Inhalt:
Im Jahre 1462, Frankfurt und Umgebung.
Ein Brief verursacht den plötzlichen Tod des
Kürschnermeisters Wöhler. Allein Martha, die Wäscherin, war
dabei anwesend. Intuitiv weiß sie, dass der Brief ihr vielleicht
noch einmal nützlich sein kann. Ein Mönch klärt Martha auf, was darin steht:
Sibylla, des Kürschners einzige Tochter, ist im Kloster gestorben.
Luisa, ihre eigene Tochter und Sybilla sahen in Kindertagen aus
wie Zwillingsschwestern, das bringt Martha auf die Idee, Luisa als Sybilla
ins Kürschnerhaus zu holen.
Niemand bemerkt den Frauentausch, und Luisa, die
ehemalige Wäscherin, muss eine überzeugende Darstellung einer
Handwerkstochter bieten. die Unterschiede, von Bildung
und Stand müssen gut kaschiert werden. Das neue Leben von
Luisa-Sibylle ist von Schuldgefühlen und Ergeiz geprägt.
Zudem muss sich Luisa-Sibylle den Zunftregeln
unterwerfen, wenn sie weiterhin die Kürschnerei behalten möchte.
Sie muss einen Kürschnermeister heiraten. Die Auserwählten der
Zunft sind jedoch eher eine Bedrohung für Sibylla und damit, dass
sie mit ihrer eigenen Wahl ihren Kopf durchsetzt, schafft sie sich nicht nur Freunde.
Jedoch hat sie es mit ihrem Auserwählten nicht gar
so schlecht getroffen. Ihr Leben entwickelt sich positiv, wären
da nicht die ständigen Selbstzweifel, der Kampf um das
finanzielle Überleben und die Krankheiten – Sibylla könnte
rundum glücklich sein. Da die Realität jedoch nicht nur rosig
ist, muss sich Sibylla mit einigen guten und bösen
Überraschungen auseinander setzen.
Meine
Meinung:
Ein
spannender historischer Roman.
Mit
der Schilderung um die Wäscherin Martha beginnt es. Ihr Leben und
ihre Probleme werden schnell vorstellbar, dass sie für ihre
Tochter ein besseres Leben erhofft, ist sofort einsichtig, damit
ist man sofort 'drin' in der Geschichte.
Die
Schilderung der Zünfte, des Lebens einfacher Wäscherinnen, oder
auch der Menschen der Zeit sind spannend. Für mich kam als ein
Pluspunkt hinzu, dass ich mit der Gegend um Hofheim gute
Erinnerungen verbinde. Ich habe mich gefreut, dass der Roman dort
angesiedelt ist.
Während
Marthe ein Sympathieträger ist, entwickelt sich Luisa ein wenig
wie Scarlett O’Hara. Sie will nie wieder zurück in die Armut.
Die Angst davor, führt zu geschäftstüchtigem, wenn nicht gar rücksichtslosem
Handeln. Dafür bringt sie Opfer, die andere ggf. gar nicht als
solche wahrnehmen und zu Anfeindungen ob ihres Erfolges führen. Die Ausführungen zu Sibylla/Luisas Umgang mit
schönen Stoffen lassen diese Creationen vor dem geistigen Auge wahrhaftig
werden. Welche Gegebenheiten dazu geführt haben, dass sich
Luisa so nahtlos in Sibylla verwandeln konnte, ist nicht ganz so
stimmig, wie der Rest.
Die
Schilderungen von Einflüssen aus Italien und die einzige echte Freundschaft mit
einer Frau, die Luisa aufbauen kann, haben mir besonders gefallen.
Hier wird die Engstirnigkeit der Deutschen so klar, der Kontrast
zum sonnigen Italien wird wunderbar deutlich. Ein verträumtes
Herz hätte hier sicher den Roman beendet. Die eingebettete
Liebesgeschichte ist jedoch nicht der Hauptpunkt der Geschichte,
und so musst Sibylla wieder zurück in der Heimat noch einige
Probleme lösen.
Die
Entwicklung der Figuren erscheint größtenteils stimmig. Sibyllas
erste Wahl ist dabei besonders interessant, weil der Mann einfach
aus dem Rahmen fällt. Ihre späteren Männer werden irgendwie
‚normaler’. Die Beziehungen sind nicht mehr so spannend, Geschäft
und Szenerie rückt in den Vordergrund.
Mit
der Vielseitigkeit der Geschichte ist für viele verschiedene
Lesarten ansprechender Stoff in dieses Buch verpackt.
Wer
einen historisch packenden Roman rund um Kaufleute und Handwerker
im späten Mittelalter lesen möchte, in dem die Protagonistin
nicht durchgängig liebenswert, sondern mit Ecken und Kanten
behaftet ist, der liegt mit der Pelzhändlerin genau richtig. (Binchen,
April 2005)
Bewertung: ***
( * schlecht / ** ganz gut / *** gut
/ **** spitze)
Infos: Rowohlt TB 8,90 € Februar 2005
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