Sehr begeistert habe ich mich die letzten Tage durch
„Das Geisterschiff oder Der fliegende Holländer“ (Originaltitel:„The Phantom Ship“) von
Frederick Marryat geschmökert.
Von wem könnte man sich auch besser und zuverlässiger ein Seefahrer-Abenteuer erzählen lassen, als von Frederick Marryat, der selbst bereits seit seinem dreizehnten Lebensjahr zur See gefahren ist? Zunächst als Matrose, und nur zehn Jahre später als Kapitän. Der Leser ist bei ihm also in besten Händen. Zudem vermag er wunderbar zu erzählen, daran lässt dieser Klassiker aus dem Jahr 1839 keine Zweifel.
Erzählt wird die Geschichte von Philipp Vanderdecken, der von seiner sterbenden Mutter in ein Geheimnis eingeweiht wird. Sie vertraut ihm an, dass sein Vater, während dieser als Kapitän eines Schiffes das Kap der guten Hoffnung umschiffen wollte, einen gotteslästerlichen Fluch ausgesprochen habe, und seither dazu verdammt sei bis zum Jüngsten Tag auf einem Geisterschiff die sieben Weltmeere zu durchkreuzen. Jedes Schiff, das dem Geisterschiff begegnet, steht ein großes Unglück bevor. Nur sein Sohn vermag ihn von dem Fluch zu befreien. Die Frau des unglückseligen Kapitäns beauftragt auf dem Sterbebett ihren Sohn, den Vater von seinem grausamen Bann zu erlösen. Fortan segelt Philipp auf den Weltmeeren, und versucht seiner Bestimmung zu folgen.
Die Geschichte beruht auf einer alten Sage, die man sich unter Seeleuten erzählte. Frederick Marryat griff sie für diesen Roman auf, der u. a. Richard Wagner zu seiner Oper „Der fliegende Holländer“, Wilhelm Hauff zu seinem Märchen „Gespensterschiff“ und jüngst Filmproduzenten zur Kinofilm-Reihe „Fluch der Karibik“ inspiriert hat.
Es ist ein herrlicher Schmöker, den man gar nicht mehr aus der Hand legen will. Und doch ist der Roman nicht nur das, sondern Frederick Marryat setzt sich darin für seine Zeit erstaunlich offen und kritisch mit dem christlichen Glauben und der Katholischen Kirche auseinander. Entblößt sie, und zeigt all ihre Doppelmoral und Grausamkeit im Namen des Herrn auf. Stellt in Frage, ob es sein kann, dass ein Glaube der einzig richtige sei. Auch fragt der Roman danach, ob es so etwas wie Schicksal und Vorsehung gibt. Und wenn ja, ob solch eine Höhere Aufgabe eine Last ist, oder derjenige, der solch eine höhere Aufgabe zu erfüllen hat, nicht letztlich doch beneidenswert ist.
Gelesen habe ich die TB-Ausgabe aus dem Unionsverlag in der Übersetzung von Maria Elisabeth Biener aus dem Jahr 1970. Das passende und atmospährische Cover dieser Ausgabe bildete für mich den perfekten Rahmen für einen großen Lesegenuss.
Anmerkung: Es gibt ein kostenloses
ebook in der Übersetzung von Carl Kolb, die auch gut lesbar ist.