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Nwaubani, Adaobi: Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash..

BeitragVerfasst: Sa 1. Okt 2011, 18:49
von steffi
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Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy von Adaobi Tricia Nwaubani

Dtv-Taschenbuch
Kategorie: zeitgenössisch, Afrika
494 Seiten
ISBN: 978-3-423-24861-7

Wertung: 8 (von 10 Punkten)

Inhalt:

Kingsley ist der erstgeborene Sohn einer westlich orientierten rechtschaffenen und bildungsorientieren Mittelschichtfamilie in Nigeria. Er erhält eine erstklassige Ausbildung, doch ohne Beziehungen ist es für den Chemie-Ingenieur in Nigeria unmöglich eine Anstellung zu finden. Als sein Vater krank wird, die weitere Ausbildung der Geschwister nicht mehr gesichert ist und auch noch seine große Liebe sich nach einem reicheren Mann umsieht wendet er sich an seinen Onkel Cash Daddy. Dieser verdient Millionen, indem er mit Spam-Mails hauptsächlich Europäer und Amerikaner mit satten Gewinnversprechen ködert. Es stellt sich heraus, dass Kingsley ein Händchen dafür hat, diesen gierigen Menschen das Geld aus der Tasche zu ziehen, zumal sie doch damit anfingen Nigeria und Afrika auszubeuten. Plötzlich schwimmt Kingsley im Geld, aber ein leises Unbehagen lässt sich nicht verdrängen. Aber es gibt genug Gründe, sein Tun zu rechtfertigen.

Meinung:

Nigeria zwischen alter Tradition und Moderne – Nwaubani hat einen tollen, flüssig zu lesenden, sehr unterhaltsamen und trotz des nachdenklichen Themas zuweilen heiteren Roman geschrieben. Neben den sehr authentisch wirkenden Schilderungen der Nigeria-Scammer wird deutlich, dass Bildung in der heutigen Zeit nicht das alleinige Mittel ist, um Aufstieg und Wohlstand zu garantieren. Ein Umstand, der auch in Europa und Amerika immer mehr Menschen Angst macht. Aber in einer Gesellschaft, in der nur das Geld zählt, scheint es schwierig einen Ausweg zu finden. In Nigeria sind die Auswirkungen durch die überall herrschende Korruption und die wirkliche Armut nur deutlicher zu sehen als hierzulande. Wie weit kann und muss man sich diesen gesellschaftlichen Zwängen beugen, das ist nicht nur die Frage, die sich Kingsley stellt und sicherlich in Nigeria mangels Alternativen schwieriger zu beantworten als in Europa.

Neben den ernsten Themen gibt es aber viele heitere Szenen, die Nigeria richtig lebendig erscheinen lassen. Vor allem in der ersten Hälfte des Buches, in dem die Scam-Szene noch nicht auftaucht. Hier hätte ich mir allerdings mehr Ausführlichkeit gewünscht, denn der Inhalt hätte noch viel mehr interessante Szenen und Schilderungen hergegeben. Daher gibt es auch nicht die volle Punktzahl.

Gegen Ende fragte ich mich, wie Nwaubani wohl das Buch enden lassen würde und auch das ist durchdacht und schlüssig. Auch schön, dass es dabei noch ein paar Überraschungen gibt.

Etwas ärgert mich die Austattung des Buches, konzipiert als sog. Premium-Taschenbuch und daher gleich mit Preisaufschlag. Die dicken Seiten und die große Schrift machen ein knapp 500 Seiten-Buch aus dem Roman, der wohl in normalem Format an die 350 Seiten hätte.


(Steffi)