Inhalt:
Wir schreiben das Jahr 1881: Es ist Adventszeit. Im Stadtgraben von Nürnberg wird ein
verwahrloster Junge tot aufgefunden. Im Mund entdeckt die Polizei ein abgebissenes Stück
Lebkuchen. Wenige Tage später wird der ehemalige Ratsherr Jakobus Ehrenhoff am Henkersteg
aufgeknüpft gefunden. War es Selbstmord oder Mord? Und warum hängt um seinen Hals der
Rest eines vergifteten Lebkuchenherzens? Inspektor Wanner, trockener Alkoholiker und
zwangsversetzt aus Südbayern, steht vor einem Rätsel. Was haben ein Straßenkind und ein
angesehener Bürger miteinander zu tun? Wanner traut dem undurchsichtigen Gewürzhändler
Wetzel nicht über den Weg, in dessen Besitz man den Toten gefunden hat.
Währenddessen verdingt sich Meisterkoch und Hobbydetektiv Jacques Pistoux in einer
stadtbekannten Zuckerbäckerei als Bäckergeselle, da ihm auf seiner Reise zu einer
Anstellung in Hamburg das Geld ausgegangen ist. Als sein Herr, Bäckermeister Dunkel,
schließlich wegen der Morde verhaftet wird und dessen Frau das langgehütete
Lebkuchenrezept der Familie Dunkel an den Fabrikanten Schaller verkaufen will, sieht
Pistoux nicht nur seinen Arbeitsplatz, sondern auch die Ehre seines Berufstandes
gefährdet. Doch erst eine zufällige Begegnung führt ihn auf die richtige Spur.
Meine Meinung:
Ein historischer Weihnachtskrimi, der noch dazu nahe meiner Heimat in Nürnberg spielt?
Wirklich eine schöne Idee einer lieben Freundin Petra. Allerdings blieb der Roman fast
ein Jahr unberührt in meinem Regal liegen, denn die Düfte nach Lebkuchen, Mandeln und
Zimt, die einem beim Lesen regelrecht in die Nase steigen, hätte mich im Hochsommer
vielleicht doch eher gestört.
Zunächst war ich überrascht, daß es sich bei der Geschichte um Jacques Pistoux um den
sechsten Band einer Serie handelt. Aber da keine Vorkenntnisse erforderlich sind und
Jacques in Gesprächen auch oft über seine Vergangenheit erzählt, ist diese Tatsache
kein Problem.
Hier hat man eine Geschichte vor sich, die in ihrem Stil an die Erzählungen eines
Charles Dickens erinnert. Liebevoll skizzierte Charaktere, eine detaillierte Beschreibung
der damaligen Zeit und außerdem eine durchaus spannende und logisch entwickelte
Krimihandlung. Wenn man. wie ich, das heutige Nürnberg kennt, verfolgt man im Geiste die
Wege des Inspektors, sieht die schmalen Gassen vor sich und erlebt die Geschäftigkeit,
die auch heute noch in der Vorweihnachtszeit auf dem weltberühmten Christkindlsmarkt
herrscht. Mit einem Schmunzeln habe ich Wanners Gedanken vernommen, wie sich die
Vermarktung von Weihnachtsmarkt und Lebkuchen noch entwickeln wird und mit ihm das Staunen
bei der ersten elektrischen Beleuchtung am Markt erlebt. Die Frage ist nun, verströmt die
Geschichte diesen Reiz auch auf jemand aus, der Nürnberg nicht kennt? Ich glaube ja. Die
Geschichte ist ohne Längen, bietet etwas fürs Herz, Spannung, historische Fakten, eine
interessante Lösung und ...Weihnachtsrezepte! Denn Pistoux wäre kein Meisterkoch, wenn er
nicht ein traumhaftes Festmenü mit kulinarischen Leckerbissen wie "Ente in
Orangensauce" oder Vanillekipferl zaubern würde. Und auch der Bäckermeister, seine
Frau und Wanners Wirtin lassen sich mit köstlichen Rezepten rund um die Adventszeit nicht
lumpen. Ein Wunder, daß ich zwischen Beschreibungen von gefüllten Lebkuchen, Linzer
Plätzchen, Makronen, etc. nicht aufs Buch gesabbert habe. Aber schließlich finden sich
ja alle Rezepte im Anhang des Buches zum Nachmachen.
Kurzgesagt, hat dieser kleine liebenswerte Krimi, alles, was eine vorweihnachtliche
Lektüre haben sollte. Ich finde, er ist perfekt, um sich an einem Adventswochenende mit
ein paar Plätzchen zurück zu ziehen und etwas Weihnachtsatmosphäre vergangener Tage zu
schnuppern. Als Leser erhält man Einblick in viele Traditionen rund um den Nürnberger
Christkindlsmarkt, die Adventszeit in Franken und die Weihnachtsbräuche in den
verschiedenen Ständen der damaligen Zeit.
Besonders erwähnen möchte ich auch noch, daß das Buch sich nicht nur schnell und leicht
verständlich liest, sondern auch mit seiner kompakten Länge von 170 Seiten, trotz
Vorweihnachtsstress an einem Wochenende zu schaffen ist.
Mir hat der Roman die Erinnerung an die alten Weihnachtsgeschichten eines Oscar Wilde oder
Charles Dickens zurück gebracht. Für mich eine kleine, aber feine empfehlenswerte
Adventslektüre!
Fazit: Beschaulicher Krimi im vorweihnachtlichen Nürnberg! (Tara)
Bewertung: ****
( * schlecht / ** ganz gut / *** gut
/ **** spitze)
Infos: 192 Seiten, Taschenbuch-Ausgabe, Rowohlt Verlag, 7,90
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