JMaria hat geschrieben:Petra hat geschrieben:Heute morgen musste ich mich aus “Grouse County“ verabschieden...
Das klingt wirklich sehr gut, dass dir der Roman und die Figuren so ans Herz gewachsen sind, Petra.
Wenn das Buch nicht schon auf meiner Wunschliste wäre, nun ganz sicher
Dass es auf deiner Wunschliste steht, freut mich sehr, Maria! Ein Buch, dass es sehr verdient hat, gelesen zu werden. Dank dem Klett-Cotta-Verlag nun vollständig möglich durch diese Trilogie.
Ich wusste zwar, welches Buch ich als nächstes lesen wollte, war mir nach diesem wunderbaren Leseerlebnis nicht sicher, ob es eine gute Wahl ist. Ich stufe es als schwieriger ein, dran zu bleiben. Einmal weil es auch wieder solch ein dicker Schinken (800 Seiten) ist. Dann wegen des Themas:
Carsten Jensen umspannt rd. 100 Jahre, beginnend 1848, endend 1945. Daraus ergibt sich für mich eine dritte Schwierigkeit: es ist ein historischer Roman, damit tue ich mich meistens schwer. Auch soll
"Wir Ertrunkenen" von einem Wir-Erzähler erzählt sein, das aber nicht konsequent, sondern es wechselt auch mal zu einem neutralen Erzähler, und wohl in einem der Teile in die Ich-Perspektive. So sehr ich mich schon Jahre lang auf dieses Buch freue, und so fest ich vorhatte es diesen Herbst endlich zu lesen, so skeptisch war ich heute morgen, ob es der richtige Zeitpunkt ist, nach diesem wunderbaren Buch, das ich gestern beendet habe.
Die ersten 30 Seiten habe ich gelesen. Anfangs bekam ich gleich einen Vorgeschmack auf die ungewöhnliche Erzählweise. Jensen springt von Figur zu FIgur, erst etwas später kristallisieren sich Hauptfiguren heraus. Doch sie nehmen nicht die Stellung ein, die eine Hauptfigur gewöhnlich hat. Schwer zu bestimmen, man befindet sich lesend in der Masse, und der Blick verweilt auf manchen Charakteren häufiger als auf anderen. Das hat aber auch durchaus was faszinierendes, und vor allem passt es. Denn Carsten Jensen erzählt von den Menschen in seiner Heimat, Dänemark. Genauer befinden wir uns in der Hafenstadt Marstal auf der Insel Ærø. Wir schreiben das Jahr 1848, es kommt zu einer politischen und militärischen Auseinandersetzung, die - soweit ich nachgelesen habe - 3 Jahre andauern wird, und 1864 den Deutsch-Dänischen Krieg nach sich zieht. Die Menschen auf auf Ærø wollen kämpfen, und wissen eigentlich gar nicht so recht wofür. Außer gegen den Deutschen, das wissen sie. Doch wer ist der Deutsche? Die Händler und Wirtsleute in Eckernförde können es doch nicht sein, die die Feinde sind? Schließlich kennen die Seefahrer sie durch den Handel. So sieht doch nicht der Feind aus?
Gedankenlos und euphorisch steuern sie mit ihren Kriegsschiffen die Bucht vor Eckernförde an, und werden ihrerseits vom Feind beschossen. Als erste Körperteile fliegen, und die Männer an Bord auf Blutlachen ausrutschen, und die Schreie der Verwundeten durch den anhaltenden Kanonendonner nicht mehr hören können, wird ihnen die Grausamkeit des Krieges bewusst...
Klingt nach einem schweren Stoff, und das ist auch so. Aber Carsten Jensen schreibt in einer Art, dass man atemlos der Handlung folgt, und die Figuren nicht mehr aus den Augen lassen will. Was ist mit dem tollkühnen Laurids Madsen? Und was geschieht mit Ejnar und Kresten? Kresten lag Ejnar auf dem Schiff, als alle vorfreudig Kurs auf die Eckernförder Bucht nahmen, in den Ohren, dass er wisse, dass er heute sterben werde. Ejnar will davon nichts wissen. Als die Schlacht im Gange ist, und schließlich eskaliert, will man mit dem Blick alle Überlebenden absuchen: wer behält recht? Der optimistische Ejnar? Oder Kresten mit seiner Vorahnung?
Die Seiten sind voll mit Ereignissen und Figuren, und ich fühle mich mittendrin und bin ganz gebannt. Die historischen Fakten kann man parallel sehr gut auf
Wikipedia nachlesen. Carsten Jensen hat sich ziemlich genau daran erhalten. Ein vielversprechender Anfang! Und dabei ist es ja wirklich erst der Anfang! Von 100 Jahren. Ich werde berichten!