Hallo zusammen,
gestern habe ich "Suite française" beendet. Ein so beeindruckendes Buch! Mehr dazu habe ich im Irène Némirovsky-Thread geschrieben, um es dort auch festzuhalten.
Dem Roman ist ein hochinteressanter Anhang hinzugefügt (Notizen zum weiteren geplanten Verlauf der Romanhandlung, soweit sich die Autorin da schon festlegen konnte und wollte), von dem mich besonders die Korrespondenz berührt hat, aus der hervorgeht, wie Michel Epstein (der Mann von Irène Némirovsky) um das Leben seiner Frau kämpft, verzweifelt und erfolglos, als sie deportiert wurde. Er hat alles in die Waagschale geworfen, was man hineinwerfen kann. Die Aussichtslosigkeit zeigt die völlige Erbarmungslosigkeit so brutal. Man weiß es ja, und doch erschüttert es zutiefst. Eine 10-seitige biographische Notiz zum Schluss erhöht das Interesse und die Achtung vor der Person und Schriftstellerin Irène Némirovsky noch. Ich bin sehr dankbar für diesen Anhang.
Erschütternd auch, dass Irène Némirovskys Eltern Ende 1918 vor den Bolschewiken aus Russland fliehen mussten, ihres (beachtlichen!) Vermögens beraubt, und schließlich in Frankreich Zuflucht fanden. Dass Irène Némirovsky dort durch den zweiten Weltkrieg ein weiteres Mal verfolgt und ihr Leben bedroht und ihr alles genommen wurde (ihre Möglichkeit zu arbeiten, ihr Besitz und schließlich ihre Freiheit und ihre Rechte), ist mehr als ein Mensch - so sollte man meinen - ertragen kann. Und doch ist es ihr widerfahren.
Dieses Schicksal hat mich gestern noch so beschäftigt, dass mir klar war, mit welchem Buch ich weiter machen möchte. Mit "Das kalte Blut" von Chris Kraus. Denn die Geschichte der Familie Solm setzt genau dort an: Zur Zeit der Verfolgung durch die Bolschewiken (erst 1905 und dann noch mal in größerem Umfang zur Zeit der Oktoberrevolution). Die beiden in Lettland geborenen Brüder Hubert und Konstantin Solm und deren Lebensgeschichte findet genau in diesen Ereignissen ihren Ursprung.