Inhalt:
Sie war außerordentlich schön,
sie war anmutig und sie hatte Charme - doch diese Eigenschaften
erklären nicht, warum gerade diese Königin zur Ikone, zur
Lichtgestalt Preußens wurde. In Wirklichkeit war Luise eine
sinnliche Frau, verheiratet mit dem kühlen und spröden König
Friedrich Wilhelm III, der sich durch ihre Nähe wie verwandelt fühlte
und ihr doch nichts anderes zu bieten vermochte als eine Idylle
heiter-biedermeierlichen Familienlebens. Luise verarbeitet die
Katastrophe der Niederlage gegen Napoleon und nach strapaziösen
Jahren der flucht und Verbannung stirbt sie dennoch überraschend.
Mit der Zeit wurde Luise zum Mythos der Retterin ihres Landes und
zum Vorbild für die deutsche Frau des neunzehnten Jahrhunderts.
Johannes Thiele versucht anhand zahlreicher Zeitdokumente hinter
das Bild der Ikone zu blicken und zu zeigen, daß gerade die
Widersprüche im Charakter der Königin ihre Faszination
ausmachen.
Meine Meinung:
Johannes Thiele begibt sich, wie
sein Kollege Günter de Bruyn im letzten Jahr, auf die Suche nach
der wahren Luise. Allerdings wird bereits nach einigen Kapiteln
klar, etwas wirklich Neues kann auch er nicht erzählen. Doch
anders als viele seiner Vorgänger erkennt Thiele diese Tatsache.
Und hier wird aus einer weiteren Aufzählung der Lebensdaten der Königin
und der politischen Situation zu ihrer Zeit, die liebenswerte und
unterhaltsame Geschichte einer Frau, die sich meiner Meinung nach
auch in der heutigen zeit wohl gefühlt hätte. Johannes Thiele
versucht den bisweilen trockenen Stoff mit kleinen Anekdoten
aufzuheitern und so das Mädchen und später Luise, die Frau näher
zu bringen. Er zeigt auf, das Luise keinesfalls perfekt war und
wohl selbst nicht gewollt hätte, daß man sie zu einer Ikone
macht. Für mich ist es der erste, der Luise und ihre Wesenszüge
lebendig werden läßt. Er hat es geschafft, mir Luise als
facettenreiche Frau zu zeigen, die Fehler gemacht hat, die
Kompromisse eingegangen ist und die nicht immer glücklich mit
ihrem Leben war. Anders als andere Autoren versucht er nicht
anhand der Beschreibungen von Zeitzeugen die Faszination und ihren
Charme zu beschreiben und zu erklären. Denn solche Darstellungen
sind für mich heute nur schwer nachvollziehbar. Der Ruhm ihrer
Schönheit erschließt sich nach unserem heutigen Schönheitsideal
nicht unweigerlich aus ihren Bildern. Und auch ihre Rolle als Märtyrerin
ihres Landes ist in der Zeit von Kriegen im Nahen Osten und dem
Elend auf der Welt beinahe lächerlich. Nein, Thiele hilft
verstehen, warum sie in ihrer Zeit so außergewöhnlich war und
schafft es sie zu entmystifizieren und sie gerade dadurch
menschlicher erscheinen zu lassen. Luise ist moderner als Günter
de Bruyn sie zeigt.
Wer bisher wenig über die große Königin von Preussen und die
Widersacherin Napoleons wußte, ist auf alle Fälle mit Johannes
Thieles seitenstärkeren Roman besser beraten als mit
beispielsweise dem sachlicheren Büchlein von Günter de Bruyn.
Der Autor hat eine sehr unkomplizierte Art historischen Stoff
mundgerecht zu präsentieren. Besonders dem ungeübten Leser
solcher Themen dürfte der Erzählstil, der eher einem Roman, als
einem Sachbuch gleicht, entgegenkommen und vielleicht Appetit auf
mehr machen.
Ein Roman der interessante Details der deutschen Geschichte
unterhaltsam darstellt. Vielleicht ist Luise danach etwas
entglorifiziert, aber als beeindruckende Frau hat sie garantiert
gewonnen. Ich denke, Luise hätte dieses Buch gefallen!
Fazit: Ein Buch für
Geschichtsinteressierte und solche, die es werden wollten!
(Tara)
Bewertung: ****
( * schlecht / ** ganz gut / *** gut
/ **** spitze)
Infos: Gebundene Ausgabe;
List Verlag; 520 Seiten; 24,80 €
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