Hallo zusammen,
@NatiFine: Vielen Dank für Deine Eindrücke, NatiFine!
Stoner ist einer, der sich innerhalb seiner eng steckten Grenzen (Du hast so gut erzählt, wie er aufgewachsen ist) entwickelt hat. Aber die Grenzen sind durch seine Herkunft so eng gesteckt, dass diese Entwicklung so ungenügend ist, um im Leben zu bestehen und an Wendepunkten auch mal über sich hinaus zu wachsen.
Darin sehe ich auch den Grund, für seine Starrheit und seine Unfähigkeit, den geradlinigen Weg einmal zu verlassen. Seine durch seine Herkunft eng gesteckten Grenzen, innerhalb derer er überhaupt Raum hat, sich zu entwickeln.
Die erste Stelle in Stoners Leben, wo ich gedacht habe, jetzt steht er auf, und ruft Edith zur Ordnung, war wo Edith anfing ihre Spielchen mit ihm zu spielen. Aber er tat es nicht. Und dem folgten so viele Szenen, in denen er es nicht tat. Schlimm schon dass er für sein eigenes Glück und seinen eigenen Stolz es nicht tat. Dass er es aber auch versäumt hat, es für seine Tochter Grace zu tun, ist so tragisch. Und nicht aus mangelndem Mut, sondern aufgrund seiner Geradlinigkeit, die Du so wunderbar beschreibst, NatiFine. Und aufgrund seines rückhaltenden Wesens.
Traurig stimmte mich auch, dass das was er Grace geben konnte, nicht reichte. Er hat ihr Liebe und Aufopferung geschenkt. Aber das reicht einfach nicht. Es hätte mehr kommen müssen. Wo Edith entgegen gewirkt hat, hätte er gegensteuern müssen.
Versäumnisse. Unvermögen den geradlinigen wohlanständigen Weg zu verlassen. Und dadurch – zurückschauend auf sein Leben – trotz wohlanständiger und prinzipientreuer Entscheidungen (womit er auch Mut bewiesen hat!) – nicht immer richtig gehandelt zu haben. Das stimmt wirklich nachdenklich. Anhand des Beispiels mit seinem Widersacher Lomax und dessen Schützling Walker hat Stoner als einer von gewiss sehr wenigen konsequent die Stirn geboten, obwohl für ihn selbst Nachteile dadurch zu befürchten waren. Eigentlich sollte man Stoner dafür auf die Schulter klopfen. Und doch konnte ich es nicht. Denn wie vergebens dieser Widerstand sein würde, war mir klar. Menschen wie Walker gehen ihren Weg. Aber es ist doch traurig, dass es so ist. Und man dem einzigen, der das Prinzip höher stellt als das eigene Glück, zurufen möchte: Gib es auf. Gib klein bei. Sonst kommst Du (!) zu Schaden!
Aber so ist es im Leben. Stoner wirkte auch deshalb so glaubwürdig und authentisch auf mich. Weil er nicht als der Held aus seinem eigenen Leben hervorging.
Du hast meine Eindrücke zum Buch inzwischen nachgelesen, und weißt somit, dass ich an einer Stelle wirklich um Stoner geweint habe. Das war zu Zeiten der letzten verzweifelten Tage mit Katherine, es hat mir das Herz zerbrochen. So wenig Glück musste für ein ganzes Leben reichen. Auch hier hätte er sich anders entscheiden sollen. Auch Katherine scheint nie glücklich geworden zu sein, zumindest hat sie nie geheiratet. Und um welchen Preis? Grace ist nicht glücklicher dadurch geworden, wie sich zum Ende hin zeigt. Und Edith wusste doch nichts von alle dem zu schätzen. Er und was er ihr bieten konnte, war doch eh an keiner Stelle genug.
Aber so glaubhaft. Die Menschen stolpern oft über ihr Unvermögen jemand anders zu sein.
Tolles Buch, es lässt mich bis heute nicht los, wie Du gewiss merkst.
Deinen Bericht, dem ich angemerkt habe, wie sehr auch Dich Stoners Geschichte berührt hat, habe ich daher sehr genossen! Schön, dass Stoner einen Platz auf Deinem Blog findet.
Und je mehr ich drüber nachdenke, umso mehr liebe ich dieses Buch!
@Steffi: Ich bin auf Deine Eindrücke zu "Der Junge muss an die frische Luft" sehr gespannt. Ich habe es auch noch vor mir.