von Barbara » Sa 14. Jan 2012, 12:25
Fazit der ersten 400 Seiten:
Gelesen sind: 1. Teil mit 3 Büchern
Begonnen sind 2. Teil und 4. (gelesen) und 5. Buch
Mittlerweile habe ich knapp 400 Seiten gelesen und die Geschichte erhält immer klarer Strukturen und Züge, sodass Zusammenhänge hinsichtlich Personen, Religion, Charakteren und die Stellung des Autors selbst deutlicher werden.
Aber so kennen wir das ja bei sehr umfangreichen Büchern. Alles muss sich erst entwickeln, alles scheint erst einmal verwirrend und dann lösen sich nach und nach die Knoten.
Mir gefällt das Buch sehr, denn es liest sich wirklich sehr flüssig und angenehm. Es ist alles nicht immer, aber doch zu "90%" wunderbar nachzuempfinden.
Allerdings gebe ich zu, dass mich seine religiösen Ausschweifungen ein wenig sehr ermüdet haben. Im 6. Buch (Teil 2) habe ich eine weitere sehr detaillierte Abhandlung über den Starez Sossima und seine Besucher vor mir. Ich bin gespannt, wie sie auf mich wirken wird.
Ansonsten gefallen mir seine vielen Gedanken bezüglich seiner Personen, dessen Charakteren und inneren Befindlichkeiten. Er zeichnet alle Figuren so lebensnah, als würde man sie life erleben. Es liegt sicherlich zum einen daran, das er ein wunderbarer Erzähler ist, aber auch sicherlich daran, dass er sich mit den Menschen sehr eingängig beschäftigt haben muss. Er geht den menschlichen Seelen so auf den Grund, dass es erschreckend ist, wie groß seine Empathie gewesen sein muss. Erschreckend deshalb, weil ich mich frage, wie er mit dieser Fähigkeit der tiefen Seelenschau, gelebt hat und umgegangen ist. Von Tolstoi wissen wir, dass es ihn in gewisser Weise zerstört hat und zu einem sehr zerrissenen Menschen hat werden lassen.
Von Dostojewskji habe ich noch keine Biografie gelesen und kann daher noch nichts dazu sagen. Dies werde ich aber sicherlich nachholen.
@ Maria: Du kennst doch sicherlich eine gute Biografie, die Du mir empfehlen könntest???
Bei der Wahl meines ersten Dostojewskji Buches habe ich mir, ehrlich gesagt, keinerlei Gedanken um die Reihenfolge der Bücher gemacht, wie ich sie lesen möchte. Ob das ein „Fehler“ war, wird sich noch zeigen.
Zumindest habe ich mir das Beschreiten des Entwicklungsweges des Autors bis zu diesem Buch so erschwert. Ich werde nun den Weg rückwärts gehen müssen, bzw. seine Entwicklung vom „Ende“ her betrachten müssen, denn „Die Brüder Karamasow“ ist der letzte Roman des Autors und übertriff wohl alle vorangegangenen in der Breite und der Komplexität seiner Anlage.
Das kann ich blind unterschreiben. Das Buch ist wirklich sehr komplex und breit angelegt.
Er vereint hier unheimlich viel Bereiche: Sinnfragen nach Religion, Menschheit, Dasein und Charakteren ebenso wie gesellschaftliche und politische Bereiche. Was für Dostojewskji ebenso eine zentrale Frage ist, ist die des Russen und seines Daseins und seiner Bestimmung an sich. Und in jeden Bereich taucht er tief ein, das kann ich bereits nach diesen erst 400 Seiten versichern.
Zurzeit habe ich den Eindruck, dass die jeweiligen Brüder das Eintauchen in diese Bereiche übernehmen. Jeder Bruder steht für etwas!
Ich habe bereits eine persönliche Meinung zu den jeweiligen Brüdern, den Vater auch und dessen Rollen, die sie übernommen haben. Diese ist noch nicht ganz gefestigt, sondern hat sich erst im Laufe des Lesens der letzten 50 Seiten gebildet.
Sobald ich weiß, wie ich meine Gedanken hier in verständliche und nachvollziehbare Worte packen kann, werde ich es posten.
Bis dahin werde ich mir einige Notizen machen müssen, um diese Gedanken nicht zu verlieren.
Soweit mein erster kleiner Bericht.
Ich hoffe, ich habe jetzt nichts vergessen, da es bei mir bei solchen Büchern immer kunterbunt im Kopf zugeht und beginne viele parallele Gedanken zu entwickeln. Ebenso beginnt meine Deutungsphantasie sich einzuschalten. Das ist dann immer ganz gefährlich.
Ach, ich liebe solche Bücher, die so vielschichtig sind und einen in ihrer Deutungsbreite so richtig herausfordern können.
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Barbara am So 15. Jan 2012, 13:06, insgesamt 3-mal geändert.
Liebe Grüße
Barbara