Er war einer der Mitbegründer des Detection-Club. Er war an der Erarbeitung der "10 goldenen Regeln" für Krimiautoren beteiligt. Er setzte im Folgenden alles daran, sie zu umgehen, ohne sie zu brechen. Und er lieferte Alfred Hitchcock die Vorlagen für 1 (bzw. 2) Hörspiele und einen Film. Und trotzdem kennt ihn hierzulande kein Mensch mehr. Zugegebenermaßen ist sein Werk überschaubar, übersetzt wurde nicht einmal die Hälfte, und dann schrieb er teilweise auch noch unter Pseudonym (Francis Iles).
Nur wenige Titel wurden vor dem zweiten Weltkrieg übersetzt (und sind heute kaum noch zu zivilen Preisen zu bekommen), später erschienen dann gekürzte Neuauflagen bei Ullstein und den Heyne Crime Classics, bis sich der Diogenes Verlag mit einem (leider nur halbherzigen) Versuch meldete und zwei Romane hochwertig übersetzen ließ:
"Der Fall mit den Pralinen" aus dem Zyklus um den ebenso eingebildeten wie unfähigen Hobbykriminalisten Roger Sheringham erfuhr damit schon die dritte deutschsprachige Veröffentlichung, aber die erste in ungekürzter Fassung, und die Lektüre ist ein großés Vergnügen, wenn sich 6 Hobbykriminalisten daransetzen, einen Mord anhand der mäßigen Indizienlage aufzuklären, und jeder für sich zu einer ebenso schlüssigen wie falschen Lösung kommt.
Noch interessanter fast ist "Der verschenkte Mord" (ebenfalls zuvor schon gekürzt veröffentlicht), in dem der todkranke Mr. Todhunter vor dem Dilemma steht, mit seiner verbliebenen Lebenszeit noch etwas Sinnvolles anzufangen. Er entscheidet sich für einen Mord - allerdings einen für das Allgemeinwohl. Es soll ja kein Unschuldiger leiden, sondern jemand, ohne den die Welt besser dran ist. Ein Opfer ist schließlich ausgemacht, doch damit fangen die Probleme erst so richtig an...
Doch damit verliert sich Berkeleys Spur hierzulande leider, sieht man mal von einer Neuauflage des "Falls mit den Pralinen" in den Fischer Crime Classics von 2008 und dem von Jens Wawrczeck eingelesenen Francis Iles-Roman "Verdacht" ab. Der Du Mont-Kriminalbibliothek flog er wohl leider unter dem Radar durch, und auch Klett-Cotta und Kampa haben ihn bisher ignoriert. Schade, denn von kaum einem anderen "Golden Age"-Autor würde ich mir so sehr eine Wiederentdeckung wünschen, wie von Anthony Berkeley. Geht es noch jemandem so?