Ein 12-jahriger Junge, der die
Sommerferien hasst und sich auf die Schule freut? So etwas kann
nur mit Zauberei zu tun haben, und so handelt es sich um Harry
Potter, der seine Sommerferien missmutig bei seinen Verwandten,
den Dursleys, verbringen muss und sich nach der Zaubererschule
Hogwarts und seinen Freunden sehnt. Aber ganz so schlimm wie
früher ist es nicht, denn aus Angst er könne sie alle in
Mistkäfer verwandeln, behandeln ihn seine Verwandten etwas besser
als gewöhnlich. Doch merkwürdige Ereignisse nehmen ihren Lauf,
so taucht der Hauself Dobby auf, der Harry versucht zu überzeugen
nicht nach Hogwarts zurückzukehren. Natürlich lehnt Harry ab und
deshalb lässt Dobby eine Schüssel mit Nachtisch in der Küche
schweben und zerschellen. Minuten später erhält Harry vom
Zaubereiministerium eine Verwarnung wegen Verstoßes gegen das
Zaubereiverbot für Minderjährige und die triumphierenden
Dursleys sperren ihn in sein Zimmer ein und vergittern das
Fenster. Aber zum Glück gibt es Harrrys besten Freund Ron......
Auch die Rückkehr nach Hogwarts gestaltet
sich abenteuerlicher als geplant, denn Harry und Ron können nicht
die Sperre zu Gleis 9 3/4 überwinden und erreichen den Zug nicht.
Wie sie es dennoch schaffen Hogwarts halbwegs pünktlich zu
erreichen, soll hier nicht verraten werden.
Das neue Schuljahr beginnt mit einem neuen
Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste, dem
selbstverliebten Gilderoy Lockhard, der nach eigener Meinung in
allen Bereichen der Zauberei ein Experte ist. Doch schon bald
geschehen beängstigende Dinge. Schüler werden scheinbar wahllos
von einem unbekannten Monster angegriffen und auf Harry fällt ein
schlimmer Verdacht. Als auch Hermine und sogar Rons jüngere
Schwester Ginny in großer Gefahr sind, müssen Harry und Ron
eingreifen. Kann der selbsternannte Experte Gilderoy Lockhard eine
Hilfe sein?
Meine Meinung:
Die heile Welt bekommt Risse. Moment mal,
seit wann lebt Harry Potter in einer heilen Welt? Natürlich tut
er das nicht, das wissen seine Fans bereits aus dem ersten Band,
doch das Zaubererinternat Hogwarts war seine Zuflucht. Hier,
umgeben von seinen Freunden und Lehrern, konnte er sein tristes
Zuhause vergessen und fühlte sich geborgen. Doch genau hier muss
Harry feststellen, dass die Zaubererwelt eben nicht heil ist, auch
wenn der mächtige schwarze Magier Lord Voldemort gestoppt wurde.
Denn es gibt auch in Hogwarts Zaubererschüler, die achten sehr
genau darauf, ob der Andere auch ein reinblütiger Zauberer ist,
also ob er aus einer reinen Zaubererfamilie stammt, oder ob es
auch Muggel (nicht-magische Menschen) in seiner Familie gibt. Und
diese reinblütigen Zauberer schauen auf die Anderen herab und
betiteln sie manchmal sogar mit dem Begriff „Schlammblütler“,
einem üblen Schimpfwort. Ja, sie sind sogar der Meinung, dass die
reinblütigen Zauberer unter sich bleiben sollten, und dass
Hogwarts keine Schüler aus nicht-reinblütigen Familien aufnehmen
sollte. Ist es ein Zufall, dass die mit dieser Meinung aus dem
haus Slytherin kommen und Harry spinnefeind sind?
Diese Dinge, die in der Regel unter der
Oberfläche bleiben, gewinnen an Bedeutung, als ein unbekanntes
Monster verschiedene Schüler angreift, und zwar ausschließlich
Muggelstämmige. Was steckt dahinter? Sind alle Muggelstämmigen
gefährdet und kann der weltoffene Albus Dumbledore sie schützen?
Das ist Rassenideologie pur, die Joanne K.
Rowling in diesem Band auftischt. Die Leser können erfahren, was
es heißt ausgegrenzt zu werden, weil die eigene Familie nicht der
angeblichen Norm entspricht. Aber welche Familie entspricht dem
schon? In Harrys Familie gibt es sie Dursleys, Hermines Eltern
sind Zahnärzte, bei Ron sind zwar alle Zauberer, aber die Familie
ist bettelarm. Die Freundschaft dieser drei zeigt, wie unwichtig
der familiäre Hintergrund sein kann und sollte. Dass die
Weltoffenen und Toleranten, die die Zaubererwelt in ihrer ganzen
Vielfalt erhalten wollen, den Sieg davon tragen müssen, leuchtet
ein.
Rowlings Leistung ist, das in einer
Geschichte zu verpacken, die spannend bis zum Schluss und
teilweise gruselig ist. Es tauchen die bekannte Hauptfiguren aus
dem ersten Band wieder auf, einige Neue werden eingeführt. Der
Hauself Dobby ist ein Hinweis darauf, das es noch andere
menschliche Wesen in der Zaubererwelt gibt, die aber offenbar
weniger geschätzt und weniger wert sind. Alte Handlungsstränge
werden wieder aufgenommen, doch neue Konflikte deuten sich an. Und
jeder, der das Buch liest, hat seine Lektion verstanden, ohne
jemals von der Autorin explizit darauf hingewiesen worden zu sein.