Kurz-Biografien von Autoren

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Tove Ditlevsen

Beitragvon Didonia » Di 7. Mär 2023, 10:32

dänische Schriftstellerin
geb. 14.12.1917 in Kopenhagen
gest. 07.03.1976 in Kopenhagen

Schreiben heißt, sich selbst auszuliefern, sonst ist es keine Kunst. Man muss das verschleiern, aber letzten Endes schreibt man doch immer über sich selbst.

Tove Ditlevsen, Kindheit


Tove Ditlevsen entstammte aus dem Kopenhagener Arbeitermilieu des Stadtteils Vesterbro. Sie ging mit vierzehn Jahren von der Schule ab, verließ mit siebzehn ihr Elternhaus und arbeitete als Dienstmädchen und Bürogehilfin. Schon während der Schulzeit schrieb sie Gedichte, für damalige Zeiten recht erotische Gedichte.

Ihr erster Ehemann war der Schriftsteller und Journalist Viggo Frederik Møller und er war dreißig Jahre älter als sie. Er veröffentlichte 1937 eines ihrer Gedichte in seiner Literaturzeitschrift Wilder Weizen. Im Jahr ihrer Hochzeit (1939) debütierte sie mit der Gedichtsammlung Pigesind (Mädchensinn).

Später folgten drei weitere Ehemänner: Ebbe Munk (1916–1970), mit dem sie eine Tochter hatte: Helle Munk (1943–2008); Carl T. Ryberg (1945–1950), mit dem sie einen Sohn hatte: Michael Ryberg (1946–1999); und Victor Andreasen (1951–1976), mit dem sie einen Sohn hatte: Peter Andreasen (geb. 1954).

Durch Carl T. Ryberg, Arzt von Beruf, geriet sie in eine der verhängnisvollsten Perioden ihres Lebens. Bei einer Abtreibung gab er ihr ein schmerzstillendes Mittel, von dem sie dann jahrelang abhängig war. Ihr vierter Ehemann Peter Andreasen half ihr, davon loszukommen.

Ihre Romane sind zumeist autobiografisch. Sie schreibt über ihre Jugend im Arbeitermilieu, das Scheitern ihrer Ehen, persönliche Krisen wie Selbstmordgedanken, Sucht, Entzug und Schwangerschaftsabbrüche.

Tove Ditlevsen schreibt über die Gefühlswelt und Schicksale von Kindern, Mädchen und jungen Frauen, wobei es fast immer um ihre eigenen seelischen Konflikte ihrer Kindheit und Jugend geht. Über ihre Kindheit erzählt sie hauptsächlich Negatives. Von der Mutter fühlt sie sich ungeliebt und sie dachte immer, sie sei ein ungewolltes Kind. Das löst Ängste aus.

Mein Verhältnis zu ihr ist eng, qualvoll und unsicher, und nach Zeichen von Liebe muss ich immer suchen. Alles, was ich tue, dient dazu, ihr zu gefallen, sie zum Lächeln zu bringen, ihren Zorn abzuwenden. Das ist eine mühsame Arbeit, weil ich gleichzeitig so viele Dinge vor ihr verbergen muss.


Aus: Kindheit

Als Erwachsene Frau focht sie einen inneren Kampf zwischen ihrer konventionellen Rolle als Ehefrau und Mutter und ihrem starken Wunsch zum Schreiben aus. Flucht vor dem Abwasch nannte sie es mal scherzhaft. Jedoch das Schreiben war noch mehr eine Flucht vor dem Leben.

Sie schrieb so offensichtlich über ihr Leben und ihre Beziehungen, dass sie später dafür harsche Kritik einstecken musste. Andererseits war sie mit ihren Erzählungen, Romanen und Gedichten immer eine beliebte Schriftstellerin. Dazu trug wohl auch bei, dass sie geschickt mit den Medien umgehen konnte. Unter anderem war sie die "Briefkastentante" von Dänemarks bekanntesten Illustrierten.

Die norwegische Liedermacherin Kari Bremnes produzierte 1987 ihre erste CD mit Vertonungen von Ditlevsens Gedichten.

Am 8. März 1976 fand man ihre Leiche; Tove Ditlevsen starb durch eine Überdosis Schlaftabletten. Es war für sie der letzte Ausweg aus einer unerträglich gewordenen Wirklichkeit.

Ihre letzte Ruhe fand sie auf dem Vestre Kirkegård in Kopenhagen neben ihrem Sohn Michael Ryberg, der 1999 bei einem Autounfall starb.
Lesende Grüße, Anne

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Dora Alonso

Beitragvon Didonia » Di 21. Mär 2023, 10:31

Die kubanische Journalistin und Schriftstellerin Dora Alonso, eigentlich Doralina de la Caridad Alonso Pérez, lebte vom 22. Dezember 1910 bis zum 21. März 2001. Ihre ersten Schreibversuche tat sie schon während der Schulzeit. 1933 wurde sie Redaktionsmitglied der Zeitung Prensa Libre. Ein Jahr später schloss sie sich der anti-imperialistischen Organisation Joven Cuba an und lernte dort auch den Revolutionär Constantino Barredo Guerra kennen, mit dem sie bis 1938 eine Beziehung (einschließlich gemeinsamer revolutionärer Aktivitäten) hatte. Ab 1942 begann sie bei der Zeitschrift Lux, die ihre ersten Interviews mit mehreren Persönlichkeiten und politischen Persönlichkeiten wie Ti Tsun Li (chinesischer Botschafter in Kuba ) und dem chilenischen Dichter Pablo Neruda enthielt.
Dora Alonso schrieb für verschiedene Radiosender und es folgten erste Kinderbücher. Ihre beiden Romane Tierra brava und Soy el Batey wurden verfilmt. Sie schrieb Theaterdrehbücher für das kubanische Puppentheater Pelusín del Monte, eine kubanische Fernsehshow.

Für ihre Kinderbücher war Dora Alonso bekannt, sie wurden übersetzt und in verschiedensten Ländern vertrieben.

Eines ihrer berühmtesten Bücher, Das Jahr 1961, schildert ihre Erfahrungen während der Invasion in der Schweinebucht als Kriegsberichterstatterin in Playa Girón, Kuba. Es wurde mit dem Casa de las Américas Award ausgezeichnet.

Den Sprung nach Deutschland hat die Autorin anscheinend nicht geschafft. Ich habe keine ins Deutsche übersetzte Bücher von ihr finden können. Ein Text hat es allerdings in die DDR-Reihe Erkundungen geschafft: 33 kubanische Erzähler, 1976 erschienen im Verlag Volk und Welt.

Leseprobe

Die Augen Simóns
Als Simóns Mutter, eine friedfertige N*** mit ungebändigtem Kraushaar, starb, erbte er das Zimmer. Am anderen Tag kehrte er das Unterste nach oben, in der Hoffnung, etwas mehr zu finden als den geflickten Thronhimmelaltar aus indigoblauem Atlas, von dem die mit Perlenschnüren behangene Jungfrau von Regla mit verständnisvollen Augen herabblickte. Das ganze Erbe war der Schaukelstuhl der verstorbenen Santera, ihr Weihkörbchen voller Kultgegenstände, das Bett mit der geblümten Decke, Spirituskocher, Kochtopf, der Tisch und eine Petroleumlampe mit verräuchertem Zylinder, bedeckt mit schläfrigen Fliegen.
Von der Brücke, die die Stadtteile Marianao und La Lisa miteinander verbindet, ist die unregelmäßig gestreute Häuseransammlung gut zu sehen. Hier wurde Simón geboren, und er empfand die ganze Umgebung als Teil seines Zuhause: Buschwerk, Gemeinschaftshöfe und die Pfützen des wasserarmen Flusses, wo die Anlieger den Müll hineinkippten, tauchten und Krabben fingen...


Der kubanische Schriftsteller, Blogger, Journalist und Fotograf Orlando Luis Pardo Lazo liest Dora Alonso (29. Juli 2021) (leider nicht auf Deutsch): https://youtu.be/Q4Z09-6SppU
Lesende Grüße, Anne

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Re: Kurz-Biografien von Autoren

Beitragvon JMaria » Do 18. Mai 2023, 12:59

Kürzlich hat Didonia eine Kurzbiografie über die Autorin Tove Ditlevsen hier eingestellt:
viewtopic.php?f=2&t=1885&p=70934&hilit=Ditlevsen#p70934

Hier geht’s zu einem Artikel im Spiegel. Es wird ein Erzählband herauskommen und was noch interessanter ist, dass im Herbst eine Biographie angekündigt wird:

https://www.spiegel.de/kultur/literatur ... 756f2a5760

:daumen_hoch:
Schöne Grüße, Maria
Aktuell:

Cecile Wajsbrot: Nevermore
Barbi Marković: Minihorror (ebook)


Jahresprojekt: Günter Grass + Franz Kafka
Harro Zimmermann: Günter Grass. Biographie
Franz Kafka: Briefe an Felice Bauer


Sie schaffen eine Wüste und nennen das Frieden ( Tacitus )
Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen (Johann Wolfgang v. Goethe)
Das Leben und dazu eine Katze, das ergibt eine unglaubliche Summe (Rainer Maria Rilke)
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Re: Kurz-Biografien von Autoren

Beitragvon JMaria » Sa 24. Feb 2024, 13:21

Hallo zusammen,

es ist schon erstaunlich, dass Newark (New Jersey) einige berühmte Schriftsteller hervorbrachte. Mir fiel es beim Lesen der Bücher von Paul Auster und Philip Roth auf und habe mal nachgeforscht. Dabei kam heraus, dass es doch nicht ganz so erstaunlich ist, denn im 19. Jahrhundert siedelten sich viele Deutsche und Ostjüdische Einwanderer und im 20. Jahrhundert Afroameriker in Newark an.

Hier mal eine Auflistung von Schriftstellern, die ich gefunden habe:

Philip Roth
Paul Auster
Frances Brundage
Dore Schary (Drehbuchautor „1938: Teufelskerle (Boys Town)“
John W. Campbell (SciFi Autor)
Harriet Stratemeyer Adams
W. E. B. Griffin
Harlan Coben

Und Stephen Crane (über den Paul Auster eine Romanbiographie „In Flammen“ schrieb)

Auch der Schauspieler Jerry Lewis (1926–2017), Schauspieler und Regisseur stammt aus Newark

Es gibt viele weitere Persönlichkeit, die man über Wikipedia „Newark“ findet
https://de.wikipedia.org/wiki/Newark_(New_Jersey)
Dort findet man einen weiterführenden Link.
Schöne Grüße, Maria
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