Leserunde - Robert Musil: Der Mann ohne Eigenschaften

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Leserunde - Robert Musil: Der Mann ohne Eigenschaften

Beitragvon JMaria » Sa 19. Mai 2018, 11:30

Hallo zusammen,

Steffi und ich werden Musils Hauptwerk lesen und wer mitmachen möchte, ist herzlich eingeladen mitzulesen!

„Der Mann ohne Eigenschaften“, der Roman den Robert Musil nicht beenden konnte, ist eins der bedeutendsten literarischen Werke des 20. Jahrhunderts.

Er ließ sich Jahrzehnte Zeit für MoE, so dass er 1942 völlig verarmt starb. Sein Bestreben war wohl irgendwie einen Weg zu finden, zwischen Wirklichkeitsverweigerung und Möglichkeitswirklichkeit. Daraus entstand dann ein Werk voller Bildhaftigkeit und Tempo, das dem Leser kaum Pausen erlaubt.

Ich glaube, er hat auch das Wort „Kakanien“ erfunden, für die K&K Monarchie. Der Begriff kam mir kürzlich in Jakob Hein „Die Orient-Mission des Leutnant Stern“ unter und war mir neu.


Musil selbst sagte:

Thomas Mann und Ähnliche schreiben für die Menschen, die da sind, ich schreibe für Menschen, die nicht da sind!

Hier ein paar weiterführende Links:
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Der_Man ... enschaften

Man kann MoE in einer neuen Gesamtausgabe entdecken:
http://jungundjung.at/content.php?id=2&b_id=248
https://www.welt.de/kultur/literarische ... nimmt.html

oder gratis, Gutenberg
Band 1
https://www.amazon.de/Mann-ohne-Eigensc ... enschaften

Band 2
https://www.amazon.de/Mann-ohne-Eigensc ... enschaften

Ich benutze diese:

https://www.amazon.de/Gesammelte-Werke- ... ften+Frise

https://www.amazon.de/Mann-ohne-Eigensc ... ften+Frise

Es gibt auch ein Hörspiel Remix des Bayer. Rundfunks.
https://www.br.de/radio/bayern2/sendung ... ad100.html
(Das würde ich mir dann nach dem Lesen anhören)

Graphic Novel
https://www.suhrkamp.de/graphic-novel/n ... _1092.html

Figurenlexikon:
http://literaturlexikon.uni-saarland.de/?id=31

Offizielle Musil-Seite
http://musilonline.at
http://musilonline.at/musiltext/
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Re: Leserunde - Robert Musil: Der Mann ohne Eigenschaften

Beitragvon steffi » Sa 19. Mai 2018, 12:02

Danke, JMaria !

Ich wollte eben auch einen neuen thread eröffnen, bin aber an der Entstehungsgeschichte hängen geblieben. Spannend, dass der Roman unvollendet blieb, aber ein riesiger Nachlass mit über 10.000 Blättern vorhanden war. Es gibt auch mehrere Editionen, wovon die von Adolf Frisé die wohl gängigste ist. Und dann gibt es noch eine digitale Ausgabe mit dem gesamten Nachlass von Walter Fanta.

Ich werde an diesem Wochenende beginnen, ich lese zuerst mal das ebook.
Gruss von Steffi

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Re: Leserunde - Robert Musil: Der Mann ohne Eigenschaften

Beitragvon JMaria » So 20. Mai 2018, 08:53

Hallo Steffi,

ich muss mir die Entsehungsgeschichte auch noch näher betrachten, ich habe sie bisher nur überflogen.

Walter Fanta hat, wenn ich das richtig verstehe, den MoE in seiner textlichen Entwicklung in eine chronologische Reihenfolge gebracht. Die Info ist sehr interessant. Danke dir! Das Buch ist ja ganz schön teuer !

Karl Corino schreibt in der Biographie über Musil, dass der Autor sich in seinen Texten und Korrekturen verlor, von Zettelkasten hielt er nichts. Er hätte es im Zeitalter des Computers einfacher gehabt, wenn es auch generell nichts an seinen Problemen mit seinem Werk geändert hätte, aber das redigieren wäre schneller gegangen.

man kann es erahnen, wenn man die Faksimiles durchforscht... oder die verschiedenen Teil- und Vorabdrucke..
http://musilonline.at/archiv/
http://musilonline.at/archiv/nachlass/faksimiles/

In den ersten sieben Kapitel erfahren wir so nach und nach wo wir uns befinden (Wien), wann der Roman beginnt (Ein Augusttag 1913), dass der Mann ohne Eigenschaften Mathematker ist, in einem Haus lebt, das auch ziemlich zusammengewürfelt ist in seinen Baustilen, und dass er Ulrich heißt, 32 Jahre alt.

Sätze wie „Auch ein Mann ohne Eigenschaften hat einen Vater mit Eigenschaften“ könnte man auch in Haruki Murakamis Bücher finden. Überhaupt ist alles in der Schwebe, durch den Möglichkeitssinn, wobei der Wirklichkeitssinn in den Hintergrund tritt, und das wirkt sehr modern für einen Roman aus den Anfängen des 20. Jahrhundert.

Finden wir hier bei Musil und seinen Möglichkeitssinn und Wirklichkeitsverweigerung eine ganz ihm eigene Lebensphilosphie, wie schon bei Doderer und der Menschwerdung und der Apperception? Spannend!

Das gefällt mir sehr gut !

Edit:
Ich habe oben die Linkliste erweitert. Besonders aufmerksam machen möchte ich auf die offizielle Seite. Dort findet sich das Gesamtwerk in der Neuausgabe aus dem Jung und Jung Verlag

http://musilonline.at/musiltext/
http://musilonline.at
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Re: Leserunde - Robert Musil: Der Mann ohne Eigenschaften

Beitragvon steffi » So 20. Mai 2018, 18:37

Hallo JMaria,

danke für die vielen links. Ich werde sie mir noch genauer anschauen. Interessant, die Arbeitsweise Musils - erinnert mich an Doderer und seine riesigen Entwürfe.

Ich brauchte gestern drei Anläufe um reinzukommen. Ich muss meinen Geist frei machen von Ablenkungen, sonst kann ich den Sätzen und Wortspielen nicht folgen. An Doderer erinnert mich vieles, die Sprachvirtuosität und wie du schon sagst, eine eigene Philosophie, die anklingt. Mir gefiel die Sache mit dem Möglichkeitssinn auch gut.
Gruss von Steffi

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Re: Leserunde - Robert Musil: Der Mann ohne Eigenschaften

Beitragvon JMaria » Mo 21. Mai 2018, 11:28

Hallo Steffi,

Das Kapitel „Kakanien“ ist auch so ein Kapitel das man mehrmals lesen könnte. Da schwirrte mir auch der Kopf. Obwohl der Niedergang der K & K Monarchie mit unterschwelligen Humor beschrieben wird, auch die Gesellschaft die darin lebt. Tolle Sätze kann man darüber lesen.

Was mich verwirrt, ist, dass der Roman ja im August 1913 beginnt und die Leute dachten man lebe in einem neuen Zeitalter. Ich glaube, in den ersten Kapitel wird das auch angedeutet. Doch in Kakanien wird bereits vom Ende der Regierung und Gesellschaft berichtet. Ich hätte das jetzt nach dem Ende des 1. WK angesetzt. Vielleicht ist es als der Beginn des Niedergangs zu deuten.
Schöne Grüße, Maria
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Re: Leserunde - Robert Musil: Der Mann ohne Eigenschaften

Beitragvon steffi » Mi 23. Mai 2018, 09:19

Das Kapitel Kakanien habe ich mit Vergnügen gelesen.

Ist dir aufgefallen, dass Musil das thematisiert, obwohl er weiter vorne schreibt, man brauche keine Orte. Ich sehe hier Kakanien als ein karikiertes Österreich, als eine Möglichkeit. Ich habe den Eindruck, dass Musil mit dem Leser und dessen Erwartungshaltung spielt und daher auch nicht bestrebt ist, alles ganz wahrheitsgetreu wiederzugeben.
Gruss von Steffi

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Re: Leserunde - Robert Musil: Der Mann ohne Eigenschaften

Beitragvon JMaria » Mi 23. Mai 2018, 10:06

Hallo Steffi,

das ist ein guter Gedanke! So wird es auch sein! Denn ich empfinde auch so eine gewisse Zeitlosigkeit. Manches passt in unsere Zeit so treffend. Besonders auch die Suche des Menschen (Ulrich, Walter und Clarissa) nach Bedeutung. Die Enttäuschung ist Programm. Ulrich nimmt sich eine einjährige Pause!

Zitat
und zum Schluß weiß man nicht mehr, ob wirklich die Welt schlechter geworden sei oder man selbst bloß älter. Dann ist endgültig eine neue Zeit gekommen.


Wer hat das nicht schon selbst erlebt !

Wie findest du Walter und Clarissa?

Ich komme zum 17. Kapitel.
Schöne Grüße, Maria
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Re: Leserunde - Robert Musil: Der Mann ohne Eigenschaften

Beitragvon steffi » So 27. Mai 2018, 12:55

Hallo JMaria,

Ich melde mich nur kurz, wir haben nachher Gäste, daher nur die Info: ich komme zum 19. Kapitel.
Gruss von Steffi

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Re: Leserunde - Robert Musil: Der Mann ohne Eigenschaften

Beitragvon JMaria » Mo 28. Mai 2018, 12:15

Hallo Steffi,

gut zu wissen, denn ich habe beim 18. Kapitel eine Pause eingelegt.
Ich bin nochmals zu den Einganskapiteln zurück, denn mir waren die Unfalltote durch Automobile in den USA nicht schlüssig. Konnte ja eigentlich nicht sein. Wikipedia gibt dazu Auskunft, dass Musil hier wohl die gefallenen Soldaten zwischen August und Dezember 1914 einbaute.

Das zeigt uns Leser, dass Musil hinter dem eigentlichen Text eine Art Parallelgeschichte durchzieht, die, ich vermute mal, die neuen Techniken und Maschinen zum Thema machen und diese Maschinen im Grunde direkt in den 1. Weltkrieg führen.

Die drei Versuche Ulrichs ein bedeutender Mensch zu werden ist natürlich Musil selbst. Sein Werdegang zeigt das!

Mit dem Kapitel 18 Moosbrugger schlägt er wieder ein ganz neues Kapitel auf. Ein Frauenmörder. Sehr morbide!
Schöne Grüße, Maria
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Re: Leserunde - Robert Musil: Der Mann ohne Eigenschaften

Beitragvon steffi » Mo 28. Mai 2018, 16:10

Interessante Infos - gut, dass wie gemeinsam Lesen !

Ich lese auch manchmal wieder ein paar Seiten nach, die Zusammenhänge oder Erklärungen werden mir nicht immef ganz schlüssig. Da meine ich, etwas verstanden zu haben und dann verwirrt es mich doch. Dann wieder lasse ich mich von der Atmosphäte einlullen und kriege nichts mit. Das ist alles schon sehr raffiniert und vielschichtig - ich hoffe, ich gewöhne mich noch dran.

Du fragtest nach Walter und Clarisse. Ich bin mir noch nicht sicher, was ich von ihnen halte. Ihr scheint Walter nicht mehr zu genügen, da dieser das Leben immer problematischer sieht - seine Genialität ist verschwunden. Er wird ja auch als Mann mit Eigenschaften beschrieben. Clarisse kann ich nicht einordnen, mir kommt sie verwirrt vor, mal kindlich, mal scharfsinnig.
Gruss von Steffi

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