Hallo alle,
durch den Austausch im Wii-Thread ist mir wieder bewußt geworden, daß sich im Interesse der "politischen Korrektheit" selbst literarische Klassiker nicht vor nachträglicher Änderung sicher fühlen können:
Im konkreten Fall handelt es sich um den Agatha-Christie-Krimi "Zehn kleine Negerlein", welches im Original "Ten Little Niggers" betitelt war, später aber -ich glaube, sogar noch von Christie selbst- zumindest für den amerikanischen Markt umbenannt werden mußte und z.B. "Ten Little Indians" hieß (entsprechende Passagen im Roman wurden ebenfalls angeglichen, denn die "Zehn kleinen Negerlein" kommen ja als Figurengruppe darin vor), weil man im ursprünglichen Titel Diskriminierung zu erkennen meinte oder zumindest befürchtete. Für den deutschsprachigen Raum gilt ähnliches, wenn auch eine ganze Weile später. Hier mal ein Artikel dazu:
Da waren's keine "Negerlein" mehr....
Das ist natürlich nur eines der Beispiele, die allein mir in letzter Zeit untergekommen sind, in denen man also an literarische Werke heranging und sie veränderte zugunsten der "politischen Korrektheit". Selbst Enid Blyton warf man versteckten Rassismus vor, zu Earl Derr Biggers Darstellung des chinesischstämmigen Detektivs Charlie Chan und der Bezeichnungen in seinen Krimis gab es ebenfalls Kritik, wie ich weiß.
Nun steht das alles ein wenig meiner eigenen Ansicht zu der Sache entgegen, denn obwohl ich weiß, daß man heute nicht mehr wertneutral "Neger", "Japse" usw. verwenden kann, sehe ich Literatur, Film und bildende Kunst vor allem als Kinder ihrer Zeit, d.h. sie spiegeln wider, was zum Zeitpunkt ihrer Entstehung ein bestimmter Künstler/ Autor an Meinung vertrat. Diese Meinung mag ganz individuell, lediglich auf ihren Schöpfer beschränkt und somit vielleicht skandalös und revolutionär gewesen sein oder aber repräsentativ für den Zeitgeist einer ganzen Gesellschaft. Mündigen Konsumenten dieser Literatur oder Kunst muß man, meiner Meinung nach, zutrauen können, diese als das zu sehen, was sie sind: vor Jahrzehnten oder Jahrhunderten entstanden und daher mehr oder weniger noch interessant für unsere Zeit, aber naturgemäß nicht mehr unsere Zeit widergebend. Wogegen Konsumenten mit extremistischen Einstellungen von solchen "Übertünchungen" ohnehin nicht beeindruckt sind - die können selbst die Bibel für ihre Anschauungen mißbrauchen, und dennoch käme da (seit Luther ; und einigen hochkirchlichen Sprachwissenschaftlern) auch niemand auf die Idee, mehr am Inhalt zu verändern als unbedingt nötig, um einen so alten Text noch heute verständlich zu halten.
Aber wie ist nun eure Meinung zu Veränderungen in älteren Texten? Sollen sie den zeitgenössischen Tendenzen und Anforderungen in jeder Hinsicht angepaßt werden? Sind sie sonst gefährlich weil diskriminierend? Oder sollte/ muß man diese Gefahr riskieren im Interesse der Darstellung vom Wandel der Anschauungen und der Gesellschaft?
Ich bin auf eure Antworten gespannt.
Gruß,
Trixie