von Trixie » Mo 20. Jan 2025, 14:55
Leider ein nicht totzukriegendes "Thema", seitdem es vor ein paar Jahrzehnten bei uns in Deutschland zum "Thema" wurde. Ich könnte da ebenfalls seitenlang schreiben (und habe es auch schon oft getan).
Um es auf den Punkt zu bringen: Für mich ist ein literarisches Werk ein Produkt seiner Zeit und seines Kulturkreises und als solches zu behandeln. Das bedeutet für mich: Wie es zuerst veröffentlicht wurde, war es von Autor und Verlag idealerweise auch gedacht und daran hat man (ausgenommen evtl. Rechtschreib-, Setz- und Druckfehler oder Ähnliches) nichts zu korrigieren. Astrid Lindgren schrieb "Pippi Langstrumpf" ab 1945, unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg. Das war selbstverständlich nicht die gleiche Welt, in der Kinder (in Europa) heute heranwachsen, nicht die Sprechgewohnheiten oder die Begriffe, die ihr Umfeld heute verwendet, nicht die Art der Kleidung, die sie tragen, nicht das Verständnis von Rechten und Freiheiten, die einem jedem Menschen zustehen, nicht die Umwelt, die Städte, die Siedlungen, die Gemeinschaften, die Familienbilder, die technischen Möglichkeiten, die Kommunikationswege, nicht die Denkweise oder das Weltbild. Wer ein solches Buch für seine Kinder möchte, soll zu Werken zeitgenössischer Autoren seines Kulturkreises greifen.
Denn wenn wir Bücher, Lieder, Filme, Fotos, Gemälde oder Architektur verändern, verändern wir den Kontext. Sie werden zu Dingen, die die Welt jetzt für richtig und nötig hält, aber sie sind nicht mehr die Werke, die der Schaffende damals aus gutem Grund so und nicht anders gestaltet hat. Nicht grundlos werden jene, die diese Änderungen durchführen, als eigenständige Künstler an diesem Werk genannt. Ihre Arbeit daran muss separat gesehen werden.
Klar können wir uns die Vergangenheit schönmalen. Nur wird dann irgendwann vielleicht keiner nachvollziehen können, warum "People of Color", Menschen mit Behinderung, Menschen mit anderer sexueller Orientierung, Menschen anderer Ethnien oder Religionen protestieren, Wiedergutmachung oder Anerkennung einfordern, wenn doch scheinbar schon Jahrzehnte und Jahrhunderte zuvor so korrekt und feinfühlig auf sie eingegangen und mit ihnen umgegangen wurde.
Über das politisch Korrekte wird bereits jetzt viel zu häufig das -für mich persönlich wichtigere- historisch Korrekte in den Hintegrund gedrängt. Hoffentlich fliegt uns das nicht mal um die Ohren!
Gruß
Trixie
Ich lese gerade:
E. C. R. Lorac: These Names Make CluesViel lesen und nicht durchschauen ist viel essen und nicht verdauen.Rätselforum
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