Zurück zu neuere Bücher Zurück zu Buchbesprechungen Juli 2002
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Skagen, Frederik
Schwarz vor Augen:
Inhaltsangabe:
Ein Mann tritt aus einem belebten Pub auf die Straße hinaus.
Völlig orientierungslos muss er sich eingestehen, das er weder weiß, wo er sich
befindet, noch, wo er hin will.
Auch an seinen Namen kann er sich nicht mehr erinnern.
Seine Vergangenheit ist von einem Augenblick auf den anderen nicht mehr als eine große
Leere: Black Out !
Nachdem er eine Weile grübelnd durch die Stadt gelaufen ist und diese schließlich als
London erkannt hat, stellt er zudem fest, das er zwar die englische Sprache zu beherrschen
scheint, sie ihm aber nicht als die eigene vorkommt.
Erinnerungsfetzen tauchen vor ihm auf, jedoch ohne sie definieren oder in Worte fassen zu
können. Da sie ihm eine unerklärliche Unruhe bereiten, verbannt er sie erst einmal
konsequent aus seinem Kopf.
Als er feststellt, das er weder Ausweispapiere noch Geld bei sich trägt, wird ihm schnell
klar, das er wohl auf die Hilfe von Fremden angewiesen ist:
Aus diesem Grund schließt er sich auf einem Friedhof der Gesellschaft einiger älterer
Herren an, die gerade an der Beerdigung eines Kameraden teilnehmen.
Er stellt sich ihnen als Gordon Bell vor, ein Name, den er im Vorübergehen auf einem
Grabstein gelesen hat.
Wie sich bald herausstellt sind die Männer, die ihn irrtümlich für einen der ihren
halten, "pensionierte" Geheimdienstagenten.
Mit ihrer nicht ganz uneigenützigen Hilfe und Ausreden und Lügen seinerseits, beginnt er
schließlich sich eine neue Existenz aufzubauen: Er sucht sich eine Wohnung, hält sich
mit gelegentlichen Jobs über Wasser und schließt sogar neue Freundschaften.
Dennoch kann er die vagen Erinnerungen an ein schreckliches Ereignis in seiner verlorenen
Vergangenheit nicht so einfach verdrängen:
Eine unklare Vision von einer toten Frau, dem Messer in ihrem Bauch und seinen eigenen
blutüberströmten Händen !
Ihm ist klar:
Um ein neues Leben beginnen zu können, muss er erst die dunklen Schatten in seiner
Vergangenheit klären.
Und irgendwo in derselben Stadt sucht die junge Linda Blix verzweifelt nach ihrem
verschwundenen Ehemann...
Meine Meinung:
Glaubt man im ersten Augenblick, sich in einem äußerst unglaubwürdigen Plot oder
einem ziemlich skurillen Film - Noir zu befinden, wird dieser Eindruck schnell durch die
raffinierte Erzählweise revidiert.
Der Handlungsverlauf beginnt damit, das er interessanterweise aus der Sicht des Mannes
geschildert wird, dessen Erinnerung und Vergangenheit ganz einfach wie weggeblasen
scheint.
Einigermaßen irritiert muss man feststellen, das man gar nicht nachvollziehen kann, warum
dieser völlig verwirrte Mensch sich nicht auf der Stelle auf den Weg zur nächsten
Polizeistation macht, oder sich nicht zumindest kompetente Hilfe für solche Fälle von
Amnesie sucht.
Stattdessen erfährt der Leser Kapitel für Kapitel, abwechselnd aus der Sicht von Gordon
Bell und Linda Blix geschildert, bruchstückhaft und häppchenweise eine raffinierte
Story, die keinerlei Rücksicht darauf nimmt, das die Handlung an manchen Stellen ein
wenig Plausibilität vermissen lässt.
Auch wenn die Handlung keine nennenswerten Spannungsbögen oder überraschenden Wendungen
bereithält, schafft sie es dennoch, den Leser in eine fesselnde Geschichte ohne jegliche
Längen hineinzuziehen.
Die Figuren bleiben zwar angenehm überschaubar, lassen jedoch einen aus meiner Sicht
erforderlichen Tiefgang der Charakterzeichnung vermissen, der bei solch einem
psychologisch vorbelasteten Thema angebracht schiene.
Für ein entspanntes Lesewochenende kann ich dieses Buch allemal empfehlen. Der
überraschende und überzeugend logische Schluß, macht einige Schwachstellen wieder wett.
(Kerstin)
Bewertung: * * *
( * schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)
Infos: 318 Seiten, gebundene Ausgabe, Diana Verlag, 19,95 EUR