Die Stadtbücherei

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Re: Die Stadtbücherei

Beitragvon Fevvers » Do 12. Apr 2012, 19:28

Hallo zusammen

Mit großem Interesse habe ich Eure Erfahrungen nachgelesen. Die Bibliothekslandschaft ist wirklich vielfältig, ebenso die individuellen Bedürfniss der KundInnen.

Ich komme soeben vom ersten Besuch in "meiner" Bibliothek am neuen Wohnort zurück. Es handelt sich um eine kombinierte Schul-und Gemeindebibliothek. Mein erster Eindruck: klein - aber fein, sowohl was das Angebot als auch die schöne Inneneinrichtung anbelangt. Mit ca. 2 Medien pro Einwohner ist der Bestand quantitativ ok und er wirkt sehr gepflegt. Der Fokus liegt eindeutig auf Büchern, die sog. Non-Books sind unterrepräsentiert. Das ist nicht zeitgemäß, aber bei einem kleinen Bestand muss man eben Schwerpunkte setzen. Kaffee gibt's zum Selbstkostenpreis (Nespresso Maschine). Über's Jahr verteilt gibt es verschiedene Veranstaltungen (Lesungen, Biblikafi, Tauschbörse, Leseförderung für Kleinkinder).

Minuspunkte gibt's leider für die bescheidenen Öffnungszeiten (lediglich 10 h/Woche und nicht unbedingt für Berufstätige geeignet), Pluspunkte für die Gebühren (Bücherausleihe gratis, geringe Mahngebühren, die Kommune steht finanziell gut da, schön, dass sich das im Kulturbereich niederschlägt).

An jedem neuen Wohnort habe ich so ziemlich als erstes nach der nächst gelegenen Bibliothek Ausschau gehalten. Als Erwachsene habe ich ausschließlich gute Erfahrungen mit Bibliotheken gemacht, wissenschaftlichen wie öffentlich-kommunalen, als Kind und Jugendliche ziemlich schlechte. Der Bücherbus kam unregelmäßig und wurde irgendwann eingestellt, die "Kreisbücherei" war veraltet, das Personal entsprach den gängigen Klischees (verstaubt, streng, bildungsbürgerlich-missionarisch). So habe ich dort irgendwann nichts mehr ausgeliehen und bin als Teenie wie so viele andere zum "Bibliotheksflüchtling" geworden.

Moderne öffentliche Bibliotheken sind inzwischen weit mehr als ein Ort, wo man mal eben ein paar Bücher ausleiht, und stehen angesichts der gesellschaftlichen und technischen Entwicklungen vor großen Herausforderungen. Das erfordert qualitfiziertes Personal, was entsprechend honoriert werden sollte. Ehremamtliche Tätigkeiten - in kleinen Bring- und Holbibliotheken mag das noch gehen - wirken sich eher nachteilig aus. Nicht nur, was das Image der vielerorts engagierten und innovativen BibliothekarInnen anbelangt, sondern auch in Bezug auf die kommunalen Verwaltungen, wo oft noch die Meinung herrscht, man könne ein paar Hausfrauen, die gerne lesen, schlecht bezahlt an die Ausleihe setzen und das reiche aus.
Liebe Grüße, Fevvers

Ich lese gerade: Florian Illies, 1913 (S.Fischer)

Wenn ein Buch und ein Kopf zusammenstoßen und es klingt hohl, ist das allemal im Buch?
(G.C.L.)
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Re: Die Stadtbücherei

Beitragvon NatiFine » Fr 13. Apr 2012, 07:56

Fevvers hat geschrieben:....die Kommune steht finanziell gut da, schön, dass sich das im Kulturbereich niederschlägt).

An jedem neuen Wohnort habe ich so ziemlich als erstes nach der nächst gelegenen Bibliothek Ausschau gehalten.

.....(verstaubt, streng, bildungsbürgerlich-missionarisch).

Moderne öffentliche Bibliotheken sind inzwischen weit mehr als ein Ort, wo man mal eben ein paar Bücher ausleiht, und stehen angesichts der gesellschaftlichen und technischen Entwicklungen vor großen Herausforderungen. Das erfordert qualitfiziertes Personal, was entsprechend honoriert werden sollte.

..... wo oft noch die Meinung herrscht, man könne ein paar Hausfrauen, die gerne lesen, schlecht bezahlt an die Ausleihe setzen und das reiche aus.


Hallo zusammen,
liebe Fevvers

mit großem Interesse habe ich die Erfahrungen von Fevvers gelesen und möchte sehr gerne auf einige Gesichtspunkte eingehen.

Ich denke, dass die wirtschaftliche Situation der Städte und Gemeinden sich auch stark auf das kulturelle Angebot, in diesem Fall die Büchereien, auswirkt. Der Stadt, in der sich "meine Bücherei" befindet geht es so gut, dass es keine Leerstände im Einzelhandel gibt. Das sagt in unserer Zeit viel über die wirtschaftliche Situation und die Kaufkraft ihrer Bürger aus. Diese Bürger legen offensichtlich so großen Wert auf das kulturelle Angebot, dass diese Literatur-Rundum-Versorgung bestandsmäßig und personell geleistet werden kann.

Ich entnehme Fevvers, daß sie auch des öfteren umzieht und somit Erfahrungen gesammelt hat. Das kenne ich! Ich ging auch, jedes Mal, nachdem ich durch den Umzugsstress durch war, in die örtl. Büchereien. Dabei habe ich auch andere, gute Erfahrungen gemacht. Bis auf die kleine Großstadt, und das möchte ich hier nicht unerwähnt lassen, in der ich als Kind in den 50er Jahren schon so unfreundlich behandelt wurde. Ende der 1980er Jahre, wieder zurück im Rheinland, wäre diese Stadtbücherei alternativ für mich auch in Frage gekommen.
Ich ging mit Ruhe und Zeit hin und was geschah? Gähnende Leere zwischen den Regalen, Totenstille in den Räumen, unfreundliches und überhebliches Personal. Der Geist war der alte. :x Das brauche ich mir nicht zu geben! Diese Bücherei sieht mich nie wieder! Heute kann ich selbstbewusst sagen, dieser Bücherei gab ich eine 2. Chance, vergebens.

In "meiner Bücherei" sieht und hört man :D Kinder jeden Alters in der Kinderecke im Eingangsbereich. Es ist nicht mucksmäuschenstill! Hier ist das Leben! :D Je weiter man in den Räumlichkeiten durchgeht, je ruhiger wird es , aber es wird nie geflüstert. Ich empfinde das als sehr angenehm, denn es gibt eine Etage höher einen Lesesaal, den man aufsuchen kann, wenn man die Stille sucht.

Um eine Bücherei in diesem Geist mit Wohlfühlcharakter aufzubauen braucht man Geld, Kreativität und Mitarbeiter die motiviert und gut bezahlt werden. Diese Arbeit wird dann auch mit hohen Besucherzahlen und Ausleihen belohnt.

Ich kenne diese Situationen auch. Man ist neu zugezogen, leiht einige Male Bücher aus und wird dann angesprochen ob man nicht Zeit und Lust hätte zu helfen. Dieses Engagement der Frauen ist wichtig und lobenswert, keine Frage!
Es kann aber kein vollwertiger Ersatz für eine professionell und gut geleitete Bücherei sein.

Liebe Grüße
NatiFine
Liebe Grüße
Renate

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Re: Die Stadtbücherei

Beitragvon Sandra » Fr 13. Apr 2012, 21:02

wo wir grad drüber sprachen..... :D heute kam ein Brief von "meiner" Büchereie, in dem weitere Neuerungen angekündigt werden. Verlängerung der Leifristen, Ausleihen von Blurays, Erinnerungen an Abgabe oder Verlängerung per Email, bis zu 70 (!) Medien können gleichzeitig geliehen werden. Na denn...ob ich die in 4 Wochen schaffe? :mrgreen:
Aber alles in allem: sehr positiv diese Entwicklung!

lg
Sandra
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