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Fröhlich, Susanne
Frisch gepresst:
Leseprobe:
"Und jetzt wollen wir mal schön feste pressen, gell, Frau Schnidt." Das
kleine Arschloch, das sich anmaßt mit mir gemeinsam pressen zu wollen, heißt Dr.
Wiedmann und ist an sich so ziemlich der unsympathischste und unleckerste Kerl, der mir in
den letzten Jahren über den Weg gelaufen ist. Dummerweise befinde ich mich in einer Art
Unterleibsabhängigkeit von eben diesem Oberlehrertyp mit der Ausstrahlung einer alten
Socke. Er riecht leider auch ähnlich. Aber wie soll einer, der jahrzehntelang im Dienste
der Menschheit Medizin studiert hat, bei all dem Streß auch noch Zeit für die
Körperpflege finden. Im Kopf notiere ich - Geschenk für Wiedmann, wenn er dieses Etwas
aus mir rausholt, Deo. Ganz was Feines. Ein richtiges Antitranspirant. Coole, tolle
Frauen, uns allen aus Frauenzeitschriften und Hera-Lind-Romanen bekannt, würden den
kleinen Assistenzarzt mit dem Sockenaroma jetzt durch einen schlagfertigen, treffenden -
aber niemals gemeinen - Satz locker in seine Schranken verweisen. Dummerweise scheint
meine Schlagfertigkeit unter dieser Presserei doch ein bißchen zu leiden. Ich fühle
mich, als müßte ich eine Wassermelone scheißen, und wer dabei noch amüsante
Konversation machen kann - den möchte ich gerne mal kennenlernen; allerdings erst, wenn
das hier erledigt ist. Ich habe mir das Ganze doch ein wenig anders vorgestellt. Was stand
da in meinem Geburtsvorbereitungsbuch: "Wer gelassen an die Sache rangeht, für den
wird die Geburt das schönste Erlebnis überhaupt." Wenn das das schönste Erlebnis
überhaupt ist, möchte ich niemals ein schlimmes haben. Christoph wischt mir mit
irgendeinem kalten Feudel über die Stirn - es sollte wohl die Stirn sein; vor Aufregung
hat er mir das rechte Brillenglas gleich mit eingenäßt. Natürlich trage ich
normalerweise keine Brille - ja, aus Eitelkeit, aber bei der Presserei müssen die
Kontaktlinsen raus. Leuchtet ein, denn natürlich will ich nicht, daß mir im
"schönsten" Moment meines Lebens (haha) die Haftschalen rausfliegen, ich das
mühsam Erpreßte nicht mal sehen kann und noch dazu 300 Mark pro Auge irgendwo in einem
Kreißsaal plattgetreten werden. "Wir haben's gleich, wir haben's gleich": Dr.
Wiedmann gerät in eine Art ekstatischen Zustand, und Christoph, übrigens mein
Lebensgefährte, hat mit seinem Wischläppchen jetzt auch noch das andere Brillenglas
erwischt. Wenn der Mann doch sonst auch so treffsicher wäre. Die einzige Person, die noch
bei Verstand ist in diesem Raum, nennt sich Angie und war schon bei Hunderten von Geburten
dabei. "Kindschen, für mich ist das so wie Spazierengehn, ganz was Normales".
Würde es mich beim Spazierengehen jedesmal so zerreißen, ich schwör's: keinen Meter
würde ich mehr gehen." Nicht in den Kopf pressen, nur nicht in den Kopf",
Wiedmann, der Müffeldoktor, guckt streng, als wäre das echt was Neues, daß Kinder nicht
durch den Kopf rauskommen. Wenn ich den nicht hätte; das hätte ja böse enden können -
so 'ne Kopfgeburt. Was sich
die Typen so einbilden ..."