US-amerikanische Literatur

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Re: US-amerikanische Literatur

Beitragvon JMaria » Sa 7. Apr 2012, 14:44

Hallo Petra,


Der große Gatsby
Zärtlich ist die Nacht



Petra hat geschrieben: Vielleicht weil das Leben eigentlich so ereignislos und oberflächlich ist, gieren die Menschen nach Aufregung, Sensation. Das empfinde ich in "Der große Gatsby" ähnlich, auch wenn es da leise angedeutet ist. Aber es schwingt durchaus mit, und macht die Atmosphäre so glaubhaft.



resultierend vielleicht auch daraus, dass diese Generation den 1. Weltkrieg hinter sich gelassen hatten. Viele amerikanische Künstler sind ja damals nach Europa gegangen, weil es dort auch billiger lebte. Das spiegelt auch in "Zärtlich ist die Nacht" mit, als die Hotel-Gesellschaft Schützengräben in der Nähe Amiens besichtigt. Interessant dazu der Ausspruch einer der Protagonisten über den WK I:

....Kein Europäer wird das in dieser Generation noch einmal tun..... Diese Geschichte hier an der Westfront, die können sie nicht mehr machen, jedenfalls für sehr lange Zeit nicht....

der nächste Krieg war näher als der Autor ahnte.

aber diese Gradwanderung zwischen Lust und Leid prägt den Roman.

Der große Gatsby spielt ausschließlich in New York?


Petra hat geschrieben: Interessant dass es Dir auch so geht. Ich habe weiter in mich hineingehorcht, und komme dem vielleicht auf die Spur. Manche Sätze scheinen in ihrer Formulierung nicht ganz stimmig. Die Bilder bleiben dadurch manchmal nebulös. Einerseits wird Fitzgeralds Stil dadurch besonders, andererseits aber auch merkwürdig.



manches erscheint auch in "Zärtlich ist die Nacht" zusammenhanglos und dann kommen wieder Sätze, die ganz wunderbar sind, so wie dieser hier:

"Rosemary vergoss erneut Tränen, als sie von dem Missgeschick hörte, es war allgemein ein wässriger Tag gewesen, aber sie hatte doch das Gefühl, etwas gelernt zu haben, auch wenn sie nicht genau wusste, was. Später, in der Erinnerung, erschienen alle Stunden des Tages ihr glücklich - es war einer dieser ereignislosen Tage, die im Hier und Jetzt nur als Bindeglied zwischen künftigen und vergangenen Freuden schienen, aber im Nachhinein das Glück selbst sind."



und wieder sind Leid und Glück ganz nah beiander, nur die Sichtweise hat sich vergrößert. Nach einer Rückschau über das Leben kann eine schmerzliche Erfahrung zu einer beglückenden werden. Das finde ich sehr sensible vom Autor eingebracht.


Gewöhnungsbedürftig finde ich die Ausstreuung von Attribute, da gibt es einen wässrigen Tag, traurige Bahnhöfe, falsche Dämmerung, geheime Geräusche ... und immer noch sind die Episodensprünge für mich verwirrend, mal hier mal dort, ohne Vorwarnung.

Ich habe nun Steffis Methode angewendet und ohne groß zu grübeln über 100 Seiten gelesen, das ist viel besser, auch wenn immer noch ein paar Stileffekte stören, weiß Fitzgerald doch zu fesseln.



Petra hat geschrieben:Ich gebe mal zwei Beispiele:

Mit ausgebreiteten Kotflügeln streuten wir Licht durch halb Astoria - nur halb, denn als wir uns zwischen den Pfeilern der Hochbahn hindurchschlängelten, hörte ich das charakteristische "Pfut-pfut-paff" eines Motorrads, und ein aufgebrachter Polizist holte uns ein. (Seite 88)

Das Sinnbild mit den ausgebreiteten Kotflügeln scheint mir nicht ganz stimmig. Es wird nicht so ganz klar, wie er das meint. Es ist ein wenig merkwürdig ausgedrückt.



auch so ein seltsames Attribut. Dafür scheint er eine Vorliebe zu haben. Wäre interessant zu wissen, wie er im Original schreibt. Vielleicht sogar ein Autor, dessen Romane im Original schöner daher kommen. Aber wir sind ja froh, wenn es gute Übersetzungen gibt.

Sag mal, wie sieht es im "Großen Gatsby" mit der Sinnlichkeit aus. In meiner Übersetzung von "Zärtlich ist die Nacht" ist sie sinnlich, aber direkt ('nimm mich').
Schöne Grüße, Maria
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Re: US-amerikanische Literatur

Beitragvon steffi » Mo 9. Apr 2012, 10:22

Petra hat geschrieben:
Ich gebe mal zwei Beispiele:

Mit ausgebreiteten Kotflügeln streuten wir Licht durch halb Astoria - nur halb, denn als wir uns zwischen den Pfeilern der Hochbahn hindurchschlängelten, hörte ich das charakteristische "Pfut-pfut-paff" eines Motorrads, und ein aufgebrachter Polizist holte uns ein. (Seite 88)


With fenders spread like wings we scattered light through half Astoria--only half, for as we twisted among the pillars of the elevated I heard the familiar "jug--jug--spat!" of a motor cycle, and a frantic policeman rode alongside.

"Ein Toter in einem mit Blumen überhäuften Leichenwagen zog an uns vorbei, gefolgt von zwei Wagen mit heruntergezogenen Rouleaus und ein paar fröhlicheren Gefährten für die Freunde. Die Freunde schauten mit den traurigen Augen und schmalen Oberlippen Südosteuropas zu uns heraus, und ich war froh, daß ihr düsterer Feiertag nun den Anblick von Gatsbys funkelndem Wagen einschloß. (Seite 89)


A dead man passed us in a hearse heaped with blooms, followed by two carriages with drawn blinds and by more cheerful carriages for friends. The friends looked out at us with the tragic eyes and short upper lips of south-eastern Europe, and I was glad that the sight of Gatsby's splendid car was included in their somber holiday.

Ich hab mal die Originalversion herausgesucht aus
http://gutenberg.net.au/ebooks02/0200041h.html

Es ist schon ein Weilchen her, dass ich den "Gatsby" gelesen habe und mir gelang damals auch kein so leichter Zugang. Zum einen, weil ich Schwierigkeiten hatte, mich auf die Handlung zu konzentrieren, zum anderen wohl aufgrund der vielen Dialoge, die mich noch mehr verwirrten. Nachdem ich aber nun ein bißchen in das Original reingelesen habe, glaube ich, dass mir dieses viel leichter gefallen wäre. Denn er baut doch ganz andere Bilder auf als die Übersetzung, z.B. das mit den Kotflügeln - im englischen sieht man das Auto geradezu fliegen und kann den Reiz der Geschwindigkeit nachvollziehen, in der Übersetzung tut sich da bei mir nix !
Gruss von Steffi

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Re: US-amerikanische Literatur

Beitragvon JMaria » Mo 9. Apr 2012, 10:29

Hallo zusammen,
hallo Petra

F. Scott Fitzgerald : Zärtlich ist die Nacht

im 2. Teil kommt nun deutlich das Leitmotiv des Buches zutage: Vater-Tochter-Beziehungen und Inzest !

rückblickend fallen mir nun auch die ganzen künstlerischen und versteckten Bezüge, Wortspiele auf (Daddy Longlegs, Little Women, Daddy's Girl usw...)

es tun sich ganz neue Tiefen auf. Gefällt mir sehr gut.

Edit:
@Steffi, danke für die Originalzitate. Ich glaube ebenfalls, dass Fitzgerald im Original besser rüberkommt. Ich habe mir gestern seine Romane runtergeladen, zumindest um zeitnah reinzulesen.

http://ebooks.adelaide.edu.au/f/fitzger ... index.html
Schöne Grüße, Maria
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Re: US-amerikanische Literatur

Beitragvon Petra » Mo 9. Apr 2012, 10:58

Hallo zusammen,

bedauerlich, dass ich im Original nicht lesen kann. Denn durch Deine Beispiele, Steffi, wird mir auch deutlich, dass Fitzgerald hier besser, müheloser rüberkommt. Und ich fühle mich darin bestätigt, warum es mir nicht ganz so leicht fällt, den Roman zu lesen, obwohl die Sprache doch eigentlich über lange Strecken schlicht ist. Danke für Deine Mühe – das ist erhellend.

Maria, dass Dir „Zärtlich ist die Nacht“ gut gefällt, und jetzt auch das Leitmotiv präsent wird, freut mich. Dieses Buch von Fitzgerald reizt mich in jedem Fall auch.

Gatsby spielt bislang ausschließlich in New York, aber zum Großteil auf Long Island in Gatsbys Villa, wo er unzählige Garten-Partys gibt, also nicht mitten in der Großstadt. Und die Sinnlichkeit spielt derzeit noch keine große Rolle. Eher oberflächliche Affären und eine verlogene zerrüttete Beziehung. Sollte ich auf eine sinnliche Stelle stoßen, gebe ich Dir bescheid, wie direkt oder indirekt sie ausfällt. Hätte ich jetzt gar nicht so mit gerechnet, dass Fitzgerald da so direkt wird. Vielleicht wendet er es in „Zärtlich ist die Nacht“ auch an, da es dort passt? Ich werde über Gatsby bescheid geben, wenn mir was auffällt.

Dein Zitat hat mir sehr gefallen – ja, das sind die Sätze, die einen begeistern.
Liebe Grüße,
Petra


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Re: US-amerikanische Literatur

Beitragvon JMaria » Sa 14. Apr 2012, 15:16

Hallo Petra,

Petra hat geschrieben:Geschrieben ist er zauberhaft. Wie Maria auch schon über „Zärtlich ist die Nacht“ schrieb, finden sich auch in „Der große Gatsby“ einige merkwürdig anmutende Sinnbilder. Das lässt zwar beim Lesen hin und wieder stutzen, nimmt der Sprache aber nicht ihren außerordentlichen Glanz, den sie durch die Melancholie erhält, die Fitzgerald auf jeder Seite einfließen lässt.

Ein sehr lesenswertes Buch. Und auch heute immer noch sehr aktuell.

Nun, da ich endlich weiß, wer Gatsby ist, und für was er steht, freue ich mich auf die Verfilmung mit Robert Redford und Mia Farrow, und wenn sie dann im Kino lief, auf die mit Leonardo DiCaprio, den ich mir hervorragend in der Rolle Gatsbys vorstellen kann. Robert Redford aber auch, da er noch sehr jung war (der Film ist von 1973).

Ich könnte mir sogar vorstellen, irgendwann auch noch das Hörbuch, gelesen von Burghardt Klaußner, zu hören. Diese Version beruht auf der Neuübersetzung von Lutz-W. Wolff. So könnte ich einen Übersetzungsvergleich ziehen.

@Maria: Dass auch Dir Dein erstes Leseerlebnis mit F. Scott Fitzgerald so gut gefallen hat, und Du ähnliche Eindrücke gewonnen hast, freut mich. Zelda Fitzgerald diente F. Scott Fitzgerald ja in vielen Büchern als Vorlage einiger Figuren. Dies wird insbesondere für Nicole Diver aus „Zärtlich ist die Nacht“ behauptet. (Siehe auch Wikipedia zu Zelda Fitzgerald.)

Bei Wikipedia heißt es zudem auch: Scott bezog die spannungsreiche Persönlichkeit seiner Frau in großem Maße in seinen Schreibprozess ein, indem er des Öfteren Passagen aus ihren persönlichen Tagebucheinträgen direkt in seine Werke übernahm. Außer in einer einzigen Rezension scheint Zelda dies niemals kommentiert zu haben. Dort heißt es allerdings: „Es kommt mir so vor, als ob ich auf einer Seite einen Abschnitt aus einem meiner alten Tagebücher wiedererkannt hätte, welches mysteriöserweise kurz nach meiner Eheschließung verschwand, und auch Bruchstücke aus Briefen, die mir, obschon beachtlich abgeändert, vage bekannt vorkommen. In der Tat scheint Herr Fitzgerald – Ich glaube, so schreibt er sich – der Überzeugung zu sein, dass Plagiat daheim zu beginnen habe.“




danke für deine Zusammenfassung; so weiß ich ungefähr um welches Thema es im Großen Gatsby geht.

Im Anhang von "Zärtlich ist die Nacht" wird auch erwähnt, dass F. Scott Fitzgerald gerne Brief- und Tagebuchauszüge von seiner Frau Zelda übernommen hat (schönes Zitat oben von Zelda Fitzgerald). Im Buch selbst "Zärtlich ist die Nacht" fügt Fitzgerald sogar einen Brief von Zelda, den er wohl 1:1 übernommen hat, als inneren Monolog hinzu.

Man kann sagen, dass der Roman in seiner Mischung (Montage, innerer Monolog, Rückblenden ...) etwas unausgereift wirkt, vielleicht auch weil Fitzgerald sich selbst unter einen Erfolgszwang stellte, doch er versteht es trotzdem zu fesseln.

Noch ein Vergleich aus dem Buch über den ich Schmunzeln mußte:

...Sie parkte ihr kleines Gesäß mit einer heftigen Bewegung auf dem silberdurchwirkten Sitzkissen.

She parked her small seat violently on the cloth-of-silver chair cushion

:lol:

und hier ein Zitat über Veränderungen, das mir gut gefiel:

Vor dem, was danach kam, hatte sie keine Angst. Sie ahnte vielmehr, dass eine Last von ihr genommen und ihre Augen geöffnet würden. Nicole war für Veränderungen und Flucht wie geschaffen, und ihre Flügel und Flossen waren das Geld. Der neue Zustand bedeuete nur, dass unter der Karosserie einer Familienkutsche endlich das Fahrgestell eines Rennwagens wieder ans Licht kommen würde, das jahrelang verborgen gewesen war. Nicole spürte jetzt schon den frischen Wind - nur den Schraubenschlüssel fürchtete sie und die dunkle Art seiner Anwendung.

Original:

Nicole had been designed for change, for flight, with money as fins and wings. The new state of things would be no more than if a racing chassis, concealed for years under the body of a family limousine, should be stipped to its original self. Nicole could feel the fresh breeze already - the wrench it was she feared, and the dark maner of its coming.


Eine Biographie möchte ich mir auch noch zulegen oder/und "Alabama Song" (danke für den Hinweis).
Schöne Grüße, Maria
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Re: US-amerikanische Literatur

Beitragvon Rachel » Sa 14. Apr 2012, 15:33

Hallo Maria,

JMaria hat geschrieben:Eine Biographie möchte ich mir auch noch zulegen oder/und "Alabama Song" (danke für den Hinweis).

"Alabama Song" kann ich sehr empfehlen, ich fand die dortige Darstellung Zelda Fitzgeralds sehr faszinierend. Eine Ersatz für eine Biographie über F. Scott Fitzgerald ist der Roman jedoch in meinen Augen nicht. Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf Zelda und naturgemäß nimmt sich ein Roman einige Freiheiten, interpretiert oder erfindet dazu, wo es keine eindeutigen Quellen gibt. ;) Über eine reizvolle Biographie bin ich bisher jedoch noch nicht gestolpert.

Ich kann übrigens von Fitzgerald besonders auch die Kurzgeschichten empfehlen, ich finde, er ist ein großeratiger Schreiber von Erzählungen.

Ansonsten habe ich Dank Euch große Lust bekommen, bald wieder zu einem Roman von ihm zu greifen. :)

Übrigens spielen Zelda und Scott Fitzgerald auch eine Rolle im neuen Woody Allen-Film, "Midnight in Paris", neben einer Reihe anderer berühmter Schriftsteller (Hemingway, Gertrude Stein...). Die DVD werde ich mir demnächst wohl gönnen müssen:

http://www.amazon.de/Midnight-Paris-Owe ... 125&sr=1-1
Liebe Grüße,
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Re: US-amerikanische Literatur

Beitragvon Petra » Sa 14. Apr 2012, 18:14

Hallo zusammen,

Rachel, durch Deine Beschreibung ist der Woody Allen-Film „Midnight in Paris“ höher auf meinem Wunschzettel gewandert. Nun muss ich den Film schneller haben, als ich dachte. Dass Zelda und Scott Fitzgerald darin eine Rolle spielen, und auch andere berühmte Zeitgenossen (vielleicht ja auch Edith Wharton? Aber Hemingway, als F. Scott Fitzgeralds Freund ist auch interessant), steigert mein Interesse gerade noch um einiges. Und macht den Film auch dringlich, wo ich gerade noch in Fitzgerald-Stimmung bin. :-)

Schön, dass wir Dir Lust machen konnten, mal wieder einen Roman von Fitzgerald zu lesen. Danke auch für den Hinweis, dass seine Kurzgeschichten so lesenswert sind. Ich war mir nicht schlüssig, da er sie zum reinen Geldverdienen geschrieben hat. Andererseits muss es ja auch Gründe geben, warum er dafür so viel Geld bekommen hat. Das Nachwort von Paul Ingendaay zu „Der große Gatsby“ hat das ganz imposant in Zahlen ausgedrückt. Für seine Kurzgeschichten bekam er teils bis zu 4.000 Dollar (damals ja ein Vermögen). Für seine Romane um die 30-50 Dollar. Unglaublich!

Auf „Alabama Song“ freue ich mich sehr, seit ich ihn geschenkt bekam (dafür noch mal lieben Dank, Rachel :-)). Nun noch mehr. Und durch Deine Beschreibung, dass Zelda dort so interessant dargestellt ist, steigert sich die Lust darauf noch einmal. Ja, es sollen halb biografische und halb fiktive Elemente sein. Als Biografie sollte man den Roman nicht lesen.

Die Biografie, die kürzlich herausgekommen ist, und auf die Didonia in einem anderen Thread aufmerksam machte, könnte interessant sein. Shaftoe will sie sich besorgen, vielleicht hören wir bald, ob sie sich lohnt. Wenn man bei Amazon rein liest, macht sie mir schon Lust. Aber ich lese ja so selten Biografien, das ich fürchte, dass sie dann nur rumliegt. Mal sehen, was Shaftoe dazu sagt. Vielleicht wirkt das ja noch ansteckend. Auf jeden Fall ist das gewiss ein Paar der Literatur-Szene, über das es sich lohnt etwas zu lesen. Den Titel dieser Biografie finde ich übrigens auch sehr anregend und passend :arrow:Wir brechen die 10 Gebote und uns den Hals“ (Wie ich selber gerade sehe, wenn ich den Link verfolge: Das Buch gibt es auch für die Hälfte des Preises als ebook. Das macht es jetzt schon attraktiver für mich. Auf dem Kindle kann ich mir gut vorstellen eine Biografie zu lesen, da ich den Kindle zum nebenbei lesen benutze. Da kommt eine Biografie bei mir eher zum Zuge. Und der Preis ist natürlich auch attraktiv!)

Maria, Danke dass Du meinen Beitrag auch hier zitierst. Gut, dass auch im Anhang zu „Zärtlich ist die Nacht“ auf die Tagebuch-Einträge Zeldas eingegangen wird, die er übernommen hat. Das ist wissenswert. Auch dass er sogar einen Brief Zeldas 1:1 übernommen hat.

Im Nachwort zu „Der große Gatsby“ wird auch noch mal erwähnt, dass „Zärtlich ist die Nacht“ nach „Der große Gatsby“ sein wichtigster Roman ist. Für mich wahrscheinlich das Buch, das ich als nächstes von Fitzgerald lesen werde.

Maria hat geschrieben:Man kann sagen, dass der Roman in seiner Mischung (Montage, innerer Monolog, Rückblenden ...) etwas unausgereift wirkt, vielleicht auch weil Fitzgerald sich selbst unter einen Erfolgszwang stellte, doch er versteht es trotzdem zu fesseln.


Auch in "Der große Gatsby" zeigt er Schwächen. In der Logik z. B.. Er scheint nicht gründlich gearbeitet zu haben, in seinem Werk kein Perfektionist gewesen zu sein. Aber sein Talent war wohl so groß, dass das irgendwie nicht wirklich stört, sondern sein Werk trotzdem einen ganz eigenen Reiz und Zauber besitzt. Vielleicht auch gerade durch die fehlende Glätte. Kann man ganz schwer greifen, glaube ich.

Die Zitate sind wunderschön und halten die Lust auf weiteres von Fitzgerald wach! :-)
Liebe Grüße,
Petra


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Re: US-amerikanische Literatur

Beitragvon JMaria » Fr 18. Mai 2012, 13:55

Hallo zusammen,

Der letzte Taikun (The Last Tycoon) ist ein unvollendeter Roman von F. Scott Fitzgerald.

Erzählt wird die Geschichte des Filmproduzenten Monroe Stahr. Angelehnt ist die Story an der wahren Person Irving Thalberg, dem Chef der Filmgesellschaft Metro-Goldwyn-Mayer. Der Leser bekommt Einblicke in das Filmgeschäft der 30iger Jahre; Bel Air ist erst im Bau; Gewerkschaften entstehen und erschweren die Filmproduktion...

Die Erzählperspektive ist abwechselnd, 1. und 3. Person. Es beginnt ein Ich-Erzähler (weiblich) und gibt ab, wenn es persönlich um Monroe Stahr geht, da sie einige Dinge nicht wissen kann.

obwohl das Ende fehlt und es nur eine Zusammenfassung gibt, was F. Scott Fitzgerald plante, ist der Roman sehr schön ausgeglichen und elegant geschrieben.

Der Autor ist für mich bisher die schönste Entdeckung 2012.

Demnächst möchte ich auch seine Kurzgeschichten testen. Ich weiß nur noch nicht welche? Irgendein Tipp von euch?

Edit:

hier ein Beispiel für den eleganten Erzählwechsel, der sich durch die Geschichte zieht:

----------
(Suhrkamp gebunden 1962, S. 113)

Für mich, wie auch für Stahr, hatte sie den Abend mit sich fortgenommen, den bohrenden Schmerz, den ich verspürt hatte, und den großen Ballsaal leer und ohne erregende Momente zurückgelassen. Er bedeutete jetzt nichts mehr, und ich tanzte mit einem geistesabwesenden Mann, der mir erzählte, wie sehr Los Angeles sich gewandelt habe.

Sie trafen sich am folgenden Nachmittag wie Fremdlinge in einem fremdartigen Land. Der gestrige Abend war vergangen, das Mädchen, mit dem er getanzt hatte, war nicht mehr. Ein in Rosa und Blau chanierender Hut mit einem verspielten Schleierchen kam auf ihn zu, zögerte, suchte sein Gesicht. Stahr sah auch befremdlich aus in einem braunen Anzug und mit einer schwarzen Krawatte, die ihn noch fühlbarer heraushob als ein formeller Smoking oder als an dem Abend, da sie einander zuerst begegnet waren und er lediglich ein Gesicht und eine Stimme in der Dunkelheit gewesen war.....

----------------
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Re: US-amerikanische Literatur

Beitragvon Petra » Fr 18. Mai 2012, 15:58

Hallo Maria,

schön, dass Du noch etwas von F. Scott Fitzgerald gelesen hast. Das zeigt, wie sehr er Dich gefangen genommen hat. Mich hat er mit seinem großen Gatsby auch verzaubert, ganz still und leise. Ein Autor, dessen Romane nachhallen, nicht wahr?

Über den unvollendeten Roman "Der letzte Taikun" habe ich auch schon sehr viel gutes gehört. Ich bin selbst sehr gespannt auf diesen Roman. In der neueren Übersetzung (ebenfalls beim Diogenes Verlag erschienen) von Renate Orth-Guttmann heißt der Titel übrigens: "Die Liebe des letzten Tycoon". Das ist die Version die ich habe.

Vielen Dank für die Zitate. Sehr schön!
Liebe Grüße,
Petra


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Re: US-amerikanische Literatur

Beitragvon JMaria » Di 31. Jul 2012, 09:04

Hallo,

Scott Fitzgeralds Enkel fanden eine bisher unveröffentlichte Erzählung ( http://www.spiegel.de/kultur/literatur/ ... 47290.html ), die vor 70 Jahren vom New Yorker abgelehnt wurde. Nun wurde sie veröffentlicht:

Thank you for the Light
http://www.newyorker.com/fiction/featur ... ntPage=all
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