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Krabbé, Tim: "Drei auf dem Eis"

BeitragVerfasst: Mi 26. Jan 2011, 21:25
von Barbara
Liebe Petra,

ich weiß, es ist schon ewig her, dass Du mich nach "Drei auf dem Eis" und der Bedeutung des Endes für mich gefragt hast.
Aber momentan hat mich meine Arbeit voll im Griff.

Leider habe ich nun nicht mehr den Thread gefunden, in dem Du fragtest, daher habe ich einen neuen aufgemacht. Falls es schon einen gibt, würdest Du ihn dann verbinden?

Zunächst möchte ich auf den besagten letzten Satz eingehen, den Du im Hörbuchforum zitiert hast.
Im Buch ist es ein anderer.
Der letzte Satz, oder besser Abschnitt, ist dieser hier:
Aber dies war ihre Bestimmung. In dem gelben Bauernhoflicht einer Kunsteisbahn drei auf dem Eis, die einander liebten. Nicht mehr. Nicht weniger.
Diesen Abschnitt oder diese Abschlusssätze finde ich persönlich noch viel schöner, ergreifender und vielschichtiger in ihrer Deutung.

Aber nun zu Deiner Frage: Wie deute ich das Ende?

Es ist ein offenes Ende ist, was ich normalerweise gar nicht mag. Daher fällt es mir schwer, eine eindeutige Deutung zu finden und sie auszusprechen.
Und in diesem Fall muss ich sagen, hatte ich auch keine feste Deutung. Die Deutung ist, denke ich, abhängig von der eigenen Stimmung oder den Erfahrungen, die man im Leben gemacht hat.
Und so soll es, glaube ich, auch gesehen werden:

1. Glaubt man an die Liebe - dann bleiben sie natürlich zusammen!
2. Wurde man schon häufig enttäuscht - klar dann trennen sie sich!
3. Macht man in seiner Beziehung einer ständiges Hin und her durch - dann werden sie sich finden und wieder verlieren, aber nie ganz aus den Augen verlieren, wiederfinden und wieder verlieren!

Nimmt man aber den Satz davor noch hinzu:
Sie hatte gedacht: ewige Liebe, Leidenschaft, Zusammensein.
Dann schwingt ganz klar für mich Enttäuschung mit. Entäuschung die sich in Richtung Zukunft der drei aufmacht und meint: "Liebe ist manchmal einfach nicht genug!"
Dies würde bedeuten, dass sie wohl eher keine gemeinsame Zukunft haben, da der Schmerz der Enttäuschung zu groß ist. Erschwerend kommt hinzu, dass der Schmerz nicht an einer Person fest gemacht wird, sondern an den Idealen: ewige Liebe, Leidenschaft, Zusammensein! Die Reinheit dieser Ideale wurde beschmutzt oder gar sind die Ideale beschädigt, zerstört worden.

Dann fällt es schwer, an eine gemeinsame Zukunft und vor allem fällt es schwer, wieder an die oben genannten Ideale zu glauben.

Für mich überwiegt eher das Negative - also kein Happy End! Der Verstand wird siegen!

Re: Krabbé, Tim: "Drei auf dem Eis"

BeitragVerfasst: Do 27. Jan 2011, 10:29
von Petra
Liebe Barbara,

zunächst muss ich ein kleines Missverständnis aus dem Weg räumen. Die Lesung des Hörbuchs ist ungekürzt und 1:1 zum Buch. Der letzte Satz bzw. Abschnitt im Hörbuch ist somit genau derselbe wie bei Dir im Buch:

Aber dies war ihre Bestimmung. In dem gelben Bauernhoflicht einer Kunsteisbahn drei auf dem Eis, die einander liebten. Nicht mehr. Nicht weniger.
Diesen Abschnitt oder diese Abschlusssätze finde ich persönlich noch viel schöner, ergreifender und vielschichtiger in ihrer Deutung.


Da dies Ausgangspunkt meiner Frage an Dich war (also, wie Du das Ende für Dich interpretiert hast), wollte ich das zuerst noch mal richtig stellen. Ich habe mich in meiner Rezension missverständlich ausgedrückt. Ich meinte den letzten Satz der Inhaltsangabe. Ich werde dies in meiner :arrow: Rezension jetzt abändern, damit das darin klar wird, dass ich den letzten Satz der Inhaltsangabe und nicht der Novelle meine. Entschuldige das Missverständnis.

Der wichtigste Teil meiner Frage an Dich war der folgende. Ich habe den Beitrag gefunden und zitiere ihn hier der Vollständigkeit halber:

Ich schrieb hat geschrieben:Barbara, ich habe letztens, angeregt durch ein Posting von Dir, Tim Krabbé hervorgeholt und - allerdings per Hörbuch - "Drei auf dem Eis" heute morgen angefangen und auch beendet. Ist ja nur eine kurze Novelle. Und ich würde gern Deine Interpretation des Endes erfahren. Meinst Du, die beiden haben jetzt wieder richtig zusammen gefunden? Nehmen ihre Beziehung wieder auf? Oder wie hast Du das verstanden? Ich bin ein wenig im Zweifel. Es ist ein hoffnungstimmendes Ende und auf die nie endende Verbundenheit dreier Menschen - einer Familie. Aber in welcher Form wird ihr Zusammensein Gestalt annehmen? Wie hast Du das empfunden?

Eine schöne kleine, feine Novelle. Danke fürs dran erinnern, passte auch so schön in den Januar. :-)


Mit Deiner Interpretation lagst Du der meinen sehr nahe. Ich sehe das Ende auch eher so, dass die Verbundenheit nie enden wird. Und auch Zukunft hat. Dass sie als Familie immer einander verbunden sein werden. Aber als Liebespaar glaube ich nicht. Da das Ende so offen gestaltet war (was ich auch sehr passend fand), war ich an Deinen Empfindungen dazu interessiert und bin nun voll und ganz zufrieden mit dem, was Du schreibst.

Und recht hast Du sicher auch, dass die Interpretation des Einzelnen sicher auch von der Stimmung abhängt, in der er es liest. Und auch sicher spielen eigene Erfahrungen mit rein. Jemand, der solche Gefühle noch nicht kennt, wird da was eindeutigeres draus lesen, als jemand, der Abstufungen von Beziehungen und der Liebe kennt. Liebe und Beziehungen zueinander können sich verändern. Hier, bei den Drei auf dem Eis, ist das passiert. Und diese Veränderungen können meistens auch nicht mehr zurückgenommen werden. Aber man kann die neue Form der Liebe annehmen und sie leben.

Das Ende schließt nicht aus, dass sich darüber hinaus dann doch noch mal mehr entwickelt. Auch wenn ich persönlich es bei dem Ende hier (eine andere Form von Liebe und die ewige Verbundenheit durch die Familie, die man bildet) belassen würde. Ich glaube nicht an ein neues aufleben der Liebe. Dazu hast Du auch sehr schön geschrieben, wie es sich mit der Enttäuschung von Idealen verhält. Dann noch mal daran zu glauben - besonders mit demselben Menschen - ist schwer. Vielleicht auch gar nicht machbar. Zumindest für viele Menschen nicht.

Ferner schrieb ich noch etwas zu einem anderen Buch von Tim Krabbé, das ich damals auf Empfehlung von Rachel las. Ich zitiere auch den Teil meines Postings hier, dann ist alles komplett:

Ich schrieb hat geschrieben:Übrigens habe ich von Tim Krabbé auf Rachels Empfehlung mal vor ein paar Jahren was gelesen: "Das goldene Ei". Eine :arrow: Rezension habe ich auch damals dazu geschrieben. Eines der wenigen Bücher, zu denen ich zuerst den Film kannte und dann erst das Buch gelesen hatte. Bzw. die Filme, den es gibt zwei Verfilmungen: Einmal eine Verfilmung aus 80er Jahren ("Spurlos verschwunden"), die sehr bekannt ist. Und dann noch mal ein Remake mit Sandra Bullock und Jeff Bridges aus den 90er Jahren.

Rachel, hast Du eigentlich noch mal ein weiteres Buch von Tim Krabbé gelesen? Oder war "Das goldene Ei" das einzige?


Vielleicht liest Rachel den Thread ja, und schreibt noch, ob "Das goldene Ei" das einzige Buch von ihm war, das sie gelesen hat.

Danke, dass Du den Thread eröffnet hast, bzw. in der Form auf meine Frage noch eingegangen bist. Sehr hilfreich! Und kein Thema, dass es länger gedauert hat, denn Arbeit geht vor! :-)

Re: Krabbé, Tim: "Drei auf dem Eis"

BeitragVerfasst: Do 27. Jan 2011, 11:41
von Rachel
Hallo Petra,

Petra hat geschrieben:Ferner schrieb ich noch etwas zu einem anderen Buch von Tim Krabbé, das ich damals auf Empfehlung von Rachel las. Ich zitiere auch den Teil meines Postings hier, dann ist alles komplett:


Ich schrieb hat geschrieben:
Übrigens habe ich von Tim Krabbé auf Rachels Empfehlung mal vor ein paar Jahren was gelesen: "Das goldene Ei". Eine Rezension habe ich auch damals dazu geschrieben. Eines der wenigen Bücher, zu denen ich zuerst den Film kannte und dann erst das Buch gelesen hatte. Bzw. die Filme, den es gibt zwei Verfilmungen: Einmal eine Verfilmung aus 80er Jahren ("Spurlos verschwunden"), die sehr bekannt ist. Und dann noch mal ein Remake mit Sandra Bullock und Jeff Bridges aus den 90er Jahren.

Rachel, hast Du eigentlich noch mal ein weiteres Buch von Tim Krabbé gelesen? Oder war "Das goldene Ei" das einzige?


Vielleicht liest Rachel den Thread ja, und schreibt noch, ob "Das goldene Ei" das einzige Buch von ihm war, das sie gelesen hat.

Oh, ich fürchte deine Frage hatte ich ganz übersehen.

Nein, ich hatte außer "Das goldene Ei" kein weiteres Buch von Tim Krabbé mehr gelesen. Das fand ich allerdings ja richtig gut.

Auf "Drei auf dem Eis" habt ihr mich jetzt allerdings neugierig gemacht, wenn ich wohl ebenfalls das Hörbuch vorziehen würde.

Re: Krabbé, Tim: "Drei auf dem Eis"

BeitragVerfasst: Do 27. Jan 2011, 12:42
von Petra
Hallo Rachel,

nicht schlimm, dachte ich mir schon! Auf dem Weg hast Du die Frage dann ja doch noch gefunden! :-)

Schön, dass Du für Dich auch das Hörbuch in Erwägung ziehst. Dachte ich mir fast, dass Dich ein weiteres Buch von Tim Krabbé reizen könnte, wo Dich "Das goldene Ei" so begeistert hat. Mir hatte das als Hörbuch auch ausgereicht, zumal es von Joachim Król - wie ich finde - passend nüchtern gesprochen wird.

Re: Krabbé, Tim: "Drei auf dem Eis"

BeitragVerfasst: Do 27. Jan 2011, 13:37
von Barbara
Liebe Petra,

sorry, da habe ich Dich wohl gänzlich missverstanden oder nicht richtig gelesen. :oops: Aber jetzt ist es ja klar.

Aber das Ende dieses kleinen Büchleins fand ich ebenfalls mehr als gelungen. Es gibt einfach Geschichten, die dürfen nicht mit einem Happy End oder einem ganz klaren Schluss enden. Mit einem falschen Schluss können die besten Geschichten im Nachhinein völlig zerstört werden.

Re: Krabbé, Tim: "Drei auf dem Eis"

BeitragVerfasst: Do 27. Jan 2011, 15:20
von Petra
Liebe Barbara,

das macht nichts! Ich habe beim schreiben der Rezension sogar noch gedacht, ob ich den Zusatz "letzter Satz der Inhaltsangabe" schreibe. Aber dann dachte ich mir, welcher sonst. Der Leser der Rezension kennt das Buch ja noch gar nicht. ;-)
Irrtum - natürlich lesen auch diejenigen die Rezension, die das Buch schon kennen. Somit aber gut, dass das Missverständnis aufgekommen ist, denn so konnte ich es jetzt doch noch ändern.

Ja, dieses Buch gehört definitiv zu den Büchern, die durch ein klares Ende verlieren würden. Die Wirkung des Ausgangs ist hierdurch viel intensiver. Denn man macht sich weiter Gedanken und solch ein Thema hat ja viele Möglichkeiten. Sehr schön gelöst vom Autor - finde ich auch!