Ein Stammhalter muss her, so lautet die Bedingung,
damit Thomas Fentons Ehefrau nicht die Burg verlassen muss. Nach
einer schwierigen Geburt erblickt Anthony das Licht der Welt, doch
der Vater ist schon überglücklich auf und davon, als Antonia,
die Zwillingsschwester geboren wird und der Erstgeborene stirbt.
Diese Tatsache muss vertuscht werden, um das sichere Heim nicht zu
verlieren. Darin sind sich Lady Margret und Ellen, die Kinderfrau,
einig und so wächst Antonia als Anthony auf, lernt fechten und kämpfen.
Anthony/ Antonia wird nie bewusst, dass sie eigentlich ein Mädchen
ist. Erst an dem Tag, als Norman Powderham in Fenton Castle
auftaucht um Anthony als seinen Knappen in Dienst zu nehmen, erfährt
sie das dunkle Geheimnis, das mit ihrer Geburt verknüpft ist.
Um Mutter und Kinderfrau zu retten, tritt sie als
Anthony den Weg zusammen mit Powderham an den Hof von Heinrich dem
VIII. an. Dort ist es schwieriger als gedacht, ihren Mann zu
stehen. Schnell ist Antonia enttarnt und von Vater und Powderham
verstoßen. Königin Catherine, Heinrichs letzter Frau, ist es zu
verdanken, dass sie nicht im Kerker endet. Catherine nimmt sie auf
und erzieht sie zusammen mit Lady Jane Grey.
Die beiden Mädchen erleben eine glückliche Zeit,
bis Edward, der nach seinem Vater schon als Junge König geworden
ist, erkrankt. Schon lange sind Edward und Jane einander
versprochen, doch die Krankheit Edwards bringt diese Heiratspläne
ins wanken. Edwards Ratgeber sind nicht bereit ihre Macht auf zu
geben und versprechen sich viel davon Jane, nach dem Tode von
Edward als Königin zu sehen. Jane wird zum Spielball der
machtgierigen Ratgeber. Eine Verschwörung gegen die designierte
Nachfolgerin Edwards, Mary Tudor, beginnt.
Mit Hilfe des Volks wird der Plan der Umstürzler
vereitelt. Jane und ihre Freunde, insbesondere auch Antonia, sind
in großer Gefahr. Woher sollte Hilfe kommen, fragt sich Antonia,
als sie zur Hinrichtung geführt wird. Die Stimme, die sie flüsternd
fragt, ob sie noch wie früher reiten kann, wie der Teufel, kommt
ihr bekannt vor …
Meine
Meinung:
Die Königin für neun Tage, ein Buch, das man
beginnt und am liebsten in einem Rutsch durchlesen möchte.
Gefangen von der Atmosphäre und sich anbahnenden
Liebesgeschichte, erbost über den brutalen Vater, der nur einen
Jungen akzeptieren wollte, belustigt über die Verwechslungskomödie
und interessiert an der historischen Entwicklung und den gut
recherchierten Details … , welches Augenmerk hier im Vordergrund
stehen sollte, mag ich gar nicht entscheiden.
Die Stimmung in Fenton Castle erboste mich sofort,
diese arrogante Art mit Menschen um zu gehen, die Thomas Fenton an
den Tag legte, lies mich ohne Schwierigkeiten in die Zeit
eintauchen. 'Dieser engstirnige Mann', schimpfte ich vor mich hin,
sicher muss man ihn innerhalb der Zeit und Gesellschaft, in der er
sich bewegt, auch ein wenig verstehen. Aber der Gedanke: 'Der muss
doch noch bestraft werden', nistete sich im Hinterkopf ein und führte
zum rechten Lesesog, Wann passiert es endlich? Passiert es überhaupt?
Bevor ich mich versah, hatte ich das Buch ausgelesen.
Die eher witzigen Elemente, rund um Antonias
Verkleidung und ihre ständigen Plänkeleien mit Sir Norman
Powderham sorgten für angenehmes Prickeln der Geschichte. Die
Liebesgeschichte entwickelt sich langsam und sorgte oftmals für
ein süffisantes Grinsen auf meinen Lippen ‚Ihr beide werdet
schon noch sehen,’ hab ich oft gedacht. Im Gegensatz z.B. zur Goldhändlerin
und Tatarin von Iny Lorentz, ist
hier die Hosenrolle schnell aufgeflogen, die sich daraus
entwickelnden Probleme, sind nicht weniger spannend, als hätte es
geklappt.
Letztendlich habe ich jedoch am meisten die
Geschichte um Antonia und Jane genossen. Ihre gemeinsame Erziehung
und die Schilderung der Haushalte trafen bei mir den richtigen
Nerv. Ich hatte endlich ein Gefühl dafür, welchen Zwängen und
Umständen die Menschen der Zeit folgen mussten, selbst Elizabeths
und Marys Reaktionen konnte ich im Rahmen der Zeit sehen und nicht
nur verurteilen. Zu sagen, der Roman ist glänzend recherchiert wäre
Anmaßung von mir, denn ich kenne mich in der Zeit nicht aus –
Wie allerdings das
Interview mit Rebecca Michéle mit dem buecher4um klar macht,
ist die Autorin fast in der Zeit zu Hause, deshalb käme ich nicht
auf die Idee irgendetwas dazu nach zu prüfen. Ich fühlte mich
unterhaltsam informiert und habe die Verpackung in die Geschichte
genossen.
Die Zeit um Heinrich den VIII, Elizabeth I und Mary
Tudor ist mir durch die Schulzeit und Schillers Mary Stuart arg
verleidet worden. Wären mir damals schon solche historischen
Romane bekannt gewesen, ich hätte meine Note sicher retten können.
Die Intention unterhaltsam zu informieren ist also zu 99,8% erfüllt.
(die Abzüge beruhen auf zwei Mini-Logikfehlern, die vermutlich
nur Krimi-Lesern auffallen)
Meine zaghaften Versuche mich dieser Zeit zu nähern
begannen vor Jahren mit Susan Kay: Die Königin. Sie brachte mir
die Hauptperson der Zeit näher: Elizabeth I. Mögliche Schicksale
von Personen, die rund um echte historische Gestalten gruppiert
werden interessieren mich jedoch seit dem Lächeln
der Fortuna von Rebecca Gablé noch mehr als die echten, da
ich besser in deren Rollen abtauchen kann.
Königin für neun Tage ist ein historischer Roman,
der mir ein wunderschönes Lesewochenende bescherte. Träumen,
bangen und informieren – Was will das Leserherz mehr? (Binchen,
April 2005)
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Interview im Buecher4um mit der Autorin! |