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Rezension

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Inhalt:

In den Ruinen des Warschauer Ghettos hat Jossel Rakover eine Flaschenpost versteckt, die eine Schrift enthält, in der er sich in seinen letzten Stunden voller Intensität an Gott wendet mit all seinen Gefühlen, Gedanken und schrecklichen Erlebnissen und wie er sie mit seinem Glauben versucht in Einklang zu bringen.

So weit zum Inhalt von Zvi Kolitz’ Text. Doch dieser hat eine Eigengeschichte entwickelt, von der Paul Badde in einem furiosen Begleittext im Anschluss berichtet. Wie er dort so schön sagt, hat die Geschichte des Jossel Rakover seinen Verfasser – Zvi Kolitz – immer wieder abgeschüttelt.

Meine Meinung:

Je intensiver man sich mit dem Text und vor allem seiner Entstehung und den Hintergründen zu seiner Veröffentlichung befasst, umso klarer wird, dass selten an einem Text so herumgezerrt wurde, wie an diesem. Nicht nur, dass man auf beinahe aberwitzige Weise immer wieder versuchte, Zvi Kolitz die Urheberrechte an dem Text streitig zu machen (nicht aus gewöhnlichen oder gar niederträchtigen Gründen, sondern weil man ihm den Jossel Rakover so sehr glaubt, dass es für viele schier unvorstellbar wurde, dass es diesen gar nicht gegeben haben soll und anstatt dessen ein Autor dieses Testament erfunden hat), sondern auch wer sich damit rühmen darf, den Text aus dem Jiddischen übersetzt zu haben, ist umstritten.

Bezogen auf die mir vorliegende Ausgabe, trägt Paul Badde großen Anteil daran. Laut anderen Angaben, die sich recherchieren lassen, war es doch eher die von Paul Badde erwähnte Anna Maria Jokl, der wir es zu verdanken haben, dass uns der Text zugänglich ist. Doch darum möchte ich mich gar nicht streiten. Erwähnenswert hieran jedoch ist, auf welch erstaunliche Weise dieser Text die Menschen bewegt und immer wieder dazu bringt, sich mit seiner Entstehung auseinander zu setzen oder aber tief und fest an die Figur des Jossel Rakover zu glauben. Das macht Paul Badde in seinem anschließenden Text zum Autor Zvi Kolitz wunderbar deutlich. Die Geschichte, die sich um dieses fiktive Testament rankt und von Paul Badde so wunderbar rekonstruiert wurde (ganz sicher nicht ohne große Mühe), ist hochinteressant.

Zeigt all das nicht zuletzt, wie vorstellbar Jossel Rakovers Gedanken sind, die Zvi Kolitz ihn in diesem fiktiven Testament niederschreiben ließ. Und auch wie sehr die Judenvernichtung die Menschheit bis heute beschäftigt und wie sehr man nach Erklärungen für das Geschehene sucht, bis hin zur Rolle Gottes, an den sich Jossel Rakover in seinen letzten Stunden hier wendet.

In dieser Ausgabe sind beide Original-Fassungen enthalten: die in Jiddischer Sprache und daneben die in der Deutschen Übersetzung. Illustriert ist die Erzählung sehr ausdrucksstark von Tomi Ungerer, der sich hier von einer passend trostlosen Seite zeigt, um die letzten Stunden des Jossel Rakover (und somit stellvertretend für so unendlich viele ausgelöschten jüdischen Leben) zu untermalen. Im Anschluss der Text über Zvi Kolitz von Paul Badde, der den Weg dieser Erzählung rund um die Welt aufzeigt und damit beeindruckt, wie hartnäckig diese Geschichte ein Eigenleben entwickelt hat. Und Anmerkungen zum jiddischen Transkript fehlen auch nicht. Wichtig zum besseren Verständnis der Übertragung ins Deutsche. All das macht diese Ausgabe des Diogenes Verlags zu einem Kleinod, das man sich nicht entgehen lassen sollte. (Petra)

Bewertung: ***/**** 

( * schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Infos: 184 Seiten, gebundene Ausgabe, Diogenes Verlag, 22,90 €

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© 1998 Buecher4um, erstellt am 01.09.2006, letzte Änderung am 13.11.2006, Layout by abrakan