Leserunde: Thomas Mann - Doktor Faustus

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Re: Leserunde: Thomas Mann - Doktor Faustus

Beitragvon JMaria » Sa 5. Jul 2014, 10:47

Steffi, Br Online bietet das Hörspiel in 2 Teilen an:

Oskar Panizza: Das Liebeskonzil

http://www.br.de/radio/bayern2/sendunge ... l-100.html

hier gehts zum ersten Teil:
http://www.br-online.de/podcast/mp3-dow ... pool.shtml

zweiter Teil ab 11.07.14

hier noch Infos zum Fall "Panizza"
http://www.br.de/radio/bayern2/sendunge ... l-104.html

Diese "Himmelstragödie" erschien 1894 und erregte einen Skandal; auf einem himmlischen Liebeskonzil wird beschlossen, die Menschheit wegen den sexuellen Ausschweifungen zu bestrafen, dem Teufel wird aufgetragen, eine ansteckende Krankheit zu erfinden, die Verführerin, durch die die Krankheit Syphilis verbreitet wird, ist Salome.

Hier haben wir einen Stoff der auch in Doktor Faustus vorhanden ist.

Richard Strauss' Salome soll ja auch ein Schlüssel sein für das Verständnis des Doktor Faustus.

Thomas Mann hat einen kurzen Artikel in der von seinem Bruder geleiteten Zeitung "Das zwanzigste Jahrhundert darüber verfasst.

Ich dachte, das könnte dich interessieren, auch wenn wir noch nicht so weit im Faustus vorangeschritten sind.
Schöne Grüße, Maria
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Re: Leserunde: Thomas Mann - Doktor Faustus

Beitragvon steffi » Sa 5. Jul 2014, 13:53

Danke ! Was du wieder alles findest :D
Gruss von Steffi

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Re: Leserunde: Thomas Mann - Doktor Faustus

Beitragvon JMaria » So 6. Jul 2014, 14:21

steffi hat geschrieben:
In Kapitel VI wird das Mittelalter thematisiert. Wenn ich es richtig verstanden habe, wollte TM ja eine Art deutsche Geschichte mit einbringen. Mir gefiel seine Aussage, dass das Volk mittelalterliche Denkweisen in sich hat und die nicht durch Religion sondern durch LIteratur und Humanismus in Grenzen gehalten werden können.


Ein interessanter Gedanke.
Wo wurzeln die Gedanken des Nationalsozialismus, könnte man sich fragen und hat sich vielleicht TM gefragt bei diesem Romanprojekt. Siehe Kapitel VI...

...hier ein ungescheutes Wirt, das aus den Erfahrungen unserer Tage kommt. Für den Freund der Aufhellung behalten Wort und Begriff des >Volkes< selbst immer etwas Archaisch-Apprehensives, und er weiß, daß man die Menge nur als >Volk< anzureden braucht! wenn man sie zum Rückständig-Bösen verleiten will...



Auch Onkel Nikolaus scheint dem Mittelalter entsprungen zu sein, zwischen all den alten Instrumenten und dem Haus aus dem 16. Jahrhundert.
.


Ja, und die Beschreibungen der Instrumente und deren Töne, die sie hervorbringen, war wunderbar beschrieben.

Im Kapitel VII entdeckt Zeitblom und der Onkel Adrians Musikbegabung. Ich verstand nicht viel von den Ausführungen.

Die Stadt Kaisersaschern ist fiktiv; sie liegt an der Saale nahe Merseburg und Naumburg.
Doch die Beschreibung der Gassen und Oheim Leverkühns Bürgerhauses erinnert an Lübeck, schon die über dem Eingang gelegenen fünf Fenster ist identisch mit dem Buddenbrookhaus.

Der Name Kaisersaschern hat etwas von Niedergang in sich (wie auch schon im Namen Aschenbach), das lässt vermuten, daß Örtlichkeiten in Doktor Faustus gleich wichtig sind wie Personen (?)
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Re: Leserunde: Thomas Mann - Doktor Faustus

Beitragvon steffi » So 6. Jul 2014, 17:18

JMaria hat geschrieben:Der Name Kaisersaschern hat etwas von Niedergang in sich (wie auch schon im Namen Aschenbach), das lässt vermuten, daß Örtlichkeiten in Doktor Faustus gleich wichtig sind wie Personen (?)


Naja, der Kaiser war ja damals im Prinzip Asche, insofern passt es ganz gut ;) Ich denke, nicht umsonst hat sich TM die Saale ausgesucht - Weimar (Goethe), Jena (Schiller), Wittenberg (Luther) und Leipzig (Wagner) ist ja alles 'ums Eck'. Und Orte prägen ja auch die Menschen.
Gruss von Steffi

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Re: Leserunde: Thomas Mann - Doktor Faustus

Beitragvon JMaria » So 6. Jul 2014, 18:21

steffi hat geschrieben:
JMaria hat geschrieben:Der Name Kaisersaschern hat etwas von Niedergang in sich (wie auch schon im Namen Aschenbach), das lässt vermuten, daß Örtlichkeiten in Doktor Faustus gleich wichtig sind wie Personen (?)


Naja, der Kaiser war ja damals im Prinzip Asche, insofern passt es ganz gut ;) Ich denke, nicht umsonst hat sich TM die Saale ausgesucht - Weimar (Goethe), Jena (Schiller), Wittenberg (Luther) und Leipzig (Wagner) ist ja alles 'ums Eck'. Und Orte prägen ja auch die Menschen.



Der Kaiser war damals im Prinzip Asche.... Ein toller Gedanke.

Wie kommst du mit dem Kapitel VIII klar?
Sobald die Musik ins Spiel kommt, tue ich mir mit dem Verständnis schwer. Immerhin erkenne ich, daß es mit Beethoven Opus 111 auf eine Art Polyphonie hinausläuft, wie schon das in den Kapitel zuvor erwähnte singen im Kanon, das die Jungens von der Magd Hanna erlernten. Die feinen Verwebungen der Motive gefallen mir sehr gut.

http://de.m.wikipedia.org/wiki/Klaviers ... (Beethoven)
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Re: Leserunde: Thomas Mann - Doktor Faustus

Beitragvon steffi » Mo 7. Jul 2014, 15:40

JMaria hat geschrieben:Wie kommst du mit dem Kapitel VIII klar?
Sobald die Musik ins Spiel kommt, tue ich mir mit dem Verständnis schwer.


Geht mir genauso. Ich denke, so das Grobe kriege ich meistens mit, allerdings muss ich mich da schon konzentrieren. Ich habe auch vor, mir das eine oder andere mal im Internet anzuhören. Schön erzählt finde ich, wie Adrian seine Liebe zur Musik entdeckt (auch mit der Magd als sinnliches Vergnügen) und auch, wie er dann versucht, die Musik logisch zu verstehen.

Ich komme zum XI Kapitel.
Gruss von Steffi

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Re: Leserunde: Thomas Mann - Doktor Faustus

Beitragvon JMaria » So 13. Jul 2014, 18:22

Ich lese gern über das Studentenleben der jungen Leute und über die Lehrer und deren speziellen Ansichten über Bibellehren und Kirchengeschichte. Professor Ehrenfried Kumpf, als wuchtige Erscheinung, der dem Teufel alle mögliche Namen gibt um ihn zu umschreiben; Eberhard Schleppfuß mit seinem schwarzen Umhang und der Metallkette als Schließe....alle irgendwie skurril.

Gut und böse, Himmel und Hölle, die uralten Themen, die nie wirklich alt werden. Ob Doktor Faustus oder Harry Potter...

Hier mal Dürers Bild der Melencholia, eine solche Jupitertafel (Zahlentafel) wie auf dem Bild zu sehen, hatte Adrian in seiner Studentenbleibe.

http://de.m.wikipedia.org/wiki/Melencolia_I

Ein Wahnsinnsbild wenn du mich fragst, voller Symbolik, an denen die Fachleute noch heute deuten.

Wegen der Sprache hat Thomas Mann viel gelesen was Luther schrieb und ich meine auch ab und zu einen Spruch zu erkennen, bin mir aber nicht ganz sicher, so z. B. Professor Kumpf .... "...es gehet mit Kräuter zu... überhaupt kopiert dieser Professor sehr gerne am Tisch Luther, so mein Eindruck.
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Re: Leserunde: Thomas Mann - Doktor Faustus

Beitragvon steffi » Di 15. Jul 2014, 08:58

Ich habe mit der Religionsphilosophie in den Studentenkapiteln so meine Schwierigkeiten. Wenn ich nicht zuviel darüber nachdenke, geht es aber ;) Somit bin ich noch nicht sehr weit gekommen und am Anfang des XIV. Kapitels. Nett, wie er "dezent" darauf hinweist, dass das vorige mit der Hexengeschichte extra das XIII. Kapitel war. Da musste ich schon sehr schmunzen.

Das Bild der Melencolia ist ja nicht wirklich beruhigend. Ist aber sehr passend zu Leverkühn mit der Verbindung Kunst-Wissenschaft und der Melancholie als Ausdruck des Genies. Auch erstaunlich, welche Wirkung das Bild entfaltete.
Gruss von Steffi

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Re: Leserunde: Thomas Mann - Doktor Faustus

Beitragvon JMaria » Do 17. Jul 2014, 15:27

steffi hat geschrieben:Ich habe mit der Religionsphilosophie in den Studentenkapiteln so meine Schwierigkeiten. Wenn ich nicht zuviel darüber nachdenke, geht es aber ;) Somit bin ich noch nicht sehr weit gekommen und am Anfang des XIV. Kapitels. Nett, wie er "dezent" darauf hinweist, dass das vorige mit der Hexengeschichte extra das XIII. Kapitel war. Da musste ich schon sehr schmunzen.


ich mußte ebenfalls schmunzeln.
Teile aus dem XIII. Kapitel lesen sich wie aus dem Hexenhammer, den ich nicht gelesen habe, mir aber inhaltlich ähnlich vorstelle. Die Versuchung ist immer weiblich ;-)

Ich tue mir nun etwas schwer mit dem 'Scheunen'gespräch im XIV.
Schöne Grüße, Maria
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Re: Leserunde: Thomas Mann - Doktor Faustus

Beitragvon JMaria » So 20. Jul 2014, 08:45

Hallo Steffi,

in den nächsten Kapitel tut sich so einiges. Leverkühn plant sein Theologie Studium abzubrechen, Zeitblom deutet die Anzeichen bereits richtig. Es erfolgt eine räumliche und zeitliche Trennung; Leverkühn geht nach Leipzig, Zeitblom zum Militär.

Im Kapitel XVI gibt es einen Brief in einer parodischen Ton, ganz barock. Leverkühn wird in eine Schlupfbude geführt, trifft eine "bräunliche, mit spanischen Jäckchen,... Esmeralda", flieht ... Kommt noch "unschuldig" aus diesem Etablissement (?). Doch ab dem Zeitpunkt ist er auf diese Esmeralda fixiert, denn er nutzt die Uraufführung der "Salome" von Richard Strauß in Graz dazu in Preßburg, wohin es Esmeralda verschlagen hat, zu besuchen. Sie leidet an einer Geschlechtskrankheit, Syphilis vermutlich, und warnt Adrian. Er muß sich aber angesteckt haben, denn er beginnt eine Behandlung. Grotesk wie die Arztbesuche verlaufen ! Nicht wahr?

(Daß Adrians erste Sexuelle Erregung in einem anderen Ton verfasst ist, hier im Brief eine lutherische Sprache, wundert mich nicht. Im Zauberberg benutzte Thomas Mann die französische Sprache als sich Hans und Clawdia näher kamen.)


In Seelenzauber von Hans Rudolf Vaget wird etwas interessantes über Salome und die Hintergründe berichtet, schau mal hier:

http://books.google.de/books?id=uc9sAgA ... za&f=false

Auszugsweise:
In dem Interesse an der dämonischen Dimension des Sexuellen berühren sich Thomas Mann, Panizza und Strauss, beziehungsweise Oscar Wilde, und in der mythischen Rolle Salomes als Quelle der Syphilis findet ihre Präsenz im Doktor Faustus eine weitere Rechtfertigung...

Die Verknüpfung Leverkühns mit dem Werk Salome von Strauss hat wohl einige Gründe, u.a. daß Salome zu der musikalischen Moderne eingeordnet wird.

Die Grazer Premiere der Salome ging in die Annalen der Musikgeschichte ein, so mancher mit Rang und Namen war vertreten, man sagt sogar der 17jährige Hitler sei anwesend gewesen. So schreibt es Stefan Zweig in seinem Buch Die Welt von Gestern im Kapitel Incipit Hitler. In Thomas Manns Tagebücher ( 4.3.1944) gibt es Anzeichen, daß er sich während des Doktor Faustus mit Stefan Zweigs Buch beschäftigte, wohl kein Zufall.

Im habe mit Kapitel XX begonnen.
Schöne Grüße, Maria
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