Inhalt:
Véronique Olmi ist 1962 in Nizza geboren und gehört zu den bekanntesten Theaterautorinnen
Frankreichs. Sie gilt als eine feinsinnige und literarische Autorin, die weiß mit Sprache
umzugehen. In Deutschland wurde sie durch ihre Romane „Meeresrand“ und „Nummer sechs“ bekannt.
„Ein Mann eine Frau“ ist ihr fünfter Roman.
Zum Inhalt: Der Inhalt diese Geschichte ist schnell zusammengefasst: Ein Mann und eine Frau, beide nicht mehr
jung, beide nicht perfekt, beide mit ihrer eigenen Geschichte treffen sich an einem Nachmittag
und verbringen diesen schließlich in einem Hotelzimmer. Dahinter verbirgt sich allerdings weit
mehr als nur der reine Wunsch nach Sex.
Meine Meinung:
Zunächst wirkte der Klappentext ein wenig befremdend auf mich und ich dachte, es handele sich um
eine Geschichte, in der es nur um „das Eine“ geht. Als ich dennoch neugierig das Buch aufschlug,
las ich als erstes diese Zeilen:
„Und mein Verlangen glitt über den Pfad der ausgedörrten Zeit an den Rand des Mysteriums der
Abgründe“. (Pierre Reverdy)
Nun wurde ich erst recht neugierig und da das gesamte Buch nur 110 Seiten hatte, las ich weiter
und merkte sehr schnell, dass es hier um weit mehr geht, als Sex. Es geht um Gefühle, Ängste,
Erlebnisse, menschliche Schicksale und es geht um Wunsch wieder zu leben. Der sexuelle Akt wird
zwar beschrieben, aber er ist nur Vehikel, um das Eigentliche, das weit tiefer gehende zu
verdeutlichen. Das Buch ist keineswegs ein rein erotisches Werk. Dafür ist die Sprache, in der
Véronique Olmie schreibt zu poetisch. Meine Lieblingsstelle in diesem Buch ist die Beschreibung des ersten Kusses. Leider ist die
Beschreibung zu lang, um sie hier zu zitieren. Aber hat man diese sehr intensive und gefühlvolle
Beschreibung gelesen, lässt sie einen nicht mehr los und man erkennt, wie wenig man doch darauf
geachtet hat und wie schnell die Erinnerung daran verblasst ist. Der erste Kuss, der eigentlich
im Leben zweier Menschen etwas ganz besonderes ist, wird hier in einer
Form und einem Reichtum an Sprache beschrieben, wie ich es vorher noch nie gelesen habe. Dieser Reichtum
an Sprache und Poesie setzt sich im gesamten Buch fort und triftet niemals ins Platte oder gar Vulgäre ab.
Auch das Ende besteht aus Worten, die einen so schnell nicht loslassen werden:
„Sie würde leben.
Diese Zeit leben.
Die Zeit der Vergebung.“
Für mich war dieses Buch ein Leseerlebnis der besondern Art. Ein Lesegenuss, den auch ich so
schnell nicht vergessen werde; genau wie diese beiden namenlosen Menschen sich und diesen
Nachmittag, mit all dem, was sie sich gaben, höchstwahrscheinlich nie vergessen werden.
Mich hat dieses Buch tief berührt. (Barbara)
Bewertung: ****
( * schlecht / ** ganz gut / *** gut
/ **** spitze)
Infos:
110 Seiten, gebundene Ausgabe, 14,90 €, erschienen bei Kunstmann 2006.
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