Zurück zu neuere Bücher Zurück zu Buchbesprechungen Juli 2002
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Dahn, Felix
Ein Kampf um Rom:
Inhaltsangabe / Meine Meinung:
"Och, so ein oller Schinken", wird nun manch einer enttäuscht seufzen. Sicher
ist dieses Buch recht betagt und in einer Sprache verfaßt, wie sie unsere Urgroßväter
noch in ihrem hochdeutschen Munde führten. Dennoch hat solch ein Buch auch seinen
besonderen Reiz. Der liegt schwerpunktmäßig in der Fabulierkunst des Autors.
"Ein Kampf um Rom" ist kein Geschichtswerk. Wer parallel dazu den Plötz
aufschlägt, um den Wahrheitsgehalt zu prüfen, wird enttäuscht sein. Sicher sind
Personen wie Kaiser Justinian und Theodora, Der Feldherr Belisar, Gotenkönig Totila und
noch eine Menge anderer Gestalten geschichtlich belegt. Doch Felix Dahn mischt darunter
recht eifrig die Sagengestalten germanischer Völker. Es ist rührend, wenn als einer der
wackersten Gotenführer Theoderichs Waffenmeister Hildebrand mit grauem Bart und
wuchtig dreinschlagender Streitaxt daherkommt. Auch Markgraf Rüdiger von Bechelaren, den
wir aus dem Nibelungenlied kennen, darf nicht fehlen. Und überhaupt - die meisten Kämpen
sind so trefflich holzgeschnitzt, daß sie sich uns wie aus der Ilias, der Aeneis oder dem
schon erwähnten Nibelungenlied präsentieren. Das hat schon was. Und es ist auf seine
kernige Art unterhaltsam.
Die Handlung folgt in groben Zügen dem Niedergang des Ostgotenreichs in Italien. Nach dem
tode Theoderichs des Großen, so die Romanhandlung, sammelten sich die Gotenführer unter
dem Vorsitz Meister Hildebrands und schworen, das römische Reich alsbald frei von
byzantinischem Einfluß wieder unter einem Gotenkönig erstarken zu lassen. Wacker
geschworen, aber nicht so rasch durchgeführt. Vorerst sind die Goten untereinander
uneins. Einige Hände greifen nach der Königskrone. Hier müssen auch wieder die
Gotenführer zusammenkommen und fast schon mit Gewalt Witichis (Witigis) zum König
machen. Bei den Kämpfen geht es blutig zur Sache. Felix Dahn läßt da nichts aus
an drastischer Schilderung. Aber das sollte man bereits aus den Sagenepen Homers und dem
Nibelungenlied gewöhnt sein. In diesen Werken wird auch nicht zimperlich gefochten.
Einige Städte fallen. Andere leisten heftig Widerstand. Dazu zählen Ravenna und
Rom.
In Rom sitzt eine der schillernsten Gestalten, die das Buch aufzuweisen hat. Der Präfekt
Cethegus. Das ist eine Type: Verschlagen und listig wie Odysseus. Machtgeil. Lügen und
Verrat gehören zu seinem täglichen Handwerk. Und sein Traum ist, Goten und Byzantiner
gegeneinander ausspielend aufzureiben, um sich selbst als wiedererstandener Imperator
Cäsar auf den Thron zu schwingen. Daß und wie es ihm auch beinah gelingt, macht die
Spannung des Romans aus.
Witichis, ein zwar sympatischer aber unglücklicher König, scheitert, obschon er eine
Zweckheirat mit Mataswintha, der Enkelin Theodrichs eingeht. Die Belagerung Roms muß er
aufgeben. Ravenna fällt zwar in seine Hand. Aber Belisar und Cethegus überwältigen ihn
und nehmen ihn gefangen. Er stirbt bei einem Ausbruchsversuch.
Totila, der nun die Königswürde trägt, hat mehr Waffenglück. Jung-Siegfried gleich
überrennt er alle Hindernisse und erobert auch das hartnäckig verteidigte Rom. Wie ihm
das gelingt und welche rolle dabei Cethegus spielt, zählt zu den Höhepunkten des Romans.
Sicher muß Felix Dahn sein Buch mit dem entgültigen Niedergang der Goten auf
italienischem boden schließen lassen. Narsis hat eine bessere Hand bei der Rückeroberung
als Belisar. Das sind Geschichtsfakten, die auch selbst die eifrichste Fabulierlust
nicht hinwegdichten kann.
Der Wälzer verspricht - wenn man sich einmal auf den nicht gerade flott zu lesenden
Sprachfluß eingelassen hat - eine Menge Lesespaß. Das ist etwas für erholsame
Urlaubstage, für einen längeren Krankenhausaufenthalt (was niemandem zu wünschen
wäre), oder auch für Winterabende, wenn die Flimmerkiste mal wieder nur Hirnplattheiten
ausspuckt.
Mit drei munteren Sternchen möchte ich das buch empfehlen. Es ist entweder im modernen
Antiquariat zu haben. Auf der Gutenberg-CD beim projekt Gutenberg liegt es auch als
HTML-Datei vor. (Johannes)
Bewertung: * * *
( * schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)
Infos: 750 Seiten, Taschenbuch-Ausgabe, Dausien Verlag, 8,50 EUR