Hallo Doris, Rachel und Binchen,
Zu "Rettungslos": Binchen, das hast Du aber schön beschrieben! Ich konnte mir genau vorstellen, was einem beim neuen van der Vlught erwartet, oder eher: nicht erwartet!
Den spare ich mir! Zumal Dein Mann, Doris, das auch noch bestätigt, was Binchen schreibt! Wenn ein Buch nicht mehr zu bieten hat als das was im Klappentext steht, dann will ich das gar nicht lesen! Danke also für die zweifache Warnung! Ich war eh schon etwas vorsichtig, weil ich schon das Buch vor "Rettungslos" ("Finsternis") inhaltlich sehr merkwürdig fand (zum Glück hatte ich auch da erst mal die Meinungen anderer vorsichtig abgewartet, denn die Inhaltsangabe klang für mich so gewöhnlich) und mir Gedanken gemache, ob Simone van der Vlught es hätte vielleicht vorerst bei den beiden ersten Thrillern belassen sollen. Wie schön, dass ich "Schattenschwester" noch vor mir habe. Und wie schade, dass sie im Moment nichts wirklich neues und gutes zu bieten hat!
Zu "Die 7. Stunde": Binchen, das habe ich auch als Hörbuch. Wenn Du es Samstag mal zur Hand nehmen magst, wenn Ihr zum stricken zu mir kommt...?
Mich hat Doris auf den Thriller auch sehr neugierig gemacht. Aber ich habe mich fürs Hörbuch entschieden, da ich noch so viele Krimis und Thriller zu lesen habe, die ich im Augenblick vorziehen würde, weil sie noch lauter schreien. Ich hoffe, es ist gut gelesen.
Zu Wally Lamb: Doris, von Wally Lamb habe ich mal "Die Musik der Wale" gelesen. Hat mir gefallen. Und den zweiten Roman "Früh am Morgen beginnt die Nacht" von ihm habe ich als Hörbuch gehört. Hat mir auch gefallen. Aber Du hast schon recht: Es gelingt ja nicht immer, eine wirklich spannende und unterhaltsame Geschichte zu erzählen, die so lang ist. Berichte bitte, ja? Und ich wünsche Dir, dass Wally Lamb seine Sache gut macht. Die Inhaltsangabe hat mich jedenfalls gerade sehr neugierig gemacht. Danke dafür!
Zu "Das Familientreffen": Ich bin inzwischen zur Hälfte durch. Es gefällt mir weiterhin, auf eine sehr eigene Art. Aber ich finde durchaus auch, dass es Längen hat. Ähnlich den Längen, die ich bei Isabel Bolton empfand. Anne Enright schreibt (scheinbare) Belanglosigkeiten sehr detailliert. Das gehört auch ganz sicher zur Geschichte. Aber man braucht, so finde ich, schon auch Geduld und den richtigen Zeitpunkt, an dem man zu dem Buch greift. Ich kann mich schon besser auf dieses "Geplätschere" einlassen als noch in der Zeit, als ich "Der Weihnachtsbaum" las. Aber so ganz 100% ist meine innere Ruhe, die ich für so etwas brauche, noch nicht wieder da. Somit "belastet" mich das Geplätschere stellenweise schon noch ein wenig.
Aber keineswegs so, dass es mich gegen das Buch einnimmt. Zumal ich die Schuld hier in mir zu finden glaube und nicht bei Anne Enright.
Soviel zu dem Punkt, der es mir mit dem Buch ein wenig schwer macht.
Aber nun zu den positiven Seiten, die hier eindeutig überwiegen:
Es ist ein besonderes Buch. Eines, das auf besondere Weise erzählt wird. Mir gefällt nach wie vor sehr, wie Anne Enright die Erinnerungen von Victoria fließen lässt. Die sich oft als erfundene Erinnerungen entpuppen. War es so? Oder war es nicht so? Die Erinnerung kann kein klares Bild erzeugen. Das bringt Anne Enright ganz einzigartig herüber, wie ich finde.
Ebenso den Zorn, der immer wieder in Victoria aufflackert. Den plaziert sie sehr gekonnt und eindrucksvoll! Ebenfalls auf eine indirekte Art.
Besonders gefallen mir die Stellen aus der Jetzt-Zeit. Schwerer macht Anne Enright es mir nur mit den Rückblenden zu der Geschichte von Ada, Vicotrias Großmutter. Weil sie diese Erinnerungen mit (scheinbaren) Belanglosigkeiten ausmalt. Das gehört einwandfrei dazu... aber hier fällt es mir manchmal etwas schwer. Aber ich bin außerordentlich gespannt, was Victoria und Liam in dem Sommer dort erlebt haben, das Jahrzehnte später - indirekt - Liam das Leben gekostet hat.
Unvergesslich und wertvoll sind manche Sätze. Anne Enright beleuchtet manche Szene, manches Handeln, manchen Gedanken so brillant, dass es einfach bewunderswert ist. Diese Sätze funkeln aus dem Geplätscher heraus und lösen sehr eindrucksvolle Empfindungen beim Lesen aus.
Meine Fragen an Euch:
Doris, was hat Dir so ausgesprochen gut an "Das Familentreffen" gefallen? Magst Du es auch ein wenig in Worte fassen? Ich wäre sehr an DEINEN Eindrücken interessiert.
Rachel, was war es, was Dich beim reinlesen so abgeschreckt hat? Ich kann mir einige Dinge vorstellen, würde es gern aber genau wissen, was es bei Dir war.
Gerade bei einem solchen Buch ist es mal wieder wunderschön und wertvoll, dass wir uns hier austauschen können!
Doris hat geschrieben:Familientreffen ist ein sehr intensives Leseerlebnis und regt sehr zum Nachdenken an. Es ist eines der Bücher, denen schwer ein anderes folgen kann.
Ich freue mich aber sehr, dass du so viel Freude beim Lesen hast.
Vielleicht ändert sich das noch (weil das Leseerlebnis - kann ich mir gut vorstellen - noch intensiver wird und mich am Ende nicht recht loslässt, weil es so viel in einem auslöst/freisetzt), aber im Moment wüsste ich ganz genau, zu welcher Art Buch ich danach greifen würde. Zu einem Krimi oder einem Thriller. Am liebsten einen kürzeren. Denn ich brauche danach, meine ich, etwas, was ich einfach so - spannungsvoll - weglesen kann. Etwas, bei dem ich einer Figur einfach nur "folge", aber nicht selbst so viel in mir freigesetzt wird wie bei "Das Familientreffen".
Aber wie gesagt: Diese momentane Lust kann sich noch verändern, je nachdem wie wenig mich "Das Familientreffen" am Ende loslässt!
Tatsache ist jedenfalls, dass ich merke, dass ich immer weiter und weiter lesen will. Trotz des teils belanglos erscheinenden Geplätschers im Fluss der Erinnerungen. Sonst wäre ich nicht innerhalb von 5 Tagen schon durch das halbe Buch durch!

Ich freue mich schon aufs Weiterlesen! Nachher in der S-Bahn. Und dann noch ein Stückchen zu Hause!
