Hallo zusammen,
Petra hat geschrieben:Briefwechsel, finde ich, eignen sich auch immer gut als Hörbuch-Version.
Stimmt, man könnte hier Hölderlins
Hyperion nennen, wovon es eine ausgezeichnete Lesung von Reiner Unglaub gibt, und auch den sehr umfangreichen Briefroman
Aristipp von Wieland, dessen Lesung (auf 24 CDs) von Jan Philipp Reemtsma sehr hörenswert ist, sofern man einmal die Muße findet, sich dieses Werk zu Gemüte zu führen.
Eine Erzählung, die einige hier im Forum schon kennen:
Das Jagdgewehr von Yasushi Inoue, wo ein Geschehen durch drei Briefe, die von unterschiedlichen Frauen geschrieben wurden, geschildert und ausgeleuchtet wird.
Die von Maria erwähnten "24 Stunden im Leben einer empfindsamen Frau" klingen sehr interessant; ein gebrauchtes Exemplar, das ich am Wochenende bei Amazon bestellen wollte, hat mir aber jemand vor der Nase weggeschnappt. Wer war das!? *g* "Komtesse Muschi" habe ich ebenfalls noch nicht gelesen, da werde ich mir mal einen antiquarischen Band von Ebner-Eschenbach besorgen, in dem diese Erzählung enthalten ist.
Heutzutage ziemlich vergessen, aber seinerzeit ein Skandalerfolg: die in Briefform verfaßte Erzählung
Nixchen (aus dem Jahr 1899), die unter dem männlichen Pseudonym
Hans von Kahlenberg erschienen ist, wohinter sich die Schriftstellerin Helene Keßler (1870-1957) verbarg. Das Buch oder Büchlein (es hat je nach Ausgabe um die 120 Seiten) besteht aus dem Briefwechsel zweier befreundeter Männer: der eine hat ein sechzehnjähriges Mädchen aus guter Familie kennengelernt und will sie heiraten, er ist ganz entzückt von der Naivität dieses "jungen Geschöpfchens" und ist begierig, sie zu bilden und in die große Welt einzuführen; eine ironische Verkörperung des bekannten Klischees: Älterer erfahrener Mann heiratet junge unbedarfte Frau, die dann vom Mann zu einem vernünftigen Menschen erzogen werden muß. Die Briefe des anderen Mannes zeigen zwar eine etwas realistischere Sicht der Frauen, aber auch sie sind nicht frei von Klischees: Frauen sind für ihn listige Verführerinnen, die die Männer um den Finger wickeln, weshalb sie gute Geliebte sein können, aber eben keine treuen Ehefrauen.
YvonneS hat geschrieben:Choderlos de Laclos: Gefährliche Liebschaften
John Cleland: Fanny Hill
Ja, "Gefährliche Liebschaften" ist wirklich ein echter Briefroman-Klassiker, den ich leider noch nicht gelesen habe, muß ich unbedingt noch nachholen.
Bei "Fanny Hill" muß man einschränken, daß die Titelfigur ihr Leben zwar in zwei Briefen beschreibt, aber diese beiden Briefe sind so lang, daß das ganze dann doch eher einer Ich-Erzählung gleicht als einem Brief. Aber formal gesehen, ist es natürlich ein Briefroman.
Es gibt übrigens auch einen deutschen Briefroman, der dem gleichen Genre wie "Fanny Hill" angehört: der 1789 erschienene Briefroman "Priaps Normalschule, die Folge guter Kinderzucht" von Karl Timlich. Einer der wenigen deutschen erotischen Originalromane aus dieser Zeit, der allerdings jede Eleganz vermissen läßt und das alte Vorurteil bestätigt, daß Deutsche keine begnadeteten Erotiker sind.

In der Volltextsammlung von
http://www.zeno.org ist dieser Roman enthalten, er kam auch erst kürzlich wieder in Buchform heraus:
http://www.aufbauverlag.de/index.php4?p ... show=19007Ist aber nichts für feinsinnige Gemüter, eigentlich nur noch für literaturhistorisch oder sprachgeschichtlich interessierte Leser von Wert, man findet darin beispielsweise den ältesten mir bekannten Beleg für "nageln" im obszönen Sinne, der selbst im größten deutschen Belegwörterbuch, dem Grimmschen Wörterbuch, nicht verzeichnet ist.

Der älteste dort angegebene Beleg dafür stammt aus dem 19. Jh.
Schöne Grüße,
Wolf