Inhalt:
Der Tag, an dem Vater das Baby
fallen ließ, ist der
Tag, an dem die Familie innerlich zerbricht. Nichts ist mehr wie
vorher. Mutter weint drei Tage und drei Nächte, bis sie plötzlich
damit aufhörte und mittels hellblauer Fliesen ihr ganz persönliches
Mahnmal an der Stelle errichtete, an der das Baby aufgeschlagen
war. Ein Italienurlaub soll alle Gemüter beruhigen und die Wunden
heilen. Doch das Gegenteil ist der Fall -- mit der Familie geht es
jetzt erst richtig den Bach runter. Vater findet an der Riviera
seinen vor Jahren abgehauenen Vater wieder und verkriecht sich bei
ihm und dessen jugendlichem Geliebten, Mutter beginnt währenddessen
eine skandalöse Affäre mit der Haushälterin, die älteste
Tochter, Petra, driftet in Richtung Zeugen Jehovas ab. Und die
beiden jüngsten Töchter geben langsam die Hoffnung auf, dass
jemals wieder alles wie früher wird.
Meine Meinung:
Nach "Frisch
gepreßt" war ich gespannt auf den neuen Roman der
Autorin und habe das Buch innerhalb von zwei Tagen verschlungen.
Es ist jedoch völlig unmöglich, diese beiden Werke miteinander
zu vergleichen.
Ich dachte zuerst, der Titel wäre
nur symbolisch bzw. das Baby wäre eben nicht so schlimm gefallen.
Falsch! Der Vater läßt das Kind tatsächlich von einem Balkon
aus dem oberen Stockwerk auf den Rasen fallen. Das Kind ist tot.
Damit beginnt der Roman und man steht als Leser etwas hilflos vor
diesem ersten Absatz, in dem die Tatsachen so nüchtern präsentiert
werden. Doch nun geht es erst richtig los, noch leicht unter
Schock nimmt die jüngste Tochter (aus deren Sicht die Geschichte
erzählt wird) uns mit auf die Beerdigung (ausgerechnet am
Geburtstag der ältesten Petra, "schon ein Baby beerdigt und
noch ungeküßt"). Dort geht es weiter mit den Gedanken der Jüngsten,
der ersten Knutscherei von Petra und Silke, der Mittleren, die
beim Spionieren mit der neuen Strumpfhose in der Kloschüssel
landet. Von nun an gibt es kein Luftholen mehr. Ein aberwitziger
Gedanke jagt den nächsten und jede Situation ist surrealer, als
die zuvor. Während der Leser auf den ersten Seiten noch überlegt,
ob man bei einer Babybeerdigung lachen sollte, kann man es sich
einige Seiten weiter schon nicht mehr verkneifen.
Hier rüttelt Susanne Fröhlich
heftig an der Fassade kleinbürgerlicher Spießigkeit ("Wenn
nur alles wieder normal wäre!") und bewegt sich für
zartbesaitete Zeitgenossen manchmal an der Grenze des guten
Geschmacks. Mir als Freund von bissiger Satire, Ironie und
schwarzen Humors, war diese Buch eine echte Überraschung.
Unglaublich so viel beißenden Witz und Gesellschaftssatire bei
einer jungen deutschen Autorin zu finden.
Zum Ende hin, flacht die
Geschichte etwas ab, was aber nur das "normale" Leben
wieder spiegelt. Mal auf, mal ab! Ich habe mich köstlich amüsiert,
war aber auch froh, als es dann vorbei war, denn viel mehr hätte
ich auch nicht mehr ertragen können.
Fazit: Etwas besonderes. Nicht
jeder, dem "Frisch gepreßt" gefallen hat, wird dieses
Buch lieben! (Tara)
Bewertung: ****
( * schlecht / ** ganz gut / *** gut
/ **** spitze)
Infos: Gebundene Ausgabe, 226
Seiten, Eichborn Verlag; 18,90 EUR
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