1ADIMD5.gif (12828 Byte) Zurück zu neuere Bücher    Zurück zu Buchbesprechungen Oktober / November 2002
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Peper, Rascha

Russisch Blau:

 

Inhaltsangabe: 

Niederlande, Mitte der 1990-er. Lex Grol, 30-jähriger arbeitsloser Geschichtslehrer, erhält von seinem ehemaligen Professor überraschend den Auftrag, an einem Buch über die letzte Zarenfamilie mitzuwirken. Schon seit seiner Schulzeit hatte Lex sich für die Geschichte der letzten Romanows interessiert - vor allem, weil ihn mit dem Zarewitsch Alexej die gleiche Krankengeschichte verbindet: die Bluterkrankheit. Diese Diagnose bedeutete zu Beginn des Jahrhunderts noch einen nahezu sicheren frühen Tod, da schon der kleinste Knuff oder Stoß zu nicht gerinnenden inneren Blutungen führen konnte. Entsprechend behütet und stets von Argusaugen bewacht wuchs der russische Tronfolger auf.

Auch wenn die Bluterkrankheit heute mit Medikamenten behandelt werden kann, bestimmt sie dennoch das Leben von Lex nachhaltig: Er entwickelte sich zum Einzelgänger und lebt in einer Phantansiewelt, in der die Romanows zu einer Art von Ersatzfamilie für ihn geworden sind.

Bei den Recherchen zu dem Buch stößt Lex auf eine Reihe historischer Texte, die erst seit Beginn der Perestroika nach und nach wieder zugänglich gemacht wurden und teilweise neue Erkenntnisse über die Ermordung der Zarenfamilie im Jahr 1918 enthalten. Hier findet Lex schließlich sogar eine mögliche Verbindung zwischen den Romanows und seiner aus Russland stammenden Mutter, die als Kind von einem niederländischen Paar adoptiert wurde.

 

Meine Meinung:

Dieser Roman verknüpft Realität und Phantasie auf eine einmalige Weise miteinander. Die Grenzen sind fließend - welche Details über die Zarenfamilie nun historisch belegt und welche in das Reich der Phantasie zu verweisen sind, ist wahrscheinlich nur von einem "Romanow-Kenner" genau zu unterscheiden. Auch bei den in der Gegenwart agierenden Hauptfiguren des Romans gehen Realität und Wunschdenken Hand in Hand. Das tut dem Ganzen aber keinen Abbruch - im Gegenteil. Gerade das Spiel mit Vergangenheit und Gegenwart, Phantansie und Wirklichkeit macht das Buch zu einem besonderen Lese-Erlebnis.

Zitat: "Hier ist ... ein Treffpunkt für Geister, ein Verschiebebahnhof für Lebende und Tote. Man hört das Rascheln seidener Kleider, das Knarren von Knopfstiefeletten, unterdrücktes Lachen derjenigen, die vor dem Schlafengehen noch Verstecken spielen."

Dieses Buch ist ein Plädoyer für die Phantasie, in der alles möglich wird und in der wir alle das sein können, was wir am liebsten gern wären. Aber gleichzeitig auch eine Mahnung, nicht allzusehr mit der Wirklichkeit zu brechen - die letztlich sogar schöner sein kann, als jede Phantasie ...

Fazit: Dies ist kein historisch fundiertes Buch über die Romanows und wer ein solches erwartet, wird bestimmt enttäuscht werden. Wer aber Lust auf einen "etwas anderen" Roman hat und sich auf die Gedankenspiele der Hauptfigur einläßt, kann hier bestimmt auf seine Kosten kommen. (Monika)

 

Bewertung: * * * *

( * schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

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Infos: TB, Knaur, 313 Seiten, 8,90 €, ISBN 3-426-61123-6