Schenkel, Andrea M.: Kalteis

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Schenkel, Andrea M.: Kalteis

Beitragvon steffi » Do 4. Dez 2008, 11:58

Bild

Kalteis
Andrea M. Schenkel



Kategorie: ungekürzte Lesung
Genre: Krimi
SprecherInnen: Monica Bleibtreu
Medium: 4 CDs
Laufzeit: ca. 317 Minuten
Verlag: Hörbuch Hamburg
ISBN: 3899034384
Bewertung: * für den Inhalt , *** für die Sprecherleistung
(* schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Inhalt:

Josef Kalteis soll im München und Umgebung der Dreißigerjahre fünf junge Frauen bestialisch ermordet haben. Täter und Opfer erzählen nun ihre Geschichte.


Meinung:

In einer Art einseitigen Interviewstils, wie bereits auch im Vorgänger von Andrea Schenkel, Tannöd, wird die Geschichte des Täters und der Opfer, sowie deren Bekannten erzählt. Das hört sich an wie nachgelesen aus Polizeiprotokollen und Zeugenaussagen. Schenkel versucht, den Gegensatz zwischen den naiven Heile-Welt-Gedanken der Opfer und den abstoßenden Handlungen des Triebtäters aufzuzeigen.

Diese Ambivalenz funktioniert leider nicht, denn zu schnell durchschaut man ihr Vorhaben, zu sehr ähnelt dieser Aufbau ihrem Vorgänger und zu wenig greifbar sind die Figuren. Durch diesen Stil gelingt es leider nicht, ein fassbares und anschauliches Bild der Dreißigerjahre und dem spannenden historischen Hintergrund zu zeichnen, da immer nur die persönlichen Gedanken der jeweils Sprechenden reflektiert werden. Deren Geschichte ist geprägt von Gelegenheitsprostitution und Sehnsucht nach bürgerlichen Werten, was für mich sehr plakativ dargestellt wird und so oder so ähnlich allen Opfern gemeinsam ist. Etwas irritierend ist auch der verwendete, etwas eigentümliche Sprachstil, da nicht ein authentischer Stil verwendet wird sondern eben diese fiktive Protokollsprache. Diese klingt nach einem etwas unbeholfenen, bayrischen Polizeibeamten, der diese Protokolle getippt hat.

Da Josef Kalteis bereits zu Anfang im Gefängnis ist und jegliche Handlungen bereits im vornherein klar sind, kann sich die Spannung nicht aus dem altbekannten Whodunit ableiten. So steuert der Höhepunkt unwillkürlich auf einen der Morde zu, eine Mischung aus pornografischer Perversion und Gewalt. Dies zu hören, hatte für mich nicht die wohl beabsichtigte gruselige Faszination sondern es war schlicht unerträglich Widerlich.

Auch wenn die Geschichte auf einem wahren Fall beruht, versöhnt mich das keinesfalls mit dem Ergebnis. Ich hätte mir einen einfühlsamen Umgang mit dem Täter und authentische Personen ohne langweilige Stereotypen und ein wirkliches Sittengemälde der damaligen Zeit gewünscht. Dass Schenkel dann auch noch aus dem Mörder einen Josef Kalteis macht, dessen Herz wohl so kalt wie Eis sein soll, ist für mich ein schlechter Witz.

Einzig die gute Sprecherleistung von Monica Bleibtreu, die gekonnt die einzelnen Personen in Szene setzt, verhilft der Bewertung noch auf durchnittliche zwei Sterne. Ein wenig mehr bayrischer Lokalkolorit hätte jedoch den Personen gutgetan.


(Steffi im Dezember 2008)
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