Hallo Steffi und Rachel,
ich schreibe auch mal in Spoiler-Schrift:
Ich empfand den Abschluss - dass der Junge doch noch auf MENSCHEN (also Gute) gestoßen ist - nur nicht so sehr als Botschaft/Aussage. Sondern einfach als Ausgang der Geschichte. Ab hier geht der Junge alleine seinen Weg - ohne den Leser.
Und den religiösen Touch habe ich auch nicht als so stark empfunden. Vielmehr als Hoffnungsschimmer dort, wo es keine Hoffnung mehr gibt. Das fest dran glauben wollen, dass jeder das Licht in sich trägt und es einen Gott gibt. Mehr Religiösität habe ich hierin nicht empfunden. Wenngleich ich Dein Statement, liebe Steffi, durchaus interessant und auch vertretbar finde, dass es sich hier um eine typisch amerikanische Aussage handeln könnte: Lieber im Glauben Halt finden als in einer Gruppe. Da könnte schon was dran sein. Aber als aufdringlich habe ich diesen Aspekt nicht gefunden. Denn ich fand, man konnte das auch anders interpretieren. Denn wenn nichts mehr übrig ist, wofür es sich zu leben lohnt, dann muss man sich eigentlich ja einen Grund erfinden (oder an einem alten Glauben festhalten), um nicht ganz zu verzweifeln. So wie Rachel schrieb: Lohnt sich solch ein Leben überhaupt?
Die Frage allerdings ob der Vater überhaupt dem Jungen solch ein Leben hat zumuten dürfen, würde ich mir so auch nicht stellen. Sie drängt sich auf, richtig. Durch den Weg der Mutter - denn damit zeigt Cormac MacCarthy ja einen anderen möglichen (Aus-)Weg auf. Aber ich hätte mir an der Stelle des Vaters diese Frage wohl auch nicht gestellt. Denn ich denke, dass es einfach ein Naturinstikt ist, dass man überleben will. Egal wie trostlos es auch ist. Warum man dennoch so am Leben festhält hingegen ist eine gute Frage, die man sich hier im Zusammenhang wirklich stellen kann. Aber ich würde es mit der Natur des Menschen - nein, eines jeden Lebewesens - begründen. Deshalb blieb dem Vater - als Mensch - gar nicht so viel anderes übrig. Bzw. ich erkenne da kein richtig und kein falsch. Die Mutter und der Vater haben beide für mich nachvollziehbare Wege gewählt. Wobei ich den Vater nachvollziehbarer finde. Denn den Jungen einfach so zurücklassen, wenn man sich selbst in den Tod flüchtet, ist auch nicht gerade nett. Da fand ich das Verhalten des Vaters doch deutlich besser.
Dass der Vater nur gut ist, glaube ich auch nicht. Und ich glaube noch nicht einmal dass Cormac McCarthy ihn also solch guten Menschen/Vater hier wirken lassen wollte. Denn der Sohn ist selbstverständlich das einzige, woran der Vater sich festhalten kann. So wie der Vater auch das einzige ist, woran der Junge sich festhalten konnte. Dass der Vater sich auch festhält (somit auch egoistisch ist), fand ich nur menschlich. Und er hat (hierin liegt für mich der Punkt, in dem er wirklich GUT war) versucht, dem Jungen Mut zu machen, damit er möglichst wenig Angst hat. Mehr konnte er für den Jungen leider ja nicht tun.
Nochmal zu der Frage ob es ok war den Jungen einem solchen Leben auszuliefern. Ihn darin allein zu lassen. Natürlich ist das eine gute Frage. Aber ich denke es geht auch um Arterhaltung. Vielleicht stößt der Junge irgendwo ja auf ein Mädchen... möchte man die Chance auf einen Wiederaufbau der Welt durch eine Flucht in den Tod zerstören? Das würde ich mich auch fragen an der Stelle des Vaters.
Ich fragte mich übrigens auch, ob die Menschen, die den Jungen aufgenommen haben, wirklich die Guten sind. Aber ich war beruhigt, als ich hörte, dass der Mann den toten Vater des Jungen wirklich mit einer Decke zugedeckt hatte. Der Mann wusste als er es dem Jungen gegen seine eigene Überzeugung (die Decke hätte er selbst viel besser gebrauchen können) versprach noch nicht, dass der Junge abermals zum toten Vater umkehren wollte um sich von ihm zu verabschieden. Hätte er den Jungen austricksen wollen, hätte er sich dann die Mühe gemacht den Vater zuzudecken? Und er hätte den Jungen auch einfach so schnappen können. So hatte ich für mich die Geschichte beruhigt beendet, was des Jungen neue Gruppe angeht.
Sprachlich fand ich das Buch wie gesagt auch sehr, sehr gut und eindringlich! Nur über den Inhalt weiß ich nach wie vor nicht so recht, ob er mir was gegeben hat. Eine gewisse Wirkung hat der Inhalt schon. Aber ich weiß nicht, ob das nachhaltig sein wird. Und greifen kann ich es auch nicht.
Ich bin gespannt Rachel, wie Dir dann die Lesung gefallen wird. Ich fand sie sehr gut! Habe aber auch keinen Vergleich zum Buch. Denn wenn man selber liest, ist es ja doch meistens eine andere Erfahrung.