von Binchen » Mo 9. Jun 2008, 07:27
So, knapp die Hälfte ist geschafft.
Oftmals kommen mir die Ausführungen zu langatmig daher. Warum müssen die sprachwissenschaftlichen Ausführungen so lang sein? Ich verstehe es (noch? *hoff*) nicht.
Mittlerweile bin ich über Stallingrand in Berlin gelandet.
Littell widmet eine lange Passage dem Thema Bergjuden. Vielleicht ist es ein gutes Beispiel dafür, wie unsinnig die Fragen waren, die unser SS-Mann Dr. Aue zu untersuchen hatte.
Waren es denn überhaupt Juden? Je nachdem, was man hören wollte schon. Der Einsatz merkwürdiger 'Spezialisten' zwielichtiger 'Wissenschaftlicher' Quellen und einer 'Konferenz', die dann nicht zum gewünschten Ergebnis für Dr. Aues Chef führte, sprechen da dann doch eine deutliche Sprache. Die zweifelhafte Beweisführung aufgrund der Rassentheorie, der Zusammenschnitt irgendwelcher Lexika-Ausschnitte, einfache Behauptungen ... - und selbst Dr. Aue ist entsetzt als er von Voss, seinem sprachwissenschaftlichen Freund auf die unwissenschaftliche Basis angesprochen wird. Voss sei wohl doch noch nicht bereit die nationalsozialistischen Ideen anzerkennen, ... - Doch im Hinterkopf ist Aue dann doch so weit, dass er versucht, die Farce als solche zu enthüllen.
Doch nützlich ist es nicht für ihn, er wird in 1943 in den Kessel, nach Stalingrad versetzt. Auf dem Weg dorthin trifft er Hohenegg, dessen Einstellung mir wieder einmal den Atem nahm, betrachtet er doch den Kessel als Riesenlabor für sein Forschungsgebiet: Auswirkungen der Unterernährung. Schließlich habe er ja hier genügend Leichen zum aufschlitzen.
Dr. Aue hat keinen konkreten Auftrag - er soll Berichte verfassen - Wozu? - Keiner sagt es ihm, und so rückt er aus und sammelt, was ihm gerade einfällt, begibt sich in Gefahr und als er verzweifelt, kopiert er einfach Dinge zusammen.
Seine Traumpassagen sind ziemlich widerlich, und mir auch zu lang, aber ich kann mir vorstellen, dass das Elend so auf einen Geist wirkt. Nicht alle Träume kann ich deuten und verstehen, aber das ist bei aktuellen Träumen auch der Fall.
An einigen Stellen fällt mir die Übersetzung auf. Da kommen Begriffe, wie Unterzeug für Unterwäsche oder Bangigkeit vor, die mich an die Ausdrücke meiner Tante erinnern, die ich in meiner Kindheit gehört habe. Sie ist Jahrgang 1923. Das machte ein Stückchen 'Zeitgeschichte' für mich aus.
Nun bin ich mit Dr. Aue nachdem er aus dem Kessel entkommen ist, in Berlin und bin gespannt, was er dort noch so alles erlebt. Ich habe mir noch nicht die Mühe gemacht, herauszufinden ob Thomas, sein 'Aufpasser und Ratgeber aus dem Hintergrund' eine authentische Person ist. Aber das werde ich sicher noch irgendwann tun. Der ist so typisch geschildert, weiß immer, was politisch gefragt ist, und lässt sich immer dahin versetzen, wo es für den Werdegang 'sinnvoll' ist. Ob der wohl überlebt? Eigentlich müsste der, er ist so ein typischer Wendiger Bursche.
Winke Binchen
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Kein Lesen ist der Mühe wert, wenn es nicht unterhält.” William Somerset Maugham (1874-1965)