In Paris an der Rue Bleue gibt es einen
Kolonialwarenladen, den der jüdische halbwüchsige Moses oft
aufsucht. Moses lebt allein mit seinem Vater, der ihn nicht liebt
oder nicht lieben kann. Zu sehr ist er in seiner eigenen Welt
gefangen, die für ihn nichts erfreuliches bereitgehalten hatte.
Moses bekault ihn, u. a. um sich seine Erfahrungen zu kaufen. Aber
mit der Liebe funktioniert das nicht, denn die ist nicht
käuflich.
Monsieur Ibrahim - genannt der Araber,
obwohl er keiner ist - ist der Besitzer des Ladens, den Moses so
oft aufsucht. Moses klaut auch dort. Doch Monsieur Ibrahim
verschließt davor die Augen, jedoch anders als Moses Vater. Er
verschließt die Augen aus Menschlichkeit. Schon bald freunden
sich die beiden an. Monsieur Ibrahim scheint der einzige zu sein,
der Moses versteht und er wird es sein, der Moses Mut gibt zum
Leben, Vertrauen in sich selbst, aber auch in den Lauf der Welt
und in die Liebe - etwas, was Moses selbst von seinen eigenen
Eltern versagt geblieben war. Und ist es nicht so, dass nur der
lieben kann, der auch selbst geliebt wurde? Und dass das Lieben
glücklich macht. Wenn das stimmt, hat Monsieur Ibrahim Moses
glücklich gemacht...
Meine Meinung:
Monsieur Ibrahim ist Moslem, alt, weise,
besonnen, hat sich seine Träume und Grundsätze nicht vom Leben
kaputtmachen lassen - Monsieur Ibrahim ist vieles. Doch wer hierin
sein Geheimnis sucht, so denke ich, liegt verkehrt. Denn er ist
einfach ein Mensch. Mensch sein ist in unserer Gesellschaft gar
nicht mehr so einfach. Welcher Verkäufer kann schon wortlos
zusehen, wenn er sieht, dass ein Junge ihn bestiehlt? Wer kann
sich schon eines fremden Jungens annehmen - man würde gerne, aber
die liebe Zeit! Oder gar ein fremdes Kind mit auf Reisen nehmen -
wer soll das bezahlen? Monsieur Ibrahim kann das. Denn er scheint
zu wissen, dass er nichts mit ins Grab nehmen kann - wie keiner
von uns. Und dennoch sind all das „gute“ Gründe um all dies
nicht zu tun. Gründe, eben nicht Mensch zu sein, sondern Teil
unserer Gesellschaft, in der Freundlichkeit, Liebe, Toleranz,
Hilfsbereitschaft, Kameradschaft, Zuhören, da sein... ja, wo all
das nicht mehr zählt, nichts mehr wert ist. Monsieur Ibrahim
besinnt den Leser auf diese „alten“ Werte; gibt uns eine
Nachhilfestunde in Nächstenliebe, in Mensch sein - ohne groß auf
die Pauke zu hauen!
Einzig die Tatsache, dass es wirklich nur
eine einzige Nachhilfestunde ist, da das Buch gerade mal 100
Seiten umfasst - im Großdruck - stört das Empfinden für dieses
Buch etwas. Denn der Preis ist dafür nicht gerade niedrig. Der
wertvolle Gehalt der Geschichte entschädigt dafür, auch die
liebevolle Gestaltung des Buches - es ist sehr hübsch
eingebunden. Wen das also nicht schreckt, der sollte sich diese
Geschichte nicht entgehen lassen. Es ist eine kleine Geschichte
der besonderen Art. Eine Geschichte, die unser Herz erwärmt nicht
nur für uns, sondern auch - oder gerade - für andere Menschen.
Sehr interessant auch die Reihe, in deren
Rahmen „Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“ erschienen
sind. Es handelt sich hierbei um die Reihe Meridiane, die
zeitgenössische Erzählungen aus aller Welt herausbringt. Es
wäre schön, wenn nun durch Monsieur Ibrahim diese bislang leider
recht unbekannten Erzählungen aus dieser Reihe mehr Beachtung
fänden, denn es ist doch eine hübsche Idee, aus Ländern lesen
zu können, wie z. B. Albanien, Kuba, Island, Türkei, Dänemark,
Tschechien - ja, selbst aus dem Hebräischen wurde hier schon
übersetzt. Wann würde man durch Zufall über Literatur aus
diesen Teilen der Welt, bzw. Sprachräumen stolpern? Die meisten
von uns wohl eher selten. Schön, dass es einen Verlag gibt, der
sich das zur Aufgabe gemacht hat. Ich wünsche dieser Idee noch
einen langen Atem und viel Erfolg. (Petra)
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