
fertige Buch. Es macht mir mehr Spaß, zu schreiben, als geschrieben zu haben. Und es ist
keine Plackerei!
Wie geht Ihre Familie mit Ihrem Erfolg um?
Andreas Eschbach: Die finden das alles toll. Was ich wiederum toll
finde.
Sie sagen auf Ihrer Homepage, dass Sie noch so viele Ideen haben, dass die Zeit in
Ihrem Leben nicht ausreichen wird, sie alle umzusetzen. Ich freue mich zu hören, dass wir
uns noch auf viel von Ihnen freuen können. Aber eine Frage habe ich dazu: Was inspiriert
Sie zu Ihren Ideen? Sind es Ereignisse aus dem realen Leben oder Geschichten im Fernsehen,
oder ist die Idee für ein Buch einfach irgendwann da, total aus dem Nichts?
Andreas Eschbach: Manche Ideen kommen total aus dem Nichts, was
heißt, daß ich keine Ahnung habe, was sie ausgelöst hat. Andere sind angeregt durch
Fernsehsendungen, Kinofilme, reale Ereignisse, Zeitungsmeldungen, andere Bücher,
Gespräche, Herumspinnereien, wissenschaftliche Sachverhalte oder mathematische
Berechnungen. Und manche Ideen kommen nicht von selber, sondern entstehen im Verlauf eines
bewußt gestarteten kreativen Prozesses. Sagen wir, da ist eine Kurzgeschichte zu
schreiben oder eine neue Folge des Fortsetzungsromans. Dann setze ich mich hin, kritzle
auf meinem Block umher, spiele mit Elementen und Bruchstücken von Ideen, bis sich eine
Idee herausschält. Und oft nicht einmal die schlechteste.
Die Reaktionen Ihrer Leser scheinen Ihnen wichtig zu sein, auch dies geht aus einer
Stelle Ihrer Homepage hervor, wo Sie jemandem beschreiben, wie interessant und wichtig es
ist, das Geschriebene aus der Sicht derer zu hören, die es lesen. Auch habe ich gehört,
dass Sie auf Lesungen sehr gesprächsbereit sind und nicht den Anschein machen, dass Sie
die Fragen nerven, weil Sie die gleichen schon so oft auf anderen Lesungen etc.
beantwortet haben. Was bedeutet Ihnen Ihre Leserschaft?
Andreas Eschbach: Also, es ist ja klar, daß man als Autor in jeder
Lesung gefragt wird, wie man auf seine Ideen kommt. Und wie lange man für das Schreiben
des Romans gebraucht hat. Und so weiter. Ich meine, was soll man denn sonst fragen? Und
daß dieselbe Frage am Vorabend auch schon mal gestellt wurde, nützt den Zuhörern heute
abend nichts, denn da waren sie ja nicht dabei. Als Autor tut man also gut daran, diese
Situation als kreative Herausforderung zu betrachten insofern, daß man eine im Grunde
immer gleiche Antwort auf eine zu erwartende Frage gewissermaßen neu erfindet und so
erzählt, daß sie einigermaßen frisch und lebendig herüberkommt.
Ansonsten ist meine Leserschaft die Gruppe jener, die dadurch, daß jeder einen kleinen
Obolus entrichtet, dafür sorgen, daß ich weitere Romane schreiben kann. Alles andere als
unwichtige Leute also.
Öffentliche Auftritte lassen Sich als Schriftsteller nicht vermeiden. Liegen Ihnen
diese oder müssen Sie sich eher dazu durchringen?
Andreas Eschbach: Ach, es gehört eben dazu. Manchmal ist es ganz
nett, und ich denke, allzu schlecht mache ich es nicht. Solange ich weiterhin unerkannt
einkaufen und ins Kino gehen kann, ist es okay.
Heinz G. Konsalik ist eines Ihrer Vorbilder. Dies hat mir den letztendlichen
Schupps gegeben, Sie um ein Interview zu bitten. Denn wie Sie bin ich der Meinung, man mag
über ihn denken was man will, aber in meinen Augen konnte er erzählen. Und das verdammt
gut! Was denken Sie, wie es kommt, dass er von vielen so sehr belächelt wird?
Andreas Eschbach: Ah ja, damit kann man feingeistige Interviewer immer
zuverlässig in Rage bringen. Das gefällt mir so daran. Abgesehen davon ist es die
Wahrheit; Konsalik war eben mein Schreiblehrer, als ich zwölf, vierzehn, sechzehn war. Es
ist doch auch logisch, daß man die ganzen Mechanismen und handwerklichen Kniffe aus
Trivialromanen viel besser lernen kann als aus Meisterwerken der Weltliteratur, denn
erstens besteht ein Trivialroman zu einem viel höheren Prozentsatz aus Handwerk, und
zweitens versteht sich dessen Autor längst nicht so gut darauf, all die Strippen und
Scharniere des Textes zu verstecken, wie das ein Weltliterat kann.
Konsalik ist natürlich leicht angreifbar. Seine Charaktere sind die reinen Klischees, und
gegen das Weltbild seiner Romane wirkt selbst die BILD-Zeitung bisweilen wie der Hort
wohlausgewogener, differenzierter Meinungsbildung. Aber das alles trifft auf andere
Autoren genauso zu, deshalb kann es nicht der wahre Grund sein. Ich glaube, der wahre
Grund, warum Konsalik von der intellektuellen Elite gehasst wird, ist, daß er so
emotional schreibt. Aus dem Bauch heraus. Leidenschaftlich. Das macht ein Guter Deutscher
Autor nicht. Ein Guter Deutscher Autor schreibt ironisch-distanziert, kühl bis
tiefgekühlt und vor allem nicht unterhaltsam.
Interessant finde ich, anbei bemerkt, auch, wie oft man feststellen kann, daß jemand, der
genau weiß, daß Konsalik schlecht ist, nie auch nur eine Zeile von ihm gelesen hat. Man
weiß das halt. Bei Sowieso steht es. Ich meine, ich habe keine Probleme, wenn mir jemand
sagt, "ich habe mich beim 'Arzt von Stalingrad' bis auf Seite 35 durchgequält, aber
dann konnte ich einfach nicht weiterlesen, so grauenhaft schlecht geschrieben ist
es". Das zu sagen ist okay und legitim. Aber zu behaupten "Konsalik ist unter
den schlechten Autoren ja wohl der schlechteste" und im selben Atemzug einzuräumen
"wobei ich sagen muß, daß ich noch nie etwas von ihm gelesen habe" - das ist
einfach intellektuell unredlich, tut mir leid.
Sind von Ihren Romanen Hörbuchproduktionen geplant, bzw. gibt es da inzwischen
schon etwas genaueres zu berichten?
Andreas Eschbach: Vom "Jesus Video" wird es ein Hörbuch
geben. "Eine Billion Dollar" ist als mehrteiliges Hörspiel geplant, das dann
auch als Hörbuch erscheinen wird.
Auf einer Ihrer Lesungen sollen Sie auch gesagt haben, dass eine Verfilmung von
"Das Jesus Video" geplant sei. Können Sie schon etwas näheres darüber sagen,
z.B. wann der Film zu sehen sein wird?
Andreas Eschbach: Die Dreharbeiten haben meines Wissens Ende Februar
begonnen, und der Film soll noch dieses Jahr ausgestrahlt werden. Ansonsten weiß ich
nichts. Weder kenne ich die Produzenten, noch habe ich das Drehbuch zu lesen bekommen. Wir
werden uns überraschen lassen müssen.
Welche 3 Bücher Sie mit auf eine einsame Insel mitnehmen würden, haben Sie an
anderer Stelle schon mal beantwortet. Aber Sie gehen gern ja auch ins Kino und schauen
gern TV. Welche 3 Filme würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen auf der die
Möglichkeit besteht diese zu gucken?
Andreas Eschbach: "Highlander", "Notting Hill" und
- wobei ich auf großzügige Auslegung der Regeln hoffen müßte - die komplette Staffel
von "Raumpatrouille".
Zu Ihrem neusten Buch Eine Billion Dollar" wird oft die Meinung von
Lesern geäußert, dass der Protagonist sehr naiv geraten ist. War das Absicht? Warum
haben Sie z.B. keinen intelligenten Manager als Hauptfigur genommen?
Andreas Eschbach: Das hätte einfach nicht zur Geschichte
gepaßt. Ich
kann schwer begründen, warum nicht. Irgendwie mußte es so ein Simplicissimus in der Welt
der Hochfinanz sein. Jemand, der an alles ganz unbedarft herangeht, mit unverbildetem
Blick.
Warum haben Sie in Eine Billion Dollar" als Handlungsschauplätze Orte
wie Amerika und Italen gewählt und nicht Deutschland?
Andreas Eschbach: Liegt Leipzig etwa nicht in Deutschland? Augsburg?
Hamburg? Ich finde es witzig, wie oft ich gefragt werde, warum der Roman nicht in
Deutschland spielt. Dabei spielen so viele wesentliche Szenen in Deutschland, daß ich
beim Schreiben eher den Vorwurf gefürchtet habe, ich würde Deutschland sozusagen
"an den Haaren in das Buch hineinzerren". Denn daß ein Hochfinanzroman in New
York und London und anderen Zentren der Finanzwirtschaft spielen muß, liegt ja auf der
Hand. Daß dieser Roman, in dem es um ein fünfhundert Jahre altes Erbe geht, mit Ländern
zu tun haben muß, in denen es vor fünfhundert Jahren etwas zu erben gab, ist auch
logisch. Ich hatte, was die Schauplätze anbelangt, im Grunde fast nichts mehr zu
bestimmen, nachdem das Thema und die Grundidee feststanden; das ergab sich alles zwingend
daraus.
Sowohl in Das Jesus Video" als auch in Eine Billion Dollar"
ist das Ende relativ offen. Bevorzugen Sie generell ein offenes Ende, wo dem Leser
Spielraum für seine eigenen Vorstellungen bleibt oder war es eher Zufall, dass in beiden
Romanen das Ende war? Und was finden Sie an einem offenen Ende reizvoll?
Andreas Eschbach: Das war Zufall. Es geht immer darum, das *richtige*
Ende zu finden, und wie das ist, hängt eben von der Geschichte ab. Im übrigen bestreite
ich, daß das Ende von "Jesus Video" ein offenes Ende ist. Alle wesentlichen
Fragen sind durch dieses Ende geklärt. Was bleibt denn noch offen? Nichts Wichtiges.
Sie schreiben seit dem 30.09.2001 einen Fortsetzungsroman
"Exponentialdrift" in öchentlichen Folgen der Sonntags-FAZ in Echtzeit, das
heißt es wird kein bestehender Roman häppchenweise serviert, sondern die Folgen
entstehen tatsächlich wöchentlich . Was reizt einen Schriftsteller an solch einem
Experiment, einen Roman in Echtzeit in wöchentlichen Fortsetzungen zu schreiben?
Andreas Eschbach: Na, die Herausforderung. Die Tatsache, daß das seit
mindestens vierzig Jahren niemand mehr gemacht hat. Wenn das überhaupt reicht. Ich weiß
nicht, ob es stimmt, aber jemand aus der literaturwissenschaftlichen Ecke hat mir sogar
gesagt, das hätte seit Charles Dickens niemand mehr gemacht. Also, wenn das kein Grund
ist! Außerdem ist es ein interessantes Experiment mit der eigenen Arbeitsweise, eine
Geschichte zu entwickeln.
Schreiben Sie tatsächlich jede Woche eine Folge oder sind bereits einige Wochen fertig in
der Schublade, als Sicherheit?
Andreas Eschbach: Anfangs habe ich das gemacht, weil ich mir nicht
sicher war, wie das funktionieren würde. Gestartet sind wir mit einem Vorrat von fünf
Folgen. Aber inzwischen läuft es rund, und ich schreibe die aktuelle Folge tatsächlich
in der aktuellen Woche, meistens mittwochs, wenn mein Belegexemplar der Sonntagszeitung
ankommt und ich die letzte Folge gedruckt lesen kann. Dann schlafe ich nochmal drüber,
überarbeite den Text am nächsten Tag und schicke ihn los.
Ist eine bestimmte Anzahl von Folgen vereinbart oder ist es erst einmal als
eine "Never-Ending-Story" angelegt?
Andreas Eschbach: Herr Schirrmacher hat mir gesagt, von ihm aus könne
der Roman zehn Jahre lang laufen. Worauf ich gesagt habe: "Wieso bloß zehn?"
Also, es ist keine feste Anzahl von Folgen vereinbart. Wenn eine der beiden Seiten die
Lust daran verliert, wird der Roman enden; eher nicht.
Haben Sie ein Konzept der Handlung und der Personen?
Andreas Eschbach: Ja, natürlich. Aber das entwickelt sich ständig
weiter, und alle paar Wochen schmeiße ich alles um. Ich verfolge auch immer die
Nachrichten und wissenschaftliche Newsletter, ob irgendwas passiert, das ein Anlaß wäre,
die Handlung zu ändern. - Hat übrigens jemand gemerkt, daß Peter Eisenhardt darin
vorkommt? Der Bursche mischt sich doch in alles ein. Unglaublich.
Was ist beim Schreiben der Unterschied zwischen einem Roman am Stück und in
wöchentlichen Salamischeibchen?
Andreas Eschbach: Der Unterschied ist vor allem, daß ich kein Ende im
Blick habe - ich habe noch nicht einmal eine Idee von einem Ende - und daß ich immer
aufbauen muß auf dem, was schon erschienen ist. Ich kann nicht zurückgehen und, sagen
wir, eine Figur anders anlegen, ihr blaue statt braune Augen geben - das geht alles nicht.
So wie es ist, ist es. Und deswegen muß ich höllisch aufpassen, mich handlungsmäßig
nicht in eine Sackgasse zu manövrieren. Naja, und man muß die Szenen kurz machen, weil
kein Platz ist für lange Ausführungen.
Beim Lesen habe ich den Eindruck, dass Sie bemüht sind, den wöchentlichen Happen immer
in sich abgeschlossen zu servieren, als nicht nach dem bekannten Schluss "Er hob das
Messer und ... Fortsetzung folgt ..." - oder täusche ich mich da?
Andreas Eschbach: Oh, ich bemühe mich schon um einen
"Cliffhanger", wie man das nennt. Die Gelegenheit, meine Leser eine ganze Woche
lang auf die Folter zu spannen, kann ich mir doch unmöglich entgehen lassen!
Entwickeln Sie für dieses Experiment einen eigenen, anderen Stil, als für die
"normale" Arbeit? Ich habe das Gefühl, das Ihre Sprache etwas anders wird, Ihre
Sätze Bei Beschreibungen länger und etwas verschachtelter?
Andreas Eschbach: Ich muß komprimierter schreiben, kompakter, weil ja
alles in diesen paar Seiten Platz finden muß. Da darf kein Wort zuviel sein, sonst hält
die Handlung mit dem Zeitablauf nicht Schritt. Gleichzeitig kann man dem Leser etwas mehr
zumuten als in einem Roman, weil er es eben nur mit diesem kurzen Stück zu tun hat. Das
erfordert schon eine andere Schreibweise, klar.
Wie sind die Reaktionen der Leser auf diesen Fortsetzungsroman?
Andreas Eschbach: Bislang höre ich nur Positives. Es gab auch schon
Anrufe bei meinem Agenten von Leuten, die wissen wollten, wo man denn den ganzen Roman
kaufen könne, sie wollten nicht Woche für Woche warten. Daß es den Roman tatsächlich
noch nicht gibt, mochten sie kaum glauben. Dabei ist das anhand der aktuellen Bezüge, die
immer wieder darin auftauchen, eigentlich unübersehbar, denke ich. Das hätte ich ja
alles vorhersehen müssen.
Was sagen die FAZ-Mitarbeiter dazu? Gibt es von deren Seite Reaktionen? Zudem die
Sonntags-FAZ die einzige mir bekannte deutsche Zeitung ist, die regelmäßig Perlen aus
dem so oft verschmähten SF-Genre bespricht. Haben Sie da vielleicht etwas angestoßen?
Andreas Eschbach: Nein, umgekehrt. Der Herausgeber, Frank
Schirrmacher, ist darauf gekommen, daß die herkömmliche Hochliteratur den Menschen
eigentlich immer weniger zu sagen hat, weil die Zukunft von den Entwicklungen in
Wissenschaft und Technik bestimmt wird - und die literarische Umsetzung und Aufarbeitung
dieser Entwicklungen findet nun mal in der Science Fiction statt. Das will er verstärkt
fördern. Da sind wohl auch noch ganz andere Dinge im Gespräch.
Gewinnen Sie dadurch Leser, die normalerweise bei Mainstream- bzw. Trivialliteratur die
Nase rümpfen?
Andreas Eschbach: Ich hoffe es.
Bei dieser Story ist ja noch nicht klar, wird es SF, ein Thriller oder ein Thriller mit
phantastischem Einschlag. Ist das in nächster Zeit die Richtung die man von Ihnen
erwarten darf, da sie damit doch ein breiteres Publikum ansprechen als mit "reine
Science-Fiction"?
Andreas Eschbach: Ich bin sowieso kein SF-Purist, weder als Leser noch
als Autor. Nie gewesen. Mir haben alle Versuche, eine Melange zwischen der Realität und
dem Phantastischen herzustellen, schon immer besser gefallen. Das "Jesus Video"
ist der erste Versuch gewesen, das auch im Roman umzusetzen. Insofern: ja, das ist die
Richtung, die man von mir erwarten darf. Bloß entspringt sie keinem
"Zielgruppen-Kalkül" oder wie man das nennen mag, sondern meiner ureigensten
Neigung.
Wann kann man damit ungefähr rechnen, dass ein neues Buch von Ihnen auf den Markt
kommt (meine Besucher möchten es gern wissen!)? Ist denn schon ein neuer Roman in Arbeit
und können Sie uns schon mal ein klein wenig Neugierig darauf machen?
Andreas Eschbach: Ich habe gerade einen neuen Jugendroman
abgeschlossen, der den Titel "Klon" trägt und im Herbst 2002 bei ARENA
erscheinen wird. Seit längerem arbeite ich auch an dem nächsten Roman für Lübbe, dem
Nachfolger der "Billion Dollar" sozusagen. Darüber kann ich noch nichts
Genaueres sagen, nur soviel: Es wird mal wieder etwas ganz anderes werden als das, was man
von mir gewohnt ist. Aber das ist man ja wiederum von mir gewohnt.
Zum Schluss noch eine Frage, die ich mir nicht verkneifen kann. Sie schreiben auf
Ihrer Homepage, dass Sie gerne essen gehen. Auf welches Gericht fällt häufig Ihre Wahl?
Andreas Eschbach: Auf das Tagesmenü. Von was auch immer. Ich mag es,
wenn sich jemand anderer über die gekonnte Abfolge und Zusammenstellung der Speisen den
Kopf zerbricht, und da ich kulinarisch stets experimentierfreudig bin, bin ich selten
enttäuscht.
Vielen Dank an Andreas Eschbach für interessante Interview! Es war aber nicht nur
interessant und spannend, sondern hat auch wirklich großen Spaß gemacht! Herrn Eschbach
auf einer Lesung zu besuchen ist mir nun ein Anliegen, denn er scheint ein sehr netter und
interessanter Mensch zu sein! |