Guten Morgen zusammen,
gestern habe ich mir endlich mein erstes Buch für dieses Jahr ausgewählt. Ich hatte es schon deutlich im Auge, wollte mich aber erst richtig einlesen, damit es kein Fehlstart wird. Wurde es nicht.
“In den höchsten Tönen“ von
Walter Leitner ist ein österreichischer Krimi und spielt in Wien im Winter in den ersten Monaten des Jahres. Das sind doch schon mal schöne Voraussetzungen.
Besonders auffällig ist die ungewöhnliche Erzählweise. Autor und Hauptfigur Paul Kosmak (Polizist außer Dienst, nun mehr Detektiv, da kann man sich die Arbeitszeit so schön selbst gestalten) stehen in einer eigenwilligen Symbiose. Meistens erzählt der Autor, also Walter Leitner, und gibt dabei (gar nicht ernstgemeinte, und dadurch urkomische) Tipps zum Schreiben eines Krimis (schließlich ist dies sein erster und macht darauf aufmerksam, wo man am besten bewusst auf dies oder das eingeht – natürlich ist das nur ein Kunstgriff, aber ein sehr origineller und gelungener). Ab und zu übernimmt aber auch Paul Kosmak. Das hebt diesen Krimi ungemein und macht ihn zu einem äußerst vergnüglichen Leseerlebnis.
Paul Kosmak soll herausfinden, was hinter dem Tod seines Spielkameraden aus Kindertagen steckt, und nimmt getarnt als sein Nachfolger seinen Platz als Archivar im Konzerthaus ein. Wie so nett in der Inhaltsangabe schon gesagt wird: „Wenn nur keiner merkt, dass er von Tuten und Blasen keine Ahnung hat.“
Zunächst geht es aber, wie es sich für den Auftakt eines Krimis (einer Krimiserie allemal) gehört, um Kosmaks Privatleben. Und das lässt einen schon auf den ersten Seiten den Mund offen stehen. Einerseits, weil er solch ein Lotterleben führt, andererseits aber auch, weil sein Schöpfer (Walter Leitner) an (witzigerweise völlig unnötigen Stellen) sehr direkt mit seinen Körperfunktionen umgeht. Er hat so seine eigene Theorie, warum er diese stilistisch einsetzt.
Zum Autor selbst steht etwas witziges im Buch: „Walter Leitner, geboren in Wien. Neben Kaffeetrinken und Zeitunglesen umfasste sein Praktikum als Krimiautor folgende - meist unfreiwillig ausgeübte - Tätigkeiten: Archivar, Blockflötenlehrer, Keksverkäufer, Komponist, Nachhilfelehrer, Notenkopist, Opernlibrettist, Paketzusteller, Tenor im Domchor zu St. Stephan, Theaterschreiber, Zettelverteiler. Geregelter Arbeit geht er systematisch aus dem Weg - und hat darin große Ähnlichkeit mit seinem Protagonisten Paul Kosmak.“
Ja, wie das in etwa aussieht, kann ich mir nun vorstellen, da ich mich eingelesen habe.
In der ungewöhnlichen Erzählweise erinnert mich der Krimi übrigens sehr an den ebenfalls österreichischen Krimiautor Wolf Haas, dessen Reihe um Kommissar Brenner ich ebenfalls sehr gern lese (muss ich auch endlich mal wieder was von lesen). Ich hoffe, dass Walter Leitner weiter macht, und es wirklich mal einen weiteren Fall für den Kosmak gibt. Aber erst mal habe ich ja noch seinen ersten Fall, und somit Leitners ersten Krimi vor mir, und darf weiter gespannt sein, über dessen Entwicklung, und die stilistischen Finessen, auf die Leitner sicher weiterhin aufmerksam machen wird.
@Maria: Danke für den Einblick. Ja, dieser Schreibtisch war für ihn offenbar ein kleines Stückchen Heimat, das er sich erhalten wollte und konnte. Und das ihm sicherlich auch die nötige Ruhe beim Schreiben gegeben hat. Alles an seinem Platz, Ordnung. Wenigstens dort, wenn schon sonst nicht auf der Welt und im Leben. Eine Konstante, die er sicher brauchte, um die Ruhe zum Schreiben zu finden. Das wird ihm sehr geholfen haben. Das macht Inge Jens‘ Ausgangspunkt (seinen Schreibtisch) noch gewichtiger. Ich glaube auch, nachdem was Du geschrieben hast, dass es vielleicht sogar gut ist, dass außer dem Schreibtisch (und Thomas Mann an seinem Schreibtisch auf dem Titelbild) keine Fotos abgebildet sind. Weniger ist hier sicher mehr, und nichts lenkt von dem Ausgangspunkt ab. Ich finde die Idee sehr reizvoll. Und sollte ich mal etwas über Thomas Mann lesen wollen, stünde dieses Buch ziemlich weit oben.
@Manuela: Da wünsche ich Dir gute Besserung, und hoffe, dass es bald wieder bergauf geht. Auch mit dem Lesen. Gute Ablenkung wünsche ich Dir damit!