Mit Interesse verfolge ich eure Leseberichte.
Auch ich habe zu berichten. Einmal möchte ich noch loswerden, dass mich "Alles ist möglich" genauso begeistert hat (und vielleicht noch einen Tick mehr) als "Die Unvollkommenheit der Liebe". Beide Bücher hängen eng zusammen, auch wenn man sie eigenständig für sich lesen kann. Elizabeth Strout ist einfach großartig! Ihre Geschichten sind leise aber intensiv. Und verbreiten eine sehr intime Atmosphäre. Zwei Lese-Highlights!
Im Anschluss habe ich mich für "Mrs Dalloway" entschieden. Mein erstes Buch von Virginia Woolf.
Ich habe das Buch schon lange im Regal stehen, wusste aber, dass es dafür unbedingt den richtigen Zeitpunkt braucht, damit ich mich auf die besondere Erzählform einlassen, und dem Buch gerecht werden kann. Dieser Zeitpunkt war jetzt da, ausgeruht vom Urlaub. Und der Zeitpunkt ist noch aus einem anderen Grund ideal: Der Tag der Handlung in den 1920er Jahren, an dem Mrs Dalloway ihre Abendgesellschaft gibt, ist im Juni. Auch die Rückblenden in dem Roman führen in einen vergangenen Sommer zurück. Also genau der richtige Monat (wenn auch die letzten Tage etwas zu warm dafür, die Gedanken fließen zäh, und die Erzählform fordert Aufmerksamkeit).
Die Erzählform: Bewusstseinsstrom in Vollendung. Und trotz dass die Wahrnehmungen und Gedanken von einer Person zur nächsten springen und/oder fließend übergehen, entsteht hier ein komplexes Gesamtbild, eine umfassende Romanhandlung mit einem weiten Themenspektur, das die Gesellschaft durchleuchtet, Schein und Sein an kleinen Stellen entlarvt, und (auch zwischen den Zeilen) von unerfüllter (auch Gleichgeschlechtlicher) Liebe erzählt.
Auch wenn (oder gerade weil) ich meist andere Erzählformen vorziehe, ringt mir Virginia Woolf größten Respekt ab.
Kunstvoll ohne künstlich zu wirken, und somit ein wahrhaftiges Kunstwerk, für das man sie bewundern muss.
Ein neues ebook habe ich auch begonnen: "Heilige und andere Tote" von Jess Kidd. Ich habe erst wenige Zeilen gelesen, der Erzählstil verspricht intelligentere Unterhaltung als ich zuvor gelesen hatte. Ich habe sehr lange an "Die Totenflüsterin" von Emily Littllejohn gelesen, und mich damit schwer getan. Die Nebenhandlung (die Figuren) hat mich interessiert, und würde mich auch im Folgeband interessieren. Aber der Kriminalfall hat mich nicht so richtig überzeugt. Und erzählt war es auch durchschnittlich und etwas langgezogen empfand ich es auch. Ich war nun froh etwas Neues beginnen zu können.