Hallo Ihr Lieben,
erst was zu Lenz, dann was zum eigentlichen Thema.
Lenz: Ich mag ihn sehr. Und seine Erzählweise. Vielleicht gerade wegen der Punkte, die Christine anführt. Was sie dort stört, macht es für mich teils aus. Ich kann das auch ganz schlecht in Worte fassen, denn es sind Gefühle, die er in mir regt, mit dem was er schreibt oder besser gesagt, dadurch WIE er schreibt. Gerade in „Fundbüro“, welches er ja in hohem Alter geschrieben hat, ist mir auch sehr aufgefallen, dass seine Geschichte nicht zeitgemäße Aspekte hat. So verschenkt der junge Protagonist der Geschichte seiner Angebeten Weinbrandbohnen. Das ist fast schon lustig – und in jedem Fall auffällig! Denn ein junger Mann würde heute sicherlich was anderes mitbringen zu einem Date als Weinbrandbohnen. Und ich kann auch gut verstehen, wenn das jemanden stört, da es gewiss nicht authentisch ist und der alte Mensch, der das geschrieben hat, durch die Zeilen durchschimmert. Für mich persönlich hatte das aber was anrührendes. Und auch etwas – hier wird es dann schwer es in Worte zu fassen – interessantes: Die heutige Welt durch den Blick eines alten Menschen. Die Tatsache, dass er gewisse Veränderungen nicht mehr aufnimmt oder wahrnimmt. In seiner Zeit in gewissen Dingen stehen bleibt. Für mich hat er damit – wenn auch gewiss unabsichtlich – die alte Zeit über die neue/moderne gelegt und mir aufgezeigt, wie anders es geworden ist. Fand ich einen interessanten Nebeneffekt in dem Buch, welcher mich erst fast gestört, dann aber auf seine Weise fasziniert hatte. Wenn er andere stört, kann ich das aber gut verstehen.
Dass sein Herz an den alten Zeiten zu hängen scheint, habe ich in meiner Rezension damals auch extra mit eingearbeitet, da ich es auch recht auffällig fand. Wer nachlesen will: Hier der Direkt-Link zu meiner
Rezension.
Seine Erzählungen auf dem Hörbuch, das ich gehört haben (hier auch der Direkt-Link zu dieser
Rezension) wirkten auf mich zeitloser. Sie können für vergangene Zeiten und für heute gelten. Ich nehme an, müsste aber nachschauen um es genauer sagen zu können, dass die Entstehungszeiten dieser Erzählungen auch viel weiter zurückliegen.
Erzählstil: Dass auch der Erzählstil einer Mode unterliegen kann, kann ich mir auch gut vorstellen. Man kann – finde ich auch – oft beobachten, dass sich Autoren zeitweise gern diesen oder jenen Stilmittels bedienen. So wie hier im Beispiel mit dem Verweben von Vergangenheit und Gegenwart. Aber ehrlich gesagt ist das für mich auch immer ein Zeichen dafür, dass Autoren voneinander abkupfern. So wie „Illuminati“ massenhaft Verschwörungs-Thriller nach sich gezogen hat, sind auch die Autoren (oder Verlage die es verlangen) nicht sehr originell mit der Titelgebung (z. B. bei historischen Romanen... wir hatten uns im alten Forum mal ein wenig darüber „lustig gemacht“: „Die Seidenweberin“, „Die Hebamme“, „Der Katalane“, „Der Wanderchirurg“). Das ist „in“, das kommt (zur Zeit) an, das verkauft sich.
Und ebenso empfinde ich das auch mit dem Verweben von Vergangenheit und Gegenwart. Das ist Mode. In meinen Augen zwar nicht erst seit heute, sondern meiner Empfindung nach wird das schon seit ein paar Jahren gern gemacht (mir fällt da z. B. die Autorin Barbara Michaels ein, die sich gern dieser Erzählart bedient und in ihren Büchern meist eine Geschichte aus der Gegenwart mit einer aus einem vergangenem Jahrhundert vermischt. Diese Bücher sind schon Jahre, wenn nicht Jahrzehnte alt. Oder etwas aktueller „Nachtzug nach Lissabon“ von Pascal Mercier oder „Im Schatten des Windes“ von Carlos Ruiz Zafón, wo ja auch zwei fiktive Geschichten auf zwei verschiedenen Zeitebenen erzählt werden.), aber es ist halt ein Schema das immer mal wieder gern aufgegriffen oder als schreiberisches Handwerk verwendet wird.
Somit sehe ich das hier eher als Ausdruck davon, dass jemand nicht Originell schreibt oder gar in gewisser Weise abkupfert. Hingegen finde ich, dass man von der Sprache schon eher eine Mode oder die Zeit (in der etwas verfasst worden ist, oder wie in o. g. Beispiel das Alter des Autors), die ja zwangsläufig Veränderungen (auch in der Sprache und in ihrer Anwendung) mit sich bringt, ablesen kann.