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Rezension

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Inhalt:

Wir leben in einer Konsum- und Spaßgesellschaft. Teilnehmen dürfen daran jedoch nur Menschen, die in der Lage sind den Preis zu zahlen. Dass der eventuell viel höher ist, als das, was wir in Währung zahlen, das kommt kaum mehr einem in den Sinn. Noch weniger scheren wir uns um die Menschen, die da nicht mithalten können. Andreas Altmann - Schriftsteller und Reporter - hat sich für einige Zeit auf die andere Seite begeben. Die Seite der Mittellosen, die ohne feste Bleibe und ohne die Garantie satt zu werden den Tag beginnen. Im heißen Sommer des Jahres 2003 macht er zu Fuß auf den Weg von Paris nach Berlin. Mit nur 2,77 Euro, ein paar Salamischeiben, zwei Dutzend Zigarillos im Gepäck und einem. Ein Weg, gepflastert mit Niederlagen, Demütigungen, Erschöpfung und Hunger. Aber ebenso mit unersetzlichen Eindrücken und Beobachtungen. Die Menschen, das Leben, unsere Gesellschaft - aus einer anderen Perspektive: der eines Besitzlosen.

Meine Meinung:

Das Ende dieses auf wahren Erlebnissen beruhenden Buches stand schon fest, bevor es geschrieben wurde. Ja, sogar bevor die hier berichteten Begebenheiten erlebt wurden. Denn für Andreas Altmann - wie er im Vorwort des Buches bereits wissen lässt - kam kein anderes Ende in Betracht als losgehen und ankommen.

Aber auch über die Motive, dieses Projekt anzugehen und durchzuhalten, gibt Altmann im Vorwort Auskunft. Und wer diese ersten Seiten gelesen hat, fühlt sich bereits angesprochen und wird nicht anders können, als gedanklich mit Andreas Altmann die berühmten sieben Sachen zu packen und loszuziehen. Ohne Sicherheiten, wie Geld, Essen, Trinken, Unterkunft.

Von hier an hat Altmann den Leser im Schlepptau. Vom Aufbruch an, als er frühmorgens seine Pariser Wohnung verlässt, bis zu seiner Ankunft in Berlin, mit müden Füßen und unzähligen Eindrücken und Geschichten im Gepäck, lässt er den Leser nicht mehr los.

Wer solch eine Strecke zu Fuß und ohne Geld zurücklegt, der ist einsam. Für den Leser ist das ein klarer Vorteil, denn die Entbehrungen an Nahrung - körperlicher wie geistiger Natur -, schärfen die Gedanken. Hinzu kommt, dass Andreas Altmann sich in eine Situation begeben hat, die ihn zwingt seine Mitmenschen von einem anderen Blickwinkel aus zu betrachten. Dem Blickwinkel eines Bittenden. Einem Menschen, der nichts zu geben hat, beschränkt man einen Menschen auf sein rein Materielles Gut. Und an dem, was nicht materiell ist, scheinen die meisten Menschen kein Interesse zu haben. Zumal man einem mittellosen Menschen nicht zutraut, dass er dennoch was zu geben haben könnte - für materiell denkende Menschen eine einfache Rechnung. Satt zu werden - dies gilt abermals für Körper und Geist -, ist also nicht so einfach, für Habenichtse.

Davon lässt sich ein Andreas Altmann jedoch nicht erschüttern. So beißt er sich durch und wird belohnt, wie er uns in seiner wunderschönen Sprache erzählt. Er schreibt messerscharf und dennoch voller Gefühl. Gefühl für die Worte und die Menschen, über die er schreibt. Prägnante Beschreibungen findet er, die einem warm ums Herz werden lassen, wachrütteln oder beschämen. Und die manchmal in nur zwei Worten genau das auszudrücken vermögen, wofür manch einer ellenlange Beschreibungen benötigen würde. So schreibt er vom „ranzigen Mitgefühl“ der Menschen, dass sie für die Verlierer, die am sozialen Abgrund leben, übrig haben und freut sich über das erste Geschenk, dass er auf dieser denkwürdigen Reise erhält: ein Lächeln.

Weitere Geschenke sind Geschichten, die man ihm anvertraut. Dass es nicht einfach ist, als Vagabund Geschichten einzusammeln, kann sich so ziemlich jeder vorstellen, der schon einmal von einem angesprochen wurde. Denn: wer möchte schon mit so jemandem ein Gespräch?

Auch eigene Geschichten hat er nach dieser Zeit zu erzählen. Doch die sind unvermeidlich, wenn man aufs Betteln angewiesen ist.

Diese anstrengende Situation macht Altmann jedoch auch nicht blind für die Gegenden, die er zu Fuß durchwandert. Am wohl interessantesten waren für mich seine Eindrücke von Ost- und Westdeutschland. Die Wiedervereinigung ist lange her und doch erscheinen ihm die beiden Teile wie gänzlich verschiedene Länder. Und das nicht rein aus optischer Sicht. Auch unterschiedliche Erfahrungen mit den Menschen in den beiden Teilen Deutschlands hat er gesammelt. Hochinteressante Eindrücke, die zu Denken geben.

Fazit: Schon lange bin ich von Altmanns Reiseberichten begeistert. Mit 33 Tage 34 Nächte hat er ein anderes Buch geschrieben als seine übrigen - vielleicht sogar sein Bestes! In jedem Fall aber sein persönlichstes! Altmann hat hier für uns nicht nur Geschichten gesammelt, sondern auch viele wertvolle Gedanken verteilt - an jeden angepassten Menschen unserer Komfort-Gesellschaft, zu der ich auch mich selber zähle. (Petra)

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Bewertung: ****

( * schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Infos: 234 Seiten, gebundene Ausgabe, mit 30 Farbfotos und einer Karte (Reiseroute), Frederking & Thaler, 24,- €

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© 1998 Buecher4um, erstellt am 14.04.2004, letzte Änderung am 18.04.2004, Layout by abrakan