Winter, Leon de: Leo Kaplan (Hörspiel)

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Winter, Leon de: Leo Kaplan (Hörspiel)

Beitragvon Petra » Mo 29. Nov 2010, 15:32

Winter, Leon de
Leo Kaplan

Bild

Kategorie: Hörspiel
Genre: Erzählung
SprecherInnen: Axel Milberg, Peter Fricke, Hannelore Elsner, Maria Schrader, Stephanie Eidt, Rosemarie Fendel u.a.
Regie: Leonhard Koppelmann
Medium: 3 CDs
Laufzeit: ca. 264 Minuten
Verlag: Der Hörverlag
Preis: 19,95 €
ISBN: 9783867175937
Bewertung: 9 Punkte
(von 10 möglichen Punkten)

Inhalt:

Leo Kaplan, fast vierzig, fast Millionär, ist ein Meister des Ehebruchs. Bis es seiner Ehefrau Hannah zu bunt wird. Kaplan muss erkennen, dass er durch seine Äffären nicht nur seine Ehe, sondern auch seine Kreativität als Schriftsteller verspielt hat. Erst als er überraschend seine große Jugendliebe wiedertrifft, beginnt er zu verstehen, wie er zu dem wurde, der er heute ist.

Meine Meinung:

Ein Hörspiel zu einem meiner Lieblings-Bücher – wie aufregend! Aber wie es meistens so ist, mit Romanen, die einem unvergessen bleiben, ist es schwierig, Gefallen an Bearbeitungen des Stoffs in Film, Hörbuch, Theater etc. zu finden. Skeptisch, aber sehr gespannt habe ich mich somit auf dieses Hörspiel eingelassen. Meine Eindrücke hierzu möchte ich in mehrere Punkte aufteilen:

Leos Geschichte: Als ich vor Jahren das Buch las, hat mich Leo Geschichte gänzlich gefangen genommen und zu einem großen Fan des Autors gemacht. Die Geschichte von Leo Kaplan hat mich zutiefst bewegt. Dieser verlorene Mensch, unfähig eine Bindung einzugehen oder sie zu erhalten. Diese Leere in seinem Leben, die mich als Leser förmlich schmerzte, so wie ihn selbst – wie sich im Verlauf der Geschichte immer deutlicher zeigte. So intensiv wie im Buch konnte ich das hier nicht erspüren. Leon de Winter hat einfach eine ganz eigene, sehr emotionale Art Geschichten zu erzählen. Dass davon in einer Hörspielbearbeitung etwas verloren geht, war mir eigentlich im Vorfeld schon klar. Somit kam mir Leo im Buch viel näher als im Hörspiel. Das ist ein Punkt, den das Hörspiel nicht gänzlich erfüllen kann. Aber lohnenswert bleibt es trotzdem. Das Hörspiel hat schon im Rahmen seiner Möglichkeiten die Geschichte sehr gut und stimmig erzählt. Dass das Buch für mich unersetzlich bleibt, liegt am Autor, den man einfach nicht beim erzählen seiner Geschichten toppen kann. Dagegen muss eine Bearbeitung einfach abfallen.

Die Geschichte zwischen Leo und Ellen erhält angemessener Weise viel Raum in dem Hörspiel. Aber auch Leos Eltern haben hier ihren Platz erhalten. Somit vereint die Hörspiel-Umsetzung alles, was Leo traumatisiert, und derart bindungs- und lebensunfähig gemacht hat. Das ist alles sehr gut eingebracht und stimmig umgesetzt. Lediglich die Nähe zu Leo, die ich beim Lesen derart stark empunfen habe, bleibt hier etwas gedämpft, wenngleich immer noch genug der Leidenschaft und Verzweiflung transportiert wird. Die Tragik und das ganze Ausmaß seines Scheiterns und seiner Entgleisung kam im Buch jedoch intensiver herüber.

Die Nebengeschichten: Nebensächlichkeiten entfallen bei einer Hörspielbearbeitung meistens als erstes. Das wäre hier sehr schade gewesen, denn wer das Buch gelesen hat, weiß, dass Leon de Winter unzählige Nebengeschichten erzählt hat, die mit Leo nichts zu tun haben, sehr wohl aber das Thema Liebe in all ihren Facetten (Leidenschaft, Lust, Verrat, Enttäuschung, Eifersucht, Ehebruch) gekonnt unterstreichen und versinnbildlichen. Dass diese Nebenfäden erhalten geblieben sind, ist ein großes Plus an dem Hörspiel. Denn sie stellen das Herzstück des Romans dar. Das herauszutrennen, hätte für mich die Geschichte oberflächlicher gemacht, ihr das Besondere genommen.

Die Hörspielumsetzung: Für die Hörspielumsetzung hat man sich viel Zeit genommen. 264 Minuten sind schon dafür geeignet, die Geschichte umfassend wiederzugeben. Das hat mich sehr gefreut, denn ein Buch, das von seinen einzelnen Bestandteilen lebt und erst im Gesamten ein Bild ergibt und Hintergründe erklärt, darf man nicht verstümmeln. Das ist hier auch ganz und gar nicht passiert.

Zudem ist das Hörspiel sehr dialoglastig. Das muss bei der Umsetzung dieses Romans auch so sein. Die Dialoge sind sehr sorgfältig bearbeitet und die Sprecher füllen sie mit echtem Leben. Sehr gut gelungen sind auch die ganzen Nebengeschichten, die in Erzähl-Passagen eingebaut sind. Das ist sehr stimmig gemacht. Lediglich die Geräuschkulisse hätte man etwas ausfeilen können. Stört nicht weiter, da die Geschichte von den Dialogen und Erzähl-Passagen lebt. Dennoch, in dem Punkt hätte man sich mehr Mühe geben können. Gerechter Weise muss man aber auch sagen, dass die Story für Geräuscheinflechtungen nicht allzu viele Möglichkeiten gibt.

Die Sprecher: Die Sprecher sind größtenteils gut gewählt. Einzig Leo Kaplan hätte ich mir etwas männlicher gewünscht. Die Stimme von Axel Milberg spiegelt sehr schön Leo Kaplans intellektuelle Seite wider, lässt ihn aber etwas zu weich klingen, für meine Ohren. Ellen hingegen hat mir besonders gut gefallen.

Vergleich Hörspiel vs. Buch: Das Hörspiel kann das Buch nicht ersetzen. Ich kann nur jedem Interessierten ans Herz legen, das Buch zu lesen. Ebenso kann ich aber auch jedem, der den Roman so mochte wie ich, im Anschluss zu dem Hörspiel raten. Es ist ein schönes Wiedersehen und Neuerleben der Geschichte von Leo und Ellen. Ich werde die beiden auf diesem Weg bestimmt mal wieder aufsuchen. Denn für mich bleiben sie ganz besondere Figuren. Ich bin für diese Hörspielumsetzung somit sehr dankbar. Schön, dass sich jemand eines solchen Stoffes angenommen hat, der nur mit seinen leisen Tönen überzeugen kann. Erfreulich, dass der Hörerschaft diese Geschichte auf dem Weg zugänglich gemacht wurde.

Fazit: Das Buch bleibt für mich unersetzlich. Aber Leo und Ellen auf diesem Weg noch einmal wiederzubegegnen, das hat mir sehr gefallen! Ein schönes Hörerlebnis, das mir 9 von 10 Punkten Wert ist. Solche Hörspiele bitte öfter! (Petra)

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Liebe Grüße,
Petra


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