Liebe NatiFine,
liebe Didonia, liebe Maria, und ihr anderen Lieben,
schön von Dir zu lesen, so aus der Halbzeit Deines Segel-Sommers, NatiFine!
Sehr schöne Hörereien, ich habe Deinen Bericht sehr genossen! Aus der Reserve locken brauchst Du mich damit gar nicht, das passiert bei Deinen Berichten von ganz allein. Nur die Zeit zum antworten fehlte noch. Es ist ein wuseliges Jahr bei mir, und ich verzettel mich allzu oft.
Jetzt aber!
Von Hemingway möchte ich lange schon was lesen. Ich bin mir nicht sicher, wie er auf mich wirken wird. Einerseits finde ich es schön, wie Maria auf ihn blickt (mit einem berührten und nachsichtigen Blick). Andererseits weiß ich nicht, ob mir dieser Blick gelingen wird, denn einige seiner Charakterzüge sind welche, die mich an Menschen abstoßen. Es gibt ja immer Schwächen mit denen man gut klarkommt, und andere, die einen anpieksen. Seine pieksen mich glaube ich an (das geht uns wohl ähnlich, NatiFine). Aber das muss noch lange nichts darüber sagen, wie seine Bücher auf mich wirken werden (es gab schon diverse Male wo ich von Büchern schier begeistert war, nicht aber von der Person des Autors). Aber ich bin umso gespannt darauf, wie er auf mich wirkt, wenn ich ihm mal die Gelegenheit gebe. Spannend finde ich, dass Ihr ihn so unterschiedlich empfindet. Bei mir wird es aber vermutlich nicht „Fiesta“ sein, welches ja einiges auch von Hemingway selbst widerzuspiegeln scheint. Maria, sagen möchte ich an der Stelle noch, dass es Dir gelingt, mich neugierig darauf machst, den Autor aber auch den Menschen Ernest Hemingway kennenzulernen. Das ist schon eine Leistung, denn wie oben beschrieben, liegen mir seine Charakterzüge nicht. Aber Dir gelingt es in der Tat, das Licht auch aus einer anderen Seite auf ihn zu werfen. Und das macht mich immerhin neugierig.
Hingegen “Thorbergs Weihnachten“ habe ich auf meinem iPod, und nun freue ich mich umso mehr, dieses Hörbuch von Ferdinand von Schirach in der Vorweihnachtszeit zu hören. Letztes Jahr bin ich nicht dazu gekommen.
Dass Dir “Emma“ Vergnügen bereitet hat, kann ich gut verstehen. Ich mag diesen Roman von Jane Austen auch sehr. Und habe Emma auf ihrem Weg zu mehr Demut und mehr Zurückhaltung sehr gern verfolgt.
Auf “Katzentisch“ machst Du sehr neugierig! Da bin ich froh, dass ich das Buch zu Hause stehen habe.
Dass Dir der Sprecher bei “Das Böse unter der Sonne“ nicht lag, ist schade! War es vielleicht Jürgen Tarrach (es gibt von diesem Agatha Christie-Krimi eine ungekürzte Lesung mit ihm)? Er hat mir mal ein Hörbuch total vermiest, und zwar „Leo Kaplan“ von Leon de Winter. Ich liebte dieses Buch, und wollte die Geschichte noch einmal erleben. Er hat mit seiner Stimme etwas ganz anderes daraus gemacht, der Geschichte die Seele herausgerissen, da er so eine Kälte und Härte hineingebracht hat, die ich beim Lesen ganz und gar nicht empfunden hatte. Wo blieb die wunderbare Melancholie? Und das mit einem Bein schon in den Wahnsinn abgerutscht sein? So emotional das Buch, so kalt und leblos das Hörbuch. Ansonsten gibt es noch die ungekürzte Lesung vom Verlag und Studio für Hörbuchproduktionen, das der wunderbare Martin Maria Schwarz spricht. Der ist es vermutlich nicht?
Da bin ich auch bei Eurer Unterhaltung über Buch oder (ungekürztes) Hörbuch, NatiFine und Didonia. Einerseits ist es richtig. Inhaltlich kann man das Buch mit der ungekürzten Lesung gleichsetzen. Man kann sich darüber austauschen, egal ob man das Buch oder die ungekürzte Lesung kennt. ABER einen Einwand. Wenn ich „Leo Kaplan“ nur gehört und nicht gelesen hätte, hätte ich gänzlich andere Empfindungen zum Buch und zur Figur des Leo Kaplan aufgebaut. Ein Sprecher kann das etwas in eine ungute (aber auch in eine gute) Richtung beeinflussen. Ich habe z. B. lange überlegt, ob ich „Jenseits von Afrika“ lesen oder hören soll, da vor einigen Monaten ja die verlockende ungekürzte Lesung erschienen ist. Ich habe mich dennoch für meine (wunderschöne!) Buchausgabe entschieden. Und bin darüber so froh. Ich bin mir sicher, dass mir das Hörbuch nicht die Zeit gegeben hätte, die mir das Buch gibt, um all die entstehenden Bilder in meinem Kopf aufzubauen, die Tania Blixen in ihren Sätzen gemalt hat. Und sie in Ruhe zu betrachten und zu genießen, sie sich entfalten und wirken zu lassen. Ich glaube, ich hätte mich um einen Teil des Inhalts trotz der ungekürzten Lesung beraubt.
Wie seht Ihr das? Ich wäre auf Eure Meinungen dazu gespannt!
Und möchte auch an dieser Stelle etwas aufgreifen, was NatiFine schrieb: Wie wundervoll, dass man in diesem Forum wirklich Meinungen und Empfindungen austauschen kann, ohne dass es Bekehrungen sind! Das ist selten, und das erfreut mich immer wieder, wenn es uns hier gelingt! Danke an Euch alle dafür! Bereichernd die Meinungen und Empfindungen in ihrer Vielzahl!
Damit genug für jetzt. Ich freue mich auf weiteren Austausch über all die Themen mit Euch!