Dorner, Maximilian: Der erste Sommer

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Dorner, Maximilian: Der erste Sommer

Beitragvon Binchen » Mo 31. Mär 2008, 17:13

Dorner, Maximillian
Der erste Sommer


Inhalt:

In Deutschland beginnt das Leben nach dem 2. Weltkrieg. Martin, ist auf dem Weg nach München, um nach Resten seines Vorkriegslebens zu suchen. Doch bis dahin hält das Leben einige Überraschungen bereit. Beinahe erschossen, mit neuer Kleidung versehen, auf dem Schwarzmarkt, im Schwimmbad oder bei den Amerikanern begegnen ihm die unterschiedlichsten Menschen mit diversen Motiven. Auch Martin hat mehrere Gesichter oder auch Geschichten, welche ist wahr?

Als nach dem Vater auch die Mutter nicht mehr da ist, wird das Leben für Ewald und Katharina noch schwieriger. Sie suchen sich ein eigenes Zuhause und für Katharina ist es nicht immer leicht ihren kleinen Bruder richtig zu erziehen. Ihre und seine Vorstellungen weichen doch erheblich voneinander ab.

Tosca stürzt bei einer besonderen Vorstellung in den Tod. Ewald und Katharina finden später beim Spielen die Leiche.

Haben diese Schicksale mehr miteinander zu tun, als dass sie im ersten Sommer nach dem Krieg stattfinden?

Meine Meinung:

Die Stimmung nach dem Ende des zweiten Weltkriegs einzufangen, ist eine nicht alltägliche Romanidee. Die Mütter und Väter meiner Generation erzählen oft, wenn überhaupt, nur von den spektakulären Ereignissen, eine Vorstellung davon, wie das Leben damals wieder begann in normalen Bahnen zu laufen, habe ich dadurch nicht aufbauen können. Keiner erzählte mir über den Alltag in der Zeit, daher war ich neugierig auf dieses Buch, das hier eine Lücke schließen sollte.

Einiges hat es mir sehr eindringlich klargemacht, zum Beispiel habe ich viel über Misstrauen gelernt zum anderen konnte ich mir ein kleines Bild vom Lebensgefühl und besonders von einer Kindheit nach dem Krieg machen. Diese Aspekte haben mich fasziniert.

Langsam schleicht sich in viele Bekanntschaften das Thema ein, wer man denn im Krieg war – war man einer von den Guten oder Bösen - ein Mitläufer ein Akteur, gar ein Widerstandskämpfer oder ein Mörder? Welche Einstellungen steckten dahinter? Kann man mit einem Verräter leben? Kann man mit ‚Soeinem’ ein neues Leben aufbauen? Kann man dessen Taten vergessen, verzeihen, verdrängen? Wie bestimmen die zerstörten Beziehungen und Lebensträume das neue Leben, das sich nun anbahnt? Martin und seine Facetten waren dahingehend sehr aufschlussreich.

Ewald, der kleine Bruder, war ein liebenswürdiges Beispiel dafür in welcher Gedankenwelt sich die Kinder der Zeit einspinnen konnten, welche Phantasien und Spiele in der unheilen Welt für sie übrig blieben. Seine große Schwester, die die Vorkriegszeit noch bewusster miterlebte, hatte es da schon schwerer ihr Leben neu zu sehen und zu beginnen.

Der Zweig, der sich um Tosca dreht, war für mich leider nicht durchschaubar. Mysteriös, dubios, spannend? Für mich war es ein wenig überdreht, einige Verwicklungen waren unnötig, selbst, wenn darin auch ein zentrales Thema des Hitlerregimes verarbeitet wurde. (Wenn ich sagen würde welches, verriete ich zuviel) und damit eine Abrundung der Geschichte erreicht wurde.

Die sprachliche Ausgestaltung der Geschichte hat mir sehr gefallen. Der Autor kann formulieren und hat merkbar auch Freude daran.

Max Dorner führt uns mit seinem Roman durch einen interessanten Abschnitt der Zeitgeschichte. Wer die Nachkriegsstimmung erfassen möchte, wird einen Teil davon in diesem Roman (wieder)finden. (Binchen, Mai 2007)

Bewertung: **/***

( * schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Infos: DTV-Premiumausgabe, ca. 275 Seiten, Erstausgabe Mai 2007
Winke Binchen
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Kein Lesen ist der Mühe wert, wenn es nicht unterhält.” William Somerset Maugham (1874-1965)
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