Zwei Deutsche - Max Eisenstein
und Martin Schulse - betreiben in San Francisco gemeinsam eine
Kunstgalerie. Über die geschäftliche Beziehung hinaus, sind die
beiden seit langen Jahren eng befreundt.
Als Martin mit seiner Familie in
die Heimat zurückkehrt, bleiben Martin und Max in Briefkontakt.
Max, der hört, dass in Deutschland Hitler an die Macht strebt,
ist beunruhigt und fragt seinen Freund über die Geschehnisse dort
aus. Schon bald wird immer klarer, dass sein langjähriger Freund
in Deutschland neue Freunde gefunden hat, die von Vorteil für ihn
sind. Dafür sieht er auch gern darüber hinweg, wie gegen die
Juden gehetzt und schließlich Gewalt angewendet wird. Max -
selbst Jude - erkennt seinen Freund nicht wieder.
Als er seinen alten Freund um
einen Gefallen bittet, dieser ihn jedoch nicht nur im Stich
lässt, sondern Max’ Leben zerstört, schlägt Max auf äußerst
subtile Weise zurück...
Meine Meinung:
Dieses Geschichte wird dem Leser
in Form eines Briefwechsels erzählt. Wer meint, jetzt schon die
Handlung zu kennen, irrt zwar nicht, aber in diesen Briefen geht
es vielmehr darum, was zwischen den Zeilen steht.
Der Leser bekommt eine Ahnung
davon, dass es ganz normale Menschen waren, die den Gräueltaten
Hitlers nicht nur zugesehen haben, sondern die sich letztendlich
zu dessen Schergen zählten und aktiv geholfen haben, seinen Plan
auszuführen.
Ohnmächtig macht einen, was
damals geschehen ist. Man wünscht sich Rache. Für all die Opfer,
für all die Ungerechtigkeiten, für all die Leben, die zerstört
wurden.
Dieser Briefwechsel ist solch ein
Racheakt - allerdings ebenso fiktiv wie der Briefwechsel selbst.
Kressmann Taylor hatte einst wirklich Briefe entdeckt, die sie zu
dieser Briefnovelle inspirierten. Jedoch hat sie sich den weiteren
Handlungsverlauf selbst erdacht.
Ein kleines, aber starkes Buch, das nicht
umsonst vielerorts wärmstens empfohlen wird. Ich möchte mich da
anschließen! (Petra)
Anmerkung:
Dem Buch geht ein Vorwort von
Elke Heidenreich voran. Soweit mag das durchaus seine Berechtigung
haben. Zum einen erwähnt Frau Heidenreich dieses kleine wertvolle
Büchlein oft (z. B. in ihrer Funktion als Kolumnenschreiberin und
als Moderatorin), um es möglichst vielen Lesern ans Herz zu
legen. Zum anderen ist schön, wenn der Verlag dem Leser
Zusatzmaterial bieten möchte, zumal das Buch an sich sehr schmal
ist. Aber muss das wirklich in Form eines Vorworts geschehen, in
dem Elke Heidenreich fast den kompletten Verlauf des Briefwechsels
vorwegnimmt? Einen Brief nach dem anderen geht sie durch und
zitiert daraus. Nachdem ich das Vorwort gelesen hatte, war ich
richtig erbost auf den, der das zu verantworten hat. Ob es nun
Frau Heidenreich selbst war oder der Verlag - dem Leser hat man
damit keinen Gefallen getan. Als Nachwort würde ich es anders
sehen. Aber nicht als Vorwort! Zudem wertet es die Leserschaft in
gewisser Weise ab. Man könnte beinahe meinen, das Vorwort sollte
dafür eingesetzt werden, damit der Leser auch ja versteht, worum
es in den fiktiven Briefen geht - wozu sonst ein zitieren und
erläutern einer Vielzahl von Passagen aus den Briefen? Ich kann
daher nur allen künftigen Lesern von Adressat unbekannt
raten, das Vorwort erst nach Lektüre des Buchs zu lesen!
Hingegen sehr schön fand ich das
erläuternde Notiz im Anhang zur Entstehung und
Erstveröffentlichung des Textes, die nach der berührenden
Lektüre den Leser nicht allein lässt, sondern noch ein wenig
Information bietet. Dieses Nachwort stammt von Lois Rosenthal, der
Herausgeberin der Zeitschrift Story, in der der fiktive
Briefwechsel 1938 erstmalig abgedruckt und 1992 erneut
veröffentlicht wurde. Und ich fürchte, selbst von ihr zitiert
Elke Heidenreich einen Satzteil in ihrem Vorwort, als sie vom „zersetzenden
Gift des Nationalsozialismus“ spricht, ohne dies jedoch deutlich
zu machen. Muss das sein? (Petra)