1ADIMD5.gif (12828 Byte) Zurück zu neuere Bücher          Zurück zu Buchbesprechungen August 2001

_______________________________________________________________________________

 

Zeller, Eva

Das versiegelte Manuskript:

 

Inhalt: 

"Es ist eigentlich völlig unmöglich,
daß dieses schneidende,
dieses leidende Bewußtsein plötzlich einfach erlischt
und aus der Welt verschwindet."
(Imre Kertèsz, Kaddisch)

"Der breite Fluß lag weiß und gefroren da wie die in Schweigen verfallene Zunge eines Erdteils."
(Joseph Brodsky, Erinnerungen an Leningrad)

Auf dem großelterlichen Speicher findet Bea vergilbte Aufzeichnungen einer Frau, die gemeinsam mit ihrer Mutter in einem sibirischen Lager eingesessen hatte. Erst ein halbes Jahrhundert später erfährt Bea nun, was ihre Mutter vor ihrem Tod in dem   Lager erlebt und erlitten mußte. Doch sie kann mit niemanden darüber sprechen.

Kurz darauf lernt sie den introvertierten Juden Jakob Stern kennen, der als einziger seiner Familie in einem Versteck den Holocaust überlebt hat. Es beginnt eine schwierige Liebesgeschichte, denn Jakob findet zunächst keine Sprache für das Erlittene. Eine gemeinsame Reise nach St. Petersburg bricht das Schweigen. Erst durch diese Annäherung aneinander, und auch an das tabuisierte Thema, wird gegenseitiges Verständnis und eine gemeinsame Bewältigung der schwierigen Vergangenheit möglich.

 

Meine Meinung: 

Ich zitiere eine so finde ich besonders bewegende Stelle aus dem Feldpostbrief von Beas Vater an ihre Mutter:

"Als ich gestern wieder abfahren mußte, brach mir fast das Herz. Künftig darfst du mich nicht wieder zum Bahnhof begleiten. Diese Abschiede sind zu schrecklich. Als der Zug abfuhr, sah ich Dich dastehen, die Dampfwolken der Lokomotive verhüllten Deine Beine, dann wieder Deinen Leib, Dein Gesicht, oder Dein leuchtendes Haar, so daß ich Dich nicht nur kleiner werden, sondern zerstückelt sah. Als der Rauch verflog, konnte ich Dich in der Menschenmenge auf dem Bahnsteig nicht mehr erkennen. Die ersten Tage nach unseren Trennungen sind die schlimmsten, da weiß ich überhaupt nicht, wie ich mich wieder wappnen und stählen und an den ganzen Stumpfsinn gewöhnen soll. Ich habe immer noch den Klang Deiner geliebten Stimme im Ohr, berge immer noch mein Gesicht in deinem Haar. Alle meine Schwächen können sich an Dich anlehnen und meine verletzlichen Seiten sind durch Dich geschützt..."

Dieses Buch, ist nach Leo Kaplan von Leon de Winter ein ***** Buch, daß absolut zu empfehlen ist.

Fazit: Dieses Buch hat mich sowohl vom inhaltlichen, als auch vom sprachlichen Ausdruck her tief beeindruckt und berührt. Es wirkt lange nach, indem es zum Nachdenken anregt, über Liebe und Vertrauen, Leiden und Schuld. Ein Buch gegen das Vergessen und eine klare, ausdrucksstarke Stimme gegen das Verstummen in der heutigen Zeit. (Doris)

 

Bewertung: * * * * (schade dass es hier nur höchstens 4 Sterne gibt!)

( * schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

ButtonB1.gif (3901 Byte)

Info: Taschenbuch Piper Verlag 17.90 DM 202 Seiten