Marai, Sándor - Die Glut

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Marai, Sándor - Die Glut

Beitragvon Christine » So 1. Jun 2008, 21:29

Sándor Marai
Die Glut

Originalausgabe: A gyertyák csonkig égnek
Erschienen 2002 bei piper
Aus dem Ungarischen und mit einem Nachwort von Christina Viragh
224 Seiten, 7,00 Euro

Inhalt
41 Jahre und 43 Tage ist es her. So lange haben sich Graf Henrik und sein Freund Konrád nicht gesehen.
Seit dem ersten Tag an der Kadettenschule sind Graf Henrik, der Sohn eines angesehenen und reichen ungarischen Adelsgeschlechts, und Konrád enge Freunde. In der Schule und beim Militär verbringen sie Tag und Nacht miteinander, auch die Ferien verbringt Konrád größtenteils auf dem Gut seines Freundes. Ihre Freundschaft überbrückt die Standesgrenzen, denn Konráds Eltern können sich nur mit großem persönlichem Verzicht die Ausbildung ihres Sohnes leisten, während Henrik sich in alten Traditionen seiner Familie bewegt.
Auch nach der Hochzeit von Henrik und Kriztina bleibt die Freundschaft bestehen, mehrfach in der Woche ist Konrád Gast beim jungen Ehepaar, teilt er doch mit Kriztina die Leidenschaft zur Musik, die so gar nicht zu seiner militärischen Karriere passen will. Alles läuft in den gesellschaftlich geordneten Bahnen, bis zu jenem Tag, an dem ein Jagdausflug mit anschließendem Essen stattfindet. Erst 41 Jahre und 43 Tage später sehen sich Hendrik und Konrád wieder, um über die Ereignisse dieses Tages zu sprechen.


Meine Meinung
Wir begegnen zwei alten Männern in der Endphase ihres Lebens. Einen einzigen Abend, genauer eine einzige Nacht, haben sie Zeit um über den einen Tag zu sprechen, der so lange zurückliegt. Was ist damals wirklich gesehen beidem Jagdausflug? Oder ist das gar nicht mehr wichtig? Es geht um Leidenschaft, Treue, Wahrheit und Lüge, kurz, um die existentiellen Fragen der Freundschaft und des Lebens.
Nach einigen kurzen einführenden Kapiteln kommt der Autor zu diesem Gespräch in der Nacht. Doch es ist gar kein Gespräch, es ist ein Monolog von Graf Henrik, der sogar unwirsch über die wenigen Fragen und Bemerkungen von Konrád hinweg geht. Er spricht all das endlich aus, was er mehr als 41 Jahre nur in Gedanken formuliert hat und zieht den Leser ganz tief hinein in eine Geschichte über Freundschaft und Liebe, Wahrheit und Lüge. Wie in einem Strudel werden die Ereignisse umgewälzt, der Leser wird in die Geschichte hinein gesogen.
Selten habe ich in einem Roman einen so gelungenen Aufbau der Geschichte erlebt. Störend ist allenfalls das antiquierte Frauenbild in der Geschichte, doch man muss zu Gute halten, dass dieser Roman bereits 1942 entstanden ist.

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Christine
Es wäre gut Bücher kaufen, wenn man die Zeit, sie zu lesen, mitkaufen könnte, aber man verwechselt meistens den Ankauf der Bücher mit dem Aneignen ihres Inhalts. (Arthur Schopenhauer)
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Christine
 
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