Der große Gatsby
Zärtlich ist die Nacht
Petra hat geschrieben: Vielleicht weil das Leben eigentlich so ereignislos und oberflächlich ist, gieren die Menschen nach Aufregung, Sensation. Das empfinde ich in "Der große Gatsby" ähnlich, auch wenn es da leise angedeutet ist. Aber es schwingt durchaus mit, und macht die Atmosphäre so glaubhaft.
resultierend vielleicht auch daraus, dass diese Generation den 1. Weltkrieg hinter sich gelassen hatten. Viele amerikanische Künstler sind ja damals nach Europa gegangen, weil es dort auch billiger lebte. Das spiegelt auch in "Zärtlich ist die Nacht" mit, als die Hotel-Gesellschaft Schützengräben in der Nähe Amiens besichtigt. Interessant dazu der Ausspruch einer der Protagonisten über den WK I:
....Kein Europäer wird das in dieser Generation noch einmal tun..... Diese Geschichte hier an der Westfront, die können sie nicht mehr machen, jedenfalls für sehr lange Zeit nicht....
der nächste Krieg war näher als der Autor ahnte.
aber diese Gradwanderung zwischen Lust und Leid prägt den Roman.
Der große Gatsby spielt ausschließlich in New York?
Petra hat geschrieben: Interessant dass es Dir auch so geht. Ich habe weiter in mich hineingehorcht, und komme dem vielleicht auf die Spur. Manche Sätze scheinen in ihrer Formulierung nicht ganz stimmig. Die Bilder bleiben dadurch manchmal nebulös. Einerseits wird Fitzgeralds Stil dadurch besonders, andererseits aber auch merkwürdig.
manches erscheint auch in "Zärtlich ist die Nacht" zusammenhanglos und dann kommen wieder Sätze, die ganz wunderbar sind, so wie dieser hier:
"Rosemary vergoss erneut Tränen, als sie von dem Missgeschick hörte, es war allgemein ein wässriger Tag gewesen, aber sie hatte doch das Gefühl, etwas gelernt zu haben, auch wenn sie nicht genau wusste, was. Später, in der Erinnerung, erschienen alle Stunden des Tages ihr glücklich - es war einer dieser ereignislosen Tage, die im Hier und Jetzt nur als Bindeglied zwischen künftigen und vergangenen Freuden schienen, aber im Nachhinein das Glück selbst sind."
und wieder sind Leid und Glück ganz nah beiander, nur die Sichtweise hat sich vergrößert. Nach einer Rückschau über das Leben kann eine schmerzliche Erfahrung zu einer beglückenden werden. Das finde ich sehr sensible vom Autor eingebracht.
Gewöhnungsbedürftig finde ich die Ausstreuung von Attribute, da gibt es einen wässrigen Tag, traurige Bahnhöfe, falsche Dämmerung, geheime Geräusche ... und immer noch sind die Episodensprünge für mich verwirrend, mal hier mal dort, ohne Vorwarnung.
Ich habe nun Steffis Methode angewendet und ohne groß zu grübeln über 100 Seiten gelesen, das ist viel besser, auch wenn immer noch ein paar Stileffekte stören, weiß Fitzgerald doch zu fesseln.
Petra hat geschrieben:Ich gebe mal zwei Beispiele:
Mit ausgebreiteten Kotflügeln streuten wir Licht durch halb Astoria - nur halb, denn als wir uns zwischen den Pfeilern der Hochbahn hindurchschlängelten, hörte ich das charakteristische "Pfut-pfut-paff" eines Motorrads, und ein aufgebrachter Polizist holte uns ein. (Seite 88)
Das Sinnbild mit den ausgebreiteten Kotflügeln scheint mir nicht ganz stimmig. Es wird nicht so ganz klar, wie er das meint. Es ist ein wenig merkwürdig ausgedrückt.
auch so ein seltsames Attribut. Dafür scheint er eine Vorliebe zu haben. Wäre interessant zu wissen, wie er im Original schreibt. Vielleicht sogar ein Autor, dessen Romane im Original schöner daher kommen. Aber wir sind ja froh, wenn es gute Übersetzungen gibt.
Sag mal, wie sieht es im "Großen Gatsby" mit der Sinnlichkeit aus. In meiner Übersetzung von "Zärtlich ist die Nacht" ist sie sinnlich, aber direkt ('nimm mich').