Leserunde: Bruno Apitz - Nackt unter Wölfen

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Leserunde: Bruno Apitz - Nackt unter Wölfen

Beitragvon Petra » Do 19. Mär 2015, 11:11

Hallo zusammen,

Didonia und ich möchten uns hier über das Buch "Nackt unter Wölfen" von Bruno Apitz austauschen. Ich lese die erweiterte Neuausgabe aus dem Jahr 2012, die auf der Grundlage die Erstausgabe von 1958 beruht. Didonia, Du auch, richtig? Und hast Du die nicht erweiterte jemals gelesen?

Vielleicht wollen wir uns hier erst mal über diese erweiterte Neuausgabe austauschen?

Auf jeden Fall sei hiermit unsere Leserunde eröffnet! Sollte sich noch jemand beteiligen wollen, so ist jeder herzlich dazu eingeladen. Ich bin eine Lese-Schnecke, und Didonia ist so lieb, darauf Rücksicht zu nehmen. Es ist also genug Zeit, falls noch jemand einsteigen möchte. So schnell bin ich nicht. ;-)
Liebe Grüße,
Petra


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Re: Leserunde: Bruno Apitz - Nackt unter Wölfen

Beitragvon Didonia » Do 19. Mär 2015, 14:40

Moin miteinander,
moin liebe Petra,

ich habe Deinen Beitrag bei den Leseerlebnissen gelesen. Da bist Du ja schon voll drin im Geschehen.

Heute Abend werde ich mich dranmachen und uns die Kapitel einteilen. Das wird nicht ganz einfach, da sie nicht mit Überschrift oder Zahlen getrennt sind. Aber das Buch ist noch frisch in meinem Kopf, da wird mir hoffentlich eine logische Einteilung gelingen.

Ein Austausch über die Neuauflage wird wohl nicht funktionieren, da ich ja die DDR-Ausgabe nicht gelesen habe. Ich weiß halt nur, dass das Buch, das ich mal gefunden hatte, wesentlich dünner war.
Und dass die DDR-Regierung die Passagen, die gezeigt haben, wie schwer den Kommunisten die Entscheidungen fielen, die sie gemacht haben, in was für einem Zwiespalt sie sich oftmals befanden, zensiert wurden. Dazu ist auch nach der eigentlichen Geschichte im Buch einiges zu lesen.

Vielleicht kann man noch im Hinterkopf behalten: Apitz war kein Schriftsteller in dem Sinne. Er hat keine Geschichten erzählt. Und er hat dieses Buch per Hand geschrieben. Wie mag er sich dabei gefühlt haben, seine schlimmen Erinnerungen so niederzuschreiben? Die dann nicht entsprechend gewürdigt, sondern instrumentalisiert wurden.

Was den Film betrifft: Ich habe gestern noch mit meiner Freundin gesprochen. Wir werden ihn uns gemeinsam anschauen. Sie interessiert sich auch brennend für dieses Thema.

So, das wärs das Erste von mir. Ich melde mich heute Abend wieder.
Lesende Grüße, Anne

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Re: Leserunde: Bruno Apitz - Nackt unter Wölfen

Beitragvon Petra » Do 19. Mär 2015, 15:59

Hallo Didonia,
Hallo zusammen,

ah ok, Du hast die DDR-Ausgabe nicht gelesen. Allerdings gibt uns die erweiterte Neuausgabe ja in gewisser Weise schon die Möglichkeit Rückschüsse auf die DDR-Ausgabe zu ziehen. Denn diese Neuausgabe fußt ja auf dieser 1958 herausgegebenen Ausgabe, und ist ja mit Dokumentationen der mehrfachen Bearbeitung des ursprünglichen Textes belegt. Das macht sie für mich auch noch mal interessanter. Aber noch habe ich nicht so ganz durchblickt, wie ich diese Änderungen, die ja ganz hinten aufgelistet sind, zu lesen habe. Und es ist ja auch nicht jede Stelle, die im Text in Klammern steht, dort aufgeführt.

Aber immerhin kann man dadurch einen Einblick bekommen, wie man es (das schreibst Du so passend) instrumentalisiert hat. Sehr wertvoll, so mein erster Eindruck.

Wie geht es Dir mit den Klammertexten?

Auf den Anhang und das Nachwort bin ich auch ausgesprochen gespannt! Das wird noch mal vieles verdeutlichen. Schön, dass Du mir das auch schon in Aussicht stellen kannst. :-)

Was mich auch interessiert, wie die wirkliche Geschichte des Kindes aus Buchenwald war. Dazu gibt es ja hinten auch eine schöne Buchempfehlung: „Wahrheit, Fitkion und Propaganda“ Und wie der Titel verrät, beschäftigt sich das Buch auch noch mal mit dem Thema Propaganda in diesem Zusammenhang. Bestimmt interessant!

Dass Du versuchst die Kapitel (die leider nicht mit Überschriften belegt sind, außer eine, die II in Klammern) in sinnvolle Abschnitte einzuteilen, ist prima. Ich danke Dir!

Prima - dann schaut Ihr (Du und Deine Freundin) auch die Neuverfilmung. Ich nehme sie mir auf, und schaue sie im Anschluss an das Buch. Und dann auch die Doku.

Was in Apitz vorgegangen sein muss, diese schlimmen Erinnerungen alle in diesem Buch zu verarbeiten, frage ich mich auch. Auch frage ich mich, wie das Kind wohl nach dem Überleben gelebt haben mag. Welche Ängste sich da manifestiert haben müssen… schrecklich!

Die Widmung vorne beeindruckt mich auch. Ich zitiere: “Ich grüße mit dem Buch unsere toten Kampfgenossen aller Nationen, die wir auf unserem opferreichen Weg im Lager Buchenwald zurücklassen mussten. Sie zu ehren, gab ich vielen Gestalten des Buches ihre Namen.“

Anmerken möchte ich auch noch, dass ich mir – wie für jedes Buch – ein passendes Lesezeichen ausgewählt habe. Meines für dieses Buch ist in bordeaux gehalten (wie der Einband des Buches) und es steht drauf: “Wer in der Zukunft lesen will, muss in der Vergangenheit blättern.“

Ich freu mich auf das Buch!
Liebe Grüße,
Petra


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Re: Leserunde: Bruno Apitz - Nackt unter Wölfen

Beitragvon Didonia » Do 19. Mär 2015, 16:10

Hallo Petra,

Das Buchenwaldkind: Wahrheit, Fiktion und Propaganda habe ich mir ja gekauft.

Ich wollte es jetzt beim zweiten Lesen mit hinzuziehen. Weiß dann aber nicht, ob Du mich dann mit dem Lesen abhängst.
Ich könnte mir aber vorstellen, dass wir so nebenbei Interessantes erfahren könnten.

Bordeaux? Was hast Du denn für eine Ausgabe? Ich habe diese.
Lesende Grüße, Anne

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Re: Leserunde: Bruno Apitz - Nackt unter Wölfen

Beitragvon Petra » Do 19. Mär 2015, 16:55

Hallo Didonia,

Du hast "Das Buchenwaldkind" schon, prima. Das eignet sich bestimmt zum parallel lesen, zumal ich ja langsam bin. Ich glaube ich hänge Dich trotzdem nicht ab. Ich bin wirklich seeeeehr langsam. :mrgreen:
Und daraus würden sich sicher Interessantes ergeben.
Sollte ich doch schneller sein als, Du, kann ich zwischendurch auch mal ein paar Tage mein ebook dazwischen schieben. Ich suche mir die nächsten Tage wieder eines aus, für abends im Bett. Da lese ich nur noch ebook, und da würde ich auch "Nackt unter Wölfen" nicht lesen, denn ich weiß noch von "Jeder stirbt für sich allein", dass ich das dann mit in meine Träume genommen habe. Da zeigt sich, wie intensiv solch ein Leseerlebnis über das Thema ist!

Ich habe :arrow: gebundene Ausgabe. Solche Bücher habe ich lieber gebunden.
Liebe Grüße,
Petra


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Re: Leserunde: Bruno Apitz - Nackt unter Wölfen

Beitragvon Didonia » Do 19. Mär 2015, 21:52

Dann habe wir zumindest die Ausgabe vom Aufbau Verlag. Ich habe es als Taschenbuch. Irgendwie war ich ganz verwundert, als ich es in meinem Buchladen stehen sehen habe. Ich habe einfach danach gegriffen.

So, dann versuche ich mich jetzt mal an die Einteilung.
Lesende Grüße, Anne

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Re: Leserunde: Bruno Apitz - Nackt unter Wölfen

Beitragvon Didonia » Do 19. Mär 2015, 22:07

So, Petra,

vielleicht können wir uns hierdran ein wenig orientieren.

1. Abschnitt
Seite 7 - Seite 88
Seite 88 - Seite 168
Seite 168 - Seite 268

2. Abschnitt
Seite 269 - Seite 369
Seite 369 - Seite 481

Anhang
Seite 485 - Ende

Wenn es Dir beim Lesen des Buches so geht wie mir, wirst Du vielleicht doch nicht sooo langsam lesen. Manche Passagen entwickeln irgendwie so ein Eigenleben, ich hatte beim ersten Lesen das Gefühl, mitgezogen zu werden. Besonders gegen Ende der Geschichte. Aber darüber schweige ich.
Lesende Grüße, Anne

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Re: Leserunde: Bruno Apitz - Nackt unter Wölfen

Beitragvon Petra » Fr 20. Mär 2015, 11:20

Guten Morgen,

ja, wir haben beide die gleiche Ausgabe, nur Du als TB und ich als HC.

Vielen Dank für die Einteilung. Sehr gut! :-)

Dass das Buch einen Sog entwickelt, glaube ich auch. Das ging mir schon in der ersten Szene so, als Jankowski den Koffer mit dem Kind beim Transport zum KZ Buchenwald hütet und alles tut, um nicht aufzufallen. Da wird man selbst ganz atemlos.

Sowas wirkt sich auch tatsächlich gern auf mein Lesetempo aus, aber warum es dennoch nicht spürbar schneller mit mir gehen wird, sind meine festen Lesezeiten. Mehr als die Hin- und Rückfahrt in der S-Bahn und die Mittagspause bleiben mir am Tag dafür nicht. Abends wenn ich nach Hause komme (bin meist erst gegen 18:30 Uhr zu Hause), sind andere Dinge wichtiger, und an den Wochenenden komme ich auch meistens gar nicht zum lesen. Deshalb ist es das begrenzte Lesezeitfenster, was mir ein schnelleres Vorankommen nicht möglich machen wird.

Auch merke ich, dass das Buch zwar einen großen Lesesog entwickelt, aber es auch etwas gibt, was mich im Lesefluss bremst: Die Klammertexte. Ich möchte da möglichst genau verstehen, wie es in der Fassung der Erstausgabe gestanden hat, und welche Veränderungen an dem Ursprungstext vorgenommen wurden, und welche Wirkung das hat. Da nehme ich mir Zeit, und das bremst mich dann auch wieder. Für diese Kennzeichnungen in der Neuausgabe bin ich sehr dankbar! Der Aufbau Verlag gibt dem Leser damit die Möglichkeit, das Buch in seinen verschiedenen Versionen zu lesen, und Rückschlüsse zu ziehen, in welcher Form und aus welchen möglichen Gründen die Veränderungen vorgenommen wurden. Sehr wertvoll!
Was mich auch Zeit kostet beim lesen, ist das Innehalten um zu verinnerlichen, welche Figur welche Position einnimmt. Das wird sich bestimmt im Verlauf festigen, aber jetzt auf den ersten Seiten bin ich noch sehr damit beschäftigt, die Ränge und Positionen in mich aufzunehmen.

Später schreibe ich noch dann noch über meine ersten Eindrücke zu dem Roman. Ich freue mich auch auf Deine. :-)
Liebe Grüße,
Petra


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Re: Leserunde: Bruno Apitz - Nackt unter Wölfen

Beitragvon Petra » Fr 20. Mär 2015, 12:35

Hallo Didonia,

und nun zum Roman.

Erster Abschnitt, Seit 7 – Seite 88

Ich bin nun bis Seite 50 gekommen, und kann meine ersten Eindrücke mitteilen.

Sehr eindringlich bereits die erste Szene, in der Jankowski zum KZ Buchenwald deportiert wird, und er seinen Koffer so verzweifelt schützt und hütet und vor Entdeckung versucht zu bewahren. Möglichst unauffällig bleiben, selbst die Schmerzen in seinem Handgelenk unterdrückt er, in dem panischen Willen, zu schützen, was in dem Koffer ist.

Dann die Reaktionen der Häftlinge, als sie den Inhalt des Koffers erblicken. Was muss das für ein Anblick gewesen sein, inmitten der Schrecken. Besonders anrührend: Kropinski, ihm merkt man die Freude über das Kind (ein Polenkind) so deutlich an.

Auch Höfels Gedanken zu dem Kind springen mich an: Wie ihm verwundert einfällt, wie fremd ihm die Welt draußen geworden ist, die außerhalb des Lagers existiert, und in der er eine Frau und einen Sohn hat. Ein Kind, das umso unwirklicher wird, als dass im Lager mit Kindern so verfahren wird, dass man sie an den Beinen herumschleudert und mit dem Kopf gegen Wände schlägt. Krass! Und verständlich, dass die Außenwelt für ihn so irreal erscheint, bei den brutalen unmenschlichen Wirklichkeiten dort im Lager!

Und man kann abermals nicht fassen, wie Menschen in der Lage sind, solche Grausamkeiten zu begehen!

Auch „Papa“ Berthold, der den Kranken und Schwachen aus dem Transport die Todesspritze setzt. Und wie Apitz schreibt, dass der Sterbende durch eine Zuckung Berthold die Pfeife aus dem Mund schlägt. Und dass diesem wohl durch den Kopf gegangen sein wird, welch Glück es ist, dass sie nicht kaputt gegangen ist. Da bleibt dem Leser wirklich der Mund offen stehen, bei der hier beschriebenen Gleichgültigkeit dem Menschenleben gegenüber. Aber so muss es bei vielen gewesen sein, denn sonst kann man seine Arbeit nicht mit solchem Leichtmut verrichten, wie Berthold es tut. Und er ist zwar in dem Moment nur eine Figur, für Apitz aber gewiss eine, die der Realität nachgezeichnet ist.

Sehr interessante Einblicke gibt Apitz in das Lagerleben. Es wird vorstellbar, wird zur Realität. Er rückt auch ins Bewusstsein, wie viele verschiedene Nationen dort zusammenkamen. Und dass nicht jeder Häftling die gleichen Gedanken hatten. Und auch erst daran gearbeitet werden musste, sich untereinander zu verständigen und Vertrauen zueinander aufzubauen. Dass z. B. auch deutsche Häftlinge darunter waren, denen man (das ist sehr nachvollziehbar) Misstrauen entgegen brachte. Bruno Apitz bringt mir vieles zu Bewusstsein.

Nun bin ich noch viel damit beschäftigt, die Figuren und ihre Positionen innerlich zu sortieren. Interessant, welche Geflechte es da gab.

Höfel ist eine interessante Figur. Er ist hin- und hergerissen, wie mit dem Kind zu verfahren sei, um die größere Sache (den Widerstand) nicht zu gefährenden. Er ist in einem großen inneren Konflikt.

Ich bin gespannt auf Deine Gedanken, Didonia.
Liebe Grüße,
Petra


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Re: Leserunde: Bruno Apitz - Nackt unter Wölfen

Beitragvon Didonia » Di 24. Mär 2015, 09:51

Moin Petra,

ich habe gestern schon mal das Vorwort vom "Buchenwaldkind" gelesen.

Unter den Menschen, die am 11. April 1945 aus dem Konzentrationslager Buchenwald befreit wurden, waren etwa mehr als 900 Kinder. Unter ihnen der polnische Jude Stefan Jerzy Zweig. Vier Jahre alt war er da. Buchenwald war nicht seine erste Station. Er hat sein bisheriges junges Leben nur in Lagern verbracht.
Bill Niven wollte am Beispiel Buchenwalds und Stefan Jerzy Zweigs untersuchen,

wie die Vergangenheit um einer kollektiven Identität in der Gegenwart willen passend gemacht wurde. Viele Arbeiten der letzten Jahre zum Thema Erinnerung, nicht zuletzt die von Jan Assmann, orientierten sich an Maurice Halbwachs, dem französischen Soziologen, der den Gedanken entwickelte, dass die Art, wie wir uns erinnern, eine Funktion sozialer Strukturen ist, die wiederum als Grundlage des kollektiven Gedächtnisses jedweder Gruppe dienen, seien es Familien, eine religiöse Gemeinschaft oder das berufliche Umfeld, in dem wir arbeiten. Maurice Halbwachs siechte 1945 im Kleinen Lager in Buchenwald dahin. Trotz der großen Bedeutung Halbwachs' für die gegenwärtige Erinnerungsforschung hat bisher noch niemand den Versuch unternommen, seine Gedanken auf die Erinnerung an die Konzentrationslager anzuwenden. Und dennoch - grausamer Zufall der Geschichte - schienen seine Ideen den Erinnerungskult um Buchenwald vorwegzunehmen, der in Ostdeutschland zwischen 1951, als die sowjetischen Behörden das Lager der DDR übergaben, und 1990 herrschte, als die deutsche Wiedervereinigung dem ein Ende setzte, was inzwischen geringschätzig als ,verordneter Antifaschismus' bezeichnet wird.


Petra, Du weißt, dass ich niemand bin, der sagt: Dieses Buch musst Du lesen.
Aber um "Nackt unter Wölfen" richtig einordnen zu können, wäre es gut, auch "Das Buchenwaldkind" zu lesen.

Apitz Schreibstil, manchmal überrascht es mich, wie geradezu zärtlich er über einige Dinge schreibt, lassen beim Lesen oftmals vergessen, dass es hier nur um eine kleine Gruppe von Menschen geht.
Lesende Grüße, Anne

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