Hallo zusammen
@MariaJMaria hat geschrieben:Raoul Schrott ist ein interessanter Mann; hochintelligent und schlagfertig. Wie habe ich über die "hängenden Gärten der Semiramis" lachen müssen

Ja, das finde ich auch! Und er kann Houellebecq, Hustvedt, Virginia Woolf und Rosamunde Pilcher in einem Satz unberbringen. Alle Achtung! *g*
JMaria hat geschrieben:Ich kenne von ihm "Die Erfindung der Poesie"; am besten von ihm selbst vortragen lassen (Hörbuch); er bespricht die Anfänge der Poesie und spricht Gedichte auf sumerisch, griechisch, lateinisch, arabisch... führt bekannte und unbekannte Dichter ein. Es ist wirklich ein Genuß ihm zuzuhören.
Das klingt fantastisch! Vielleicht sollte ich mein zwiespältiges Verhältnis zur Lyrik offensiv angehen. Hier und da finde ich Gefallen daran, 'zwischendurch', etwa an den Sprachspielereien von Ernst Jandl oder den witzig-ironischen Gedichten von Robert Gernhardt. Auch klassischen Balladen oder antiken Epen in Versform kann ich einiges abgewinnen und habe sogar gern römische Lyrik übersetzt. Ich mag gebundene Sprache, etwa in Theaterstücken. Ich glaube, der pädagogische Zwang zur 'Gedichts-Einheitsinterpretation' hat mir iim Deutschunterricht einen Großteil meines unbefangenen Interesses genommen. Zeitgenössiche Lyrik kenne ich fast gar nicht.
JMaria hat geschrieben:Zum Thema "Verflachung der Literatur"; so bleibt diese nicht aus, kann es garnicht, bei der Menge die täglich herausgebracht wird. Man spricht ja auch gern von einem Bücherdschungel.
Für mich ist die tendenzielle "Verflachung" - eine solche ist längst nicht nur im Bereich Literatur wahrnehmbar - nicht allein eine Frage des (über-)großen Angebots, sondern eher eine der Auswahl. Vielleicht auch des Zeitgeists. Große Verlage und große Buchhandelsketten setzen nun mal auf das, was marktwirtschaftlich Erfolg verspricht (Stichwort "Vampire" oder im Thrillerbereich die unzähligen Variationen von "Mann quält Frau"). Das ist ok, solange ausreichende "Gegengewichte" vorhanden sind. Und die haben es immer schwerer, gehört und gelesen zu werden. Deshalb ist es so wichtig, dass es Fernsehsendungen wie den "Literaturclub" gibt, die ihren ZuschauerInnen etwas zutrauen und zuweilen zumuten. So erfüllen wenigstens einige wenige Fernsehsender ihren Kultur- und Bildungsauftrag, wenn auch oft erst nach 22 Uhr. (Ja, manchmal bin ich Kulturpessimistin.)
JMaria hat geschrieben:und das Thema "Frauen lesen anders als Männer" empfinde ich bereits als langweilig; darüber ist soviel gesagt und geschrieben worden und wird stark instrumentalisiert wenn Meinungen auseinander gehen.
Mich langweilt das ebenfalls, vor allem, wenn es als Totschlagargument eingesetzt wird. Das ergibt dann Pseudo-Gender-Diskussionen. Ich glaube, dass ein Roman wie "Der Sommer ohne Männer" vom Thema her eben mehr Frauen im Alter der Protagonistin anspricht als gleichaltrige Männer.
JMaria hat geschrieben:zu Stefan Zweifel:
Fevvers, war sein Augenrollen nicht herrlich
Es war entzückend. Und wie immer authentisch. *bg*
JMaria hat geschrieben:Interessant auch der Hinweis am Schluß der Sendung über "Finnegans Wake" von James Joyce und der Literaturgruppe, die jeden Mittwoch in Zürich, im Strauhof, zusammenkommt. Elf(!) Jahre brauchen sie um das Buch durch zustudieren. Wahnsinn!! Und das auch noch auf Englisch ! Das sind Höhen die ich nie erreichen werde, also kein Flow-Erleben, weil es mich überfordern würde, doch bleibt meinerseits Bewunderung bestehen und etwas Neid, der nicht weh tut

Es gibt auch eine wöchentliche "Ulysses"-Gruppe. Da könntest Du durchaus mithalten! Bei der Lektüre hatten wir damals aber einen "Flow", oder?! (Ich glaube, das wird mein neuer Lieblingsbegriff.)
@PetraPetra hat geschrieben:Aber ein Aufruf, dass es nicht nur die Unterhaltung gibt, sondern auch so viel lohnenswertes, was es zu entdecken gibt, finde ich gut und wichtig. Denn manch einer traut sich vielleicht an anderes nicht heran. Vielleicht hat Stefan Zweifel sogar damit recht, dass man befürchtet, nicht alles zu verstehen. Aber ich stimme mit ihm überein: Wenn man was nicht versteht, ist das oft gar nicht schlimm. Und viele unterschätzen sich da gewiss auch.
Ein Kritiker kann in einer solchen Sendung zur literarischen Qualität Stellung beziehen, ohne gleich gelyncht zu werden. Versuch das mal selbst und woanders und Du beziehst Prügel wegen vermeintlicher intellektueller Dünkel oder Arroganz. Irgendwer fühlt sich immer beleidigt. Ich freue mich über Platformen wie dieses Forum, wo auch die das Gehirn fordernde Literatur ihre LeserInnen findet, die Spaß am Denken haben.
@BinchenBinchen hat geschrieben:Spannend, was Frau Raddisch und die drei Männer dazu so zu sagen haben. Allerdings hätte ich mich in so einer Diskussion ganz ganz klein gefühlt.
Weshalb?