Gerne berichte ich, wie es mir mit dem Umstieg bei "The Shards" aufs Hörbuch ergeht, Steffi.
Es war eine sehr gute Entscheidung! Ich bin gleich mitten drin, und bin mit Freude dabei, und es ist ein richtiger Hörsog entstanden. Damit hatte ich nun nicht gerechnet, da ich ja nicht nur in einer Leseflaute stecke, sondern auch in einer Hörflaute. Warum mich das Hörbuch gleich so reingesogen hat, kann natürlich ein bisschen daran liegen, dass ich mit der Handlung und den Figuren ja schon sehr vertraut bin, da ich ja zunächst 200 Seiten des Buches gelesen hatte. Ich habe beim Hören an der Stelle angesetzt, wo ich das Lesen aufgehört habe. Aber ich musste mich ja nicht mehr in die Handlung einfinden, und die Figuren kennenlernen, das hatte ich ja bereits durchs Lesen. Das war für mich jetzt im Moment vielleicht sehr hilfreich, da mir Anfänge beim Hören oft nicht so leicht fallen wie beim Lesen. Figuren lerne ich beim Lesen schneller/besser kennen, kann sie mir besser merken. Dieser Stress ist mir beim Höreinstieg somit erspart geblieben. Es sind aber auch nicht übermäßig viele Figuren, mit denen man in "The Shards" in Berührung kommt.
Als Hörbuch funktioniert für mich der Stoff zudem wirklich viel besser als beim Buch. Dadurch, dass Bret Easton Ellis sich alle Zeit nimmt, die Geschichte zu entfalten, und es ihm neben dem Plot auch darum geht, die Gesellschaftsschicht (reiche Teenies) und die Zeit der beginnenden 80er Jahre, sowie L.A. bis in die letzten Winkel zu durchleuchten, sind gewisse Längen in dem Buch eine natürliche Begleiterscheinung. Sogar eine wünschenswerte, denn genau das ist ja Bret Easton Ellis' immer wiederkehrendes Thema in seinen Büchern. Beim Hörbuch fallen mir die Längen jedoch nicht so auf, und vor allem nicht schwer, da der Sprecher mich da problemlos durchführt, während ich beim Lesen durch die Längen ins Stocken geriet (weil ich einfach so eine langsame Leserin bin, und auch weil ich derzeit eine so schlechte Lesephase habe, und auch nicht genug zum Lesen komme, um dann das Gefühl zu haben, dabei zu bleiben). Diese Längen sind auch nicht uninteressant. Nur eben beim Lesen gaben sie mir das Gefühl, auf der Stelle zu treten, und viel zu lange bei diesen Nebensächlichkeiten (die in Ellis' Roman wie gesagt aber ja keine Nebensächlichkeiten sondern sein eigentliches Hauptthema sind) zu verweilen. Was ich übrigens sehr mag an dem Buch (das klappt beim Lesen wiederum etwas besser als beim Hören) ist, dass so viele Songs genannt werden, denen man nachspüren will. Umso mehr, wenn man selbst Kind der 80er Jahre ist. Überhaupt beschreibt Bret Easton Ellis diese Zeit hervorragend.
Ein weiterer Punkt, der sehr reizvoll an dem Roman ist, ist der, dass der Erzähler Bret Ellis heißt. Er unterscheidet sich somit vom Autor nur durch "Easton". Und den ganzen Roman über fragt man sich, wie viel Autobiografisches im Erzähler Bret enthalten ist. Immerhin schreibt Bret in dem Roman gerade an seinem ersten Roman "Unter Null". Einiges ist somit auf jeden Fall identisch mit dem Leben des wahren Bret Easton Ellis. Und natürlich auch die Sexualität (Bi- und Homosexualität). Und ob an der Handlung um den Serienmörder, den sogenannten Trawler, womöglich etwas Wahres dran ist, fragt man sich zunächst auch. Besonders interessant wird die Geschichte um den Serienmörder dadurch, dass sie von Bret erzählt wird. Es ist seine Sicht auf die damaligen Ereignisse, und wie er sie erlebt hat. Wie zuverlässig seine Sicht ist, stellt man immer mehr in Frage, was allmählich eine beträchtliche Spannung erzeugt. Genial gemacht!
Frank Arnold ist eine hervorragende Sprecherwahl. Er passt, und ich höre ihm gerne zu, und lasse mich immer tiefer in den Sog der Geschichte um Bret und den Trawler ziehen. Es fällt mir schwer, mit dem Hören aufzuhören.
Übrigens kann man dem Autor nicht vorwerfen, wenn man die ein oder andere Länge beim Lesen verspürt. Er sagte selbst einmal entschuldigend, dass er nicht für den Leser schreibe. Das glaube ich ihm, und das erklärt auch, warum es geschrieben ist, wie es geschrieben ist, und warum es an manchen Stellen nicht geschmeidiger gemacht wurde. (Allerdings will ich betonen, dass es keineswegs langweilig geschrieben ist. Es ist zu jeder Zeit flüssig zu lesen/hören.)
Steffi, vielleicht wartest du noch mit dem Streichen von deiner Liste. Ich werde weiter berichten, ob der Sog anhält, oder ich auch beim Hören ins Stocken gerate.