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Dorn, Thea: Die kommende Welt

BeitragVerfasst: Di 1. Apr 2008, 07:34
von Binchen
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Kategorie: Gekürzte Lesung
Genre: Unterhaltung / Krimi
SprecherInnen: Nina Hoss
Regie: Anna Hartwich
Medium: 4 CDs
Laufzeit: ca. 307 Minuten
Verlag: DAV
Preis: 24,90 €
ISBN: 3-89813-630-2
Bewertung: ****
(* schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Inhalt:

Ein Studie von Marc Chagall ist es, die Benjamins Blick im Museum auf sich zieht, als er gelangweilt beim Empfang dasteht. Das ist doch unser Bild, weiß er und nimmt es kurzerhand von der Wand mit nach Hause.

Mit diesem Kunstraub beginnt der Familienrückblick der Ziskinds bis ins Russland der 1920ger Jahre. Marc Chagall unterrichtete dort in einer Waisenkolonie und tauschte die Studie gegen eine Schülerzeichnung des Vorfahren. Geschichten eines weiteren Lehrers verschwanden im Rücken des Bildes und die verschiedenen Ahnen tauchen in Kriegen und im Alltagsleben bis heute auf.

Immer wieder werden jiddische Geschichten erzählt, die zum Kulturgut des Volkes gehören. Ideen vom Leben vor der Geburt, von Schicksalsschlägen, vom Sterben, von Kummer und Leidenschaft.

Doch der Kunsträuber wird entdeckt, seine Schwester und sein Schwager könnten bei der Vertuschung hilfreich sein und Benjamin? Der kann sich vielleicht endlich verlieben?

Meine Meinung:

Was für eine warmherzige Geschichte mit vielen jiddischen Geschichten! Verschachtelungen von Geschichten, das Russland der Progrome, der Vietnamkrieg, Tschernobil und ein NewYorker Museum von heute – all das findet sich in einer aktuellen Krimihandlung gut platziert wieder. Leicht melancholisch aber grundsätzlich eher positiv gestimmt, finden hier die verschiedensten Elemente zueinander.

Die Geschichte Marc Chagalls und diverser Bilder, die sich hier einbetten und die Illustrationen von Benjamins Mutter haben mich neben der Geschichte vom Leben vor der Geburt besonders fasziniert. Daherum noch den Kunstraub, aktuelle und historische Politik und Gefühlsleben gekonnt arrangiert, ist für mich das Gesamtarrangement faszinierend gelungen, auch wenn das Ende etwas abrupt erscheint.

Hoffnung vorhanden, aber nicht grundsätzlich positiv lässt es auch für das Gemüt, das Heiteres bevorzugt zufrieden zurück.

Den Zauber und die Wärme, die sich in den Geschichten verstecken, bringt Nina Hoss ans Tageslicht. Ihre Interpretation ist intensiv und gefühlvoll ohne gefühlsduselig zu werden. Sie passt zu der manchmal leicht ironischen Tonlage. Manchmal hatte ich das Gefühl, die Farben von Marc Chagall wirklich zu sehen.

Das ausführliche Booklet zum Roman ist eine wunderbare Ergänzung zu all den gehörten Geschichten. Hier hat man die Chance, von Erläuterungen und Abbildungen, die sich für so ein Booklet bietet, sehr gut genutzt.

Die kommende Welt ist eine Geschichtencollage auf jiddischer Basis, in einem schönen aktuellen Rahmen, der ich freudig lauschte. (Binchen, Mai 2007).